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Georg Streit | News | 21.10.2013

Der Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters

Mag. Georg Streit setzt sich in seinem Beitrag mit der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung zu den Möglichkeiten und Voraussetzungen des Ausschlusses eines Gesellschafters einer GmbH durch die übrigen Gesellschafter auseinander.

Das österreichische GmbH-Gesetz enthält keine Regelung über die Einziehung eines Geschäftsanteils oder den Ausschluss eines Gesellschafters in anderen Fällen als bei nicht rechtzeitiger Einzahlung der Stammeinlage (§ 66). Die einzige gesetzliche Grundlage für den Ausschluss eines Gesellschafters bietet das Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG), das es Mehrheitsgesellschaftern, die über mindestens 90 % des stimmberechtigten Kapitals verfügen, unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, die Minderheit grundlos aus der Gesellschaft zu drängen und deren Anteile zu übernehmen. Dieser Beitrag geht den Möglichkeiten zur Schaffung von Grundlagen für den Ausschluss eines Gesellschafters einer österreichischen GmbH im Gesellschaftsvertrag nach.

Die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund ist in der österreichischen Rechtsprechung unbestritten anerkannt. Einer vertraglichen Vereinbarung einer solchen bedarf es dazu im Regelfall nicht, die Verankerung bestimmter wichtiger Gründe, die zur sofortigen (fristlosen) Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses berechtigen, ist ebenso möglich, wie die Definition bestimmter Verhaltensweisen eines Vertragspartners als derartige wichtige Gründe.

Deutsche Rechtsprechung

Die deutsche Rechtsprechung kennt bereits seit über 50 Jahren den Ausschluss eines Gesellschafters aus einer GmbH aus wichtigem Grund, mittlerweile ist diese Rechtsprechung anerkannt und unumstritten und wird, wie die Kