22.02.2021 | Bilanz und Steuern | ID: 1084844

COVID-19-Steuermaßnahmengesetz bringt weitere Angleichung zwischen Unternehmens- und Steuerbilanz

Andreas Kampitsch - Michael Petritz

Die Gastautoren Mag. Andreas Kampitsch und MMag. Michael Petritz erläutern die Änderungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage. Neu ist z. B., dass die Bildung pauschaler Rückstellungen künftig erlaubt ist.

Zwei Änderungen des COVID-Steuermaßnahmengesetzes, die erst im Plenum des Nationalrats erfolgt sind, bringen – von der derzeitigen COVID-19-Pandemie im Wesentlichen unabhängig – eine weitere Angleichung der Unternehmens- und Steuerbilanz: Zukünftig soll es Steuerpflichtigen erlaubt sein, pauschale Wertberichtigungen zu Forderungen auch in der Steuerbilanz anzusetzen; gleichermaßen wurde auch die Bildung von pauschalen Rückstellung erlaubt. Die pauschale Wertberichtigung bzw die pauschale Rückstellung ist nach unternehmensrechtlichen Grundsätzen zu bilden und sowohl beim § 5 Abs 1-EStG-Gewinnermittler als auch beim § 4 Abs 1-EStG-Gewinnermittler möglich.

1 Bisherige Rechtslage

Das Ertragsteuerrecht untersagte seit der Steuerreform 1993 in § 6 Z 2 lit a vorletzter Satz EStG die pauschale Wertberichtigung von Forderungen; in § 9 Abs 3 erster Satz EStG ausdrücklich die Bildung von pauschalen Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen. Das steuerliche Verbot der Bildung von Pauschalrückstellungen oder der Einstellung von pauschalen Wertberichtigung schlug jedoch nicht auf das Unternehmensrecht durch: Verlangen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung etwa die Bildung von Pauschalrückstellungen, so sind diese (unternehmensrechtlich) unabhängig von deren steuerlichem Verbot zu bilden. Die unternehmensrechtliche Bildung von pauschalen Wertberichtigungen oder Rückstellungen führte daher – aufgrund der steuerlichen Ansatzverbote – stets zu einer Durchbrechung der Maßgeblichkeit und folglich zu einer Mehr-Weniger-Rechnung.

Nach den Erläuterungen zum (unternehmensrechtlichen) Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 (RÄG 2014) wurde mit der Einführung des Grundsatzes der verlässlichen Schätzung (§ 201 Abs 2 Z 7 UGB idF RÄG 2014) ein Schritt zur Einheitsbilanz unternommen. Nach dem Grundsatz der verlässlichen Schätzung vorgenommene unternehmensrechtliche Bewertungen sollten auch steuerlich anerkennungsfähig werden. Genannt wurden schon damals ausdrücklich die Pauschalrückstellungen und die pauschalen Wertberichtigungen. Mit der Änderung der §§ 6 Z 2 lit a bzw 9 Abs 3 EStG wurde vom Gesetzgeber nunmehr diese Anerkennung steuerlich vollzogen.

2 „Pauschale“ Rückstellungen bzw Wertberichtigungen

Pauschale Rückstellungen und Wertberichtigungen waren allerdings steuerlich schon in der Vergangenheit nicht schlechthin verboten. Einerseits waren sehr wohl pauschal berechnete Einzelrückstellungen steuerlich anerkannt, andererseits auch pauschale Einzelwertberichtigungen (die „Pauschalität“ liegt hier jeweils in der pauschalen Berechnung):

Vgl zB EStR 2000 Rz 3319 Beispiel 2:

Ein bestimmtes Modell eines Autoherstellers ist von einem Serienmangel betroffen. Da ein Teil dieser Mängel bereits geltend gemacht wurde, wird in den Medien eine Rückholaktion bekannt gegeben. In diesem Fall kann eine Rückstellung nicht nur für die Mängel, die bereits geltend gemacht wurden, sondern für alle zu erwartenden Ansprüche gebildet werden (pauschal berechnete steuerliche schon bislang zulässige Einzelrückstellung).

Nicht erlaubt war jedoch zB die Bildung von Rückstellungen,die sich ausschließlich an Erfahrungswerten aus der Vergangenheit orientierten (und ohne konkreten, einzelnen Verpflichtungsgrund; die Pauschalität liegt hier schon dem Grunde nach vor):

Vgl zB EStR 2000 Rz 3319 Beispiel 1:

Bei einem Autohändler gibt es nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre bei 10 % der verkauften Neuwagen Inanspruchnahmen aus der Gewährleistung. Dies berechtigt den Autohändler nicht zur steuerwirksamen Bildung einer Rückstellung für Gewährleistungen (bislang steuerlich unzulässige Pauschalrückstellung dem Grunde nach).

3 Steuerliche Anerkennung

Mit dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz wurde in § 6 Z 2 lit a EStG bzw § 9 Abs 3 EStG einerseits das bisher enthaltene Verbot dieser pauschalen Wertberichtigungen/Rückstellungen gestrichen und andererseits festgehalten, dass deren Bildung nach Maßgabe des § 201 Abs 2 Z 7 UGB zulässig ist. Da Wertberichtigungen und Rückstellungen nur im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich möglich sind, betrifft diese Änderungen nur § 4 Abs 1- und § 5 Abs 1-EStG-Gewinnermittler. Für den Einnahmen-Ausgaben-Rechner ergibt sich dadurch keine Änderung.

Für den § 5 Abs 1-EStG-Ermittler ist der Ansatz von pauschalen Wertberichtigungen/Rückstellungen daher in der Steuerbilanz zukünftig verpflichtend, wenn diese unternehmensrechtlich gebildet wurden.

Für den § 4 Abs 1-EStG-Ermittler sind pauschale Wertberichtigungen/Rückstellungen dann möglich (aber wohl nicht verpflichtend), wenn die Voraussetzungen des § 201 Abs 2 Z 7 EStG vorliegen. Es besteht somit auch für den § 4 Abs 1-EStG-Ermittler eine (formelle) Bindung an Regelungen des UGB.

4 Anwendung für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach 31.12.2020

Die Bildung von pauschalen Wertberichtigungen/Rückstellungen ist § 124b Z 372 EStG zufolge erstmals in Wirtschaftsjahren zulässig, die nach dem 31.12.2020 beginnen; entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr daher erstmalig für das Wirtschaftsjahr 01.01. – 31.12. 021. Der Gesetzgeber erlaubt jedoch auch die Erfassung von Altbeständen an pauschalen Wertberichtigungen/Rückstellungen, wenn die Forderung in einem vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahr entstanden ist bzw der Anlass für die Rückstellung in einem vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahr liegt. Diese Wertberichtigungs- und Rückstellungsbeträge aus „Altjahren“ sind allerdings nach § 124b Z 372 lit c EStG auf fünf Jahre zu verteilen.

Autoren

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M., Steuerberater, lehrt und forscht am Institut für Finanzmanagement an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz, LL.M. ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

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