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Georg Streit - Sophie Tschöp | News | 22.06.2015

Crowdfunding als alternative Finanzierung für Unternehmen bald auch gesetzlich geregelt?

Mag. Georg Streit und Mag. Sophie Gruber werfen in ihrem Gastbeitrag einen Blick in die Zukunft in Bezug auf dieses ambitionierte Vorhaben der Regierung betreffend Crowdfunding und liefern die wichtigsten Eckpunkte des Gesetzesentwurfs.

Am 19.5.2015 wurde eine Regierungsvorlage zum Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) vorgelegt. Mit diesem Gesetz sollen klare rechtliche Rahmenbedingungen für Crowdfunding bzw Crowdinvesting geschaffen werden, die eine verstärkte Nutzung dieser modernen Finanzierungsform zulassen, aber auch ein angemessenes Anlegerschutzniveau gewährleisten und Missbrauch verhindern. Wenn alles glatt geht, tritt das neue Gesetz im Herbst in Kraft.

Dieser Beitrag zeigt die wesentlichen Eckpunkte und Neuerungen des Gesetzesentwurfs auf und gibt erste Reaktionen aus der Praxis wieder.

Die Ausgangssituation

Vor allem Start-Ups und Kleinunternehmer haben oft Schwierigkeiten, Finanzierungen von Kreditinstituten aufzustellen. Gerade in der frühen Phase haben Jungunternehmer dringenden Geldbedarf, um das Unternehmen überhaupt erst ins Rollen zu bringen. Über die „Schwarmfinanzierung“, besser bekannt als „Crowdfunding“ bzw „Crowdinvesting“ beschaffen sich Unternehmen die Finanzierung von einer Vielzahl an Investoren.

Dabei ist zwischen Crowdfunding und Crowdinvesting zu unterscheiden:

  • Beim Crowdfunding steht Sponsoring mehr im Vordergrund. Die Crowd stellt dem Unternehmen Beträge zur Verfügung und erhält entweder ideelle Prämien (eine Dankeskarte, bei Filmprojekten beispielsweise ein Treffen mit dem Regisseur, etc) oder die Möglichkeit, das Produkt vorab zu günstigeren Konditionen zu bestellen. In diesem Fall spricht man von „Reward-Based-Crowdfunding“. Eine weitere Variante ist das „Donation-Based-Crowdfunding“, bei dem die Crowdfunder überhaupt nur ein gutes Gefühl, in ein Projekt, mit dem sie sich identifizieren, als Gegenleistung erhalten.
  • Beim Crowdinvesting steht – wie der Name schon impliziert – das Investment im Vordergrund. Die Crowd investiert in Projekte und erwartet sich im Erfolgsfall eine Rendite. Man unterscheidet hier das „Lending-Based“ und das „Equity-Based“ Crowdfunding bzw richtig Crowdinvesting. Im ersten Fall vergeben die Investoren Darlehen und erwarten sich eine verzinste Rückzahlung, im zweiten Fall erhalten die Investoren zum Teil Erfolgsbeteiligungen. Die Vereinbarung partiarischer Nachrangsdarlehen hat sich in letzter Zeit als gängige Finanzierungsform etabliert.

Die einzelnen Geldbeträge der Investoren werden meist über dafür spezialisierte Websites, so genannte Crowdfunding-Plattformen, gesammelt. Die bekanntesten Crowdfunding-Plattformen sind in Österreich conda.at, 1000x1000.at und greenrocket.com. Unter den international tätigen Plattformen sind kickstarter.com, das seit kurzem auch Österreich zu seinen Ländern zählt, und indiegogo.com die gängigsten.

Bisher befindet sich diese Form der Unternehmensfinanzierung in einer rechtlichen Grauzone. Das neue Alternativfinanzierungsgesetz soll Rechtssicherheit schaffen und das Crowdinvesting (Lending-Based und Equity-Based) reglementieren. Zentrale Frage beim Crowdinvesting ist, ab welcher Betragsgrenze Prospektpflicht, deren Erfüllung mit erheblichem Kostenaufwand verbunden ist und somit für Jungunternehmer unattraktiv ist, herrscht. Beim Reward-Based-Crowdfunding und Donation-Based-Crowdfunding sieht der Gesetzgeber aufgrund des Spendencharakters keinen Regelungsbedarf zum Schutz der Anleger.

