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Dokument-ID: 271591

WEKA (bli) | News | 16.03.2010

Beteiligungserwerb: Grundverkehr versus Kapitalverkehrsfreiheit

Erwirbt eine europäische Gesellschaft einen Gesellschaftsanteil so verstößt ein den Erwerbsakten vorgelagertes grundverkehrsbehördliches Genehmigungsverfahren gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. (Landesgesetze sind einschränkend auszulegen)

Geschäftszahl

OGH 19.03.2010, 6 Ob 27/10d

Norm

§§ 3 Abs 2, 4 Abs 1 lit h TirGVG 1996

Leitsatz

Quintessenz:

Erwirbt eine europäische Gesellschaft einen Gesellschaftsanteil so verstößt ein den Erwerbsakten vorgelagertes grundverkehrsbehördliches Genehmigungsverfahren gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Diesbezügliche Landesgesetze sind einschränkend auszulegen.

OGH: Beim Erwerb eines Geschäftsanteils einer GmbH durch eine europäische Gesellschaft steht ein dem Erwerbsgeschäft vorgelagertes grundverkehrsbehördliches GenehmigungsverfahrenGenehmigungsverfahrengrundverkehrsbehördliches wie zB nach § 4 Abs 1 lit h TirGVG 1996 den Grundsätzen der Kapitalverkehrsfreiheit entgegen.

Es ist ständige Rechtsprechung des EuGH, dass Maßnahmen wie ein vorheriges verwaltungsbehördliches Genehmigungsverfahren oder Sanktionen für Verstöße gegen grundverkehrsrechtliche Bestimmungen beim Grunderwerb einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen. Als geeigneter, weil weniger einschränkend, erachtet der EuGH zB ein Erklärungsverfahren im Zusammenwirken mit nachfolgenden Sanktionen für den Fall materiell rechtswidriger Erklärungen.

Selbst nach nationalen österreichischen Rechtsgrundlagen sind der herrschenden Auffassung (vgl ua Kalss, Gesellschaftsrechtliche Implikationen des Grundverkehrsrechts, wobl 1996, 1 ff, 45 ff) zu Folge Genehmigungspflichten der einzelnen Landesgesetze einschränkend auszulegen. Nur wenn mit dem Beteiligungserwerb tatsächlich ein Nutzungsrecht oder zumindest die Durchsetzbarkeit eines solchen Nutzungsrechts an Liegenschaften direkt verbunden ist, kann eine vorgelagerte behördliche Zustimmungspflicht greifen. Selbst Regelungen, die grundverkehrsbehördliche Genehmigungen nicht bloß auf die mit dem Erwerbsakt vermittelte Nutzungsbefugnis beschränken, sind teleologisch zu reduzieren.

Besteht nach den getroffenen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen gar nicht die Möglichkeit des nicht-österreichischen Erwerbers, über Liegenschaften zu verfügen, so darf keinesfalls von einer vorgelagerten behördlichen Genehmigung ausgegangen werden.

Es besteht auch keine Veranlassung, das Firmenbuchverfahren oder ein sich daraus ergebendes Revisionsverfahren bis zum Ausgang des Grundverkehrsverfahrens zu unterbrechen. § 19 FBG sieht lediglich eine fakultative Unterbrechung vor. Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des EuGH sieht der OGH hier keinen Grund für ein Abwarten der grundverkehrsbehördlichen Entscheidung.

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