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WEKA (skn) | News | 08.05.2012

Darlegung eines Abberufungsgrundes bei der Anmeldung der Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung

Ob ein wichtiger Grund zur Abberufung vorliegt, ist stets unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Privatstiftung zu beurteilen; letztlich danach, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in Zukunft gewährleistet ist.

Geschäftszahl

OGH 12.01.2012, 6 Ob 101/11p

Norm

§ 27 Abs 2 PSG; § 15 PSG; § 30 Abs 1 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Ob ein wichtiger Grund zur Abberufung vorliegt, ist stets unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Privatstiftung zu beurteilen; letztlich danach, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in Zukunft gewährleistet ist.

OGH: In der Entscheidung 6 Ob 178/05b (SZ 2006/18) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das Firmenbuchgericht bei Anträgen auf Löschung von Vorstandsmitgliedern infolge ihrer Abberufung durch das nach der Stiftungsurkunde zuständige Organ nicht zu überprüfen hat, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung gegeben ist. Ein unzulässigerweise abberufenes Vorstandmitglied hat vielmehr eine Feststellungsklage mit dem Begehren auf Unwirksamkeit der Abberufung zu erheben.

Davon ist der Oberste Gerichtshof jedoch in der Entscheidung 6 Ob 195/10k teilweise abgegangen. An dieser jüngeren Rechtsprechung ist festzuhalten. Danach hat das Firmenbuchgericht bei einer Privatstiftung – anders als bei einer AG und GmbH – bei der Anmeldung der Abberufung von Vorstandsmitgliedern von Amts wegen zu prüfen, ob ein Abberufungsgrund schlüssig dargelegt wurde und die dem Eintragungsgesuch zugrundeliegenden Tatsachen glaubwürdig sind. Diese Prüfbefugnis beschränkt sich nicht bloß auf das Aufgreifen einer offensichtlichen Unzulässigkeit, jedoch darf sie auch nicht überspannt werden. Eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Prüfung besteht jedenfalls, wenn Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Gesuch zugrundeliegenden Tatsachen bestehen. Als Abberufungsgründe gelten die in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG genannten. Neben grober Pflichtverletzung und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben gelten als wichtige Gründe iSd § 27 Abs 2 alle bedeutsamen Umstände, die die Belange der Privatstiftung gefährden oder ihr die Beibehaltung der aufrechten Bestellung des Organmitglieds unzumutbar machen. Auch Interessenkollisionen, die (noch) nicht unter § 15 PSG fallen, können einen wichtigen Grund darstellen, wenn dadurch die Verfolgung des Stiftungszwecks nicht mit hinreichender Sicherheit gewährleistet ist; insbesondere bei Vollziehung der vom Stifter vorgesehenen Begünstigtenregelung oder das sonstige ordnungsgemäße Funktionieren der internen Kontrollsysteme. Letztendlich ist die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der Verfolgung des Stiftungszwecks zu sehen. Aufgrund mangelnder Kontrollmechanismen bei der Privatstiftung ist dabei allerdings kein strenger Maßstab anzusetzen, da eine funktionsfähige Organisation und deren effiziente Kontrolle erforderlich sind, um die Gefahr von Missbrauch oder Schädigung hintanzuhalten und um die Erfüllung des Stifterwillens zu gewährleisten.

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