Die Neuerungen des Alternativfinanzierungsgesetzes (AltFG)

Das Alternativfinanzierungsgesetz erfasst alle Marktteilnehmer des Crowdinvesting:

  • die Investoren (dh. die Crowd bzw die Anleger)
  • die kapitalaufnehmenden Emittenten (hauptsächlich Start-Ups, KMU, aber auch Unternehmen im Sozial- und Kulturbereich)
  • die Crowdfunding-Plattformen

Die Pflicht zum Erstellen eines vollen Kapitalmarktprospekts gilt nach dem AltFG erst ab einem Emissionsvolumen von EUR 5.000.000,00 statt derzeit EUR 250.000,00. Bei einem Emissionsvolumen zwischen EUR 1.500.000,00 und EUR 5.000.000,00 ist künftig lediglich ein vereinfachter Prospekt zu erstellen. Innerhalb von sieben Jahren dürfen Emittenten jedoch nicht mehr als EUR 7.000.000,00 – abzüglich der bereits an die Anleger/Investoren zurückgezahlten Beträge – über Crowdinvesting erhalten. Wird diese Höchstgrenze überschritten ist ein Kapitalmarktprospekt zu erstellen.

Um das Risiko der Investoren zu streuen, sieht das AltFG vor, dass ein Investor pro Projekt nur bis zu EUR 5.000,00 im Jahr investieren darf. Wenn der Investor allerdings nachweist, dass er durchschnittlich mehr als EUR 2.500,00 (netto) ins Verdienen bringt, kann er das Zweifache seines Monatsnettoeinkommens pro Projekt investieren. Ein weiteres Schutzinstrument ist die zweiwöchige Rücktrittsfrist für Investoren.

Für die Betreiber der Crowdfunding-Plattformen legt das AltFG regulatorische Mindeststandards fest. So wird klargestellt, dass die Plattformen entweder eine Zulassung als gewerberechtlicher Vermögensberater oder eine Konzessionierung als Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufzuweisen haben. Zudem treffen die Plattformen gewisse Informationspflichten insbesondere über die Betreiber, Auswahlkriterien und Entgelte.

Zur Missbrauchsprävention und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besteht die Pflicht zur Feststellung der Identität der Anleger bzw der Emittenten („know your customer-Prinzip“).

Reaktionen auf den Gesetzesentwurf

In den letzten Wochen konnte man in zahlreichen Medien Berichte und Beiträge über Crowdfunding und den Entwurf des Alternativfinanzierungsgesetzes lesen.

Die Reaktionen aus der Start-Up-Szene, die Crowdfunding am meisten in Anspruch nimmt – im Übrigen nicht nur aus reiner Finanzierungsmotivation, sondern auch zu Marketing- und Marktforschungszwecken – sind durchwegs positiv.

Viel zitiert wurde beispielsweise die Meinung von Daniel Horak, Geschäftsführer der Crowdinvesting-Plattform conda.at. Dieser sagte in einem Interview, davon überzeugt zu sein, dass Start-Ups und KMU von dem Gesetz profitieren werden.

Kritik aus allen Ecken kommt vor allem zu den im Gesetzesentwurf vorgesehenen Anlegerschutzvorschriften, da sie als eine Art Bevormundung des einzelnen Investors gesehen werden.

Fazit

Dem Inkrafttreten des Alternativfinanzierungsgesetzes wird in der Gründerszene erwartungsvoll entgegengesehen, da es nicht nur Rahmenbedingungen für das bisher wenn überhaupt nur marginal gesetzlich geregelte Crowdfunding/Crowdinvesting schafft, sondern auch ein Bewusstsein des Gesetzgebers signalisiert, Jungunternehmer in Österreich zu unterstützen.

Das breite Medieninteresse rund um die Regierungsvorlage des Alternativfinanzierungsgesetzes hat zudem frischen Wind und Aufmerksamkeit für Crowdfunding und die Start-Up-Szene an sich gebracht.

Es bleibt abzuwarten, ob es das Gesetz in der parlamentarischen Achterbahn auch sicher ans Ziel schafft. Dass es dann wohl wegen der ziemlich rasanten Fahrt der Gesetzwerdung noch etwas wackelig auf den Beinen stehen und Verbesserungsbedarf aufweisen wird, ist nicht auszuschließen.

Autoren

Mag. Georg Streit

Mag. Georg Streit ist seit 2000 Rechtsanwalt und seit 2001 Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OG. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Immaterialgüterrecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Rundfunkrecht und Vergaberecht. Weiters ist er Lektor an den Universitäten Wien und Salzburg, Vortragender bei Seminaren und Lehrgängen.

Für WEKA ist er Herausgeber des Newsletters für Gesellschaftsrecht Online sowie für das Werk „Personengesellschaften in Fallbeispielen“.

www.h-i-p.at

Mag. Sophie Gruber, MBL

Mag. Sophie Gruber, MBL ist Rechtsanwaltanwärterin bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OG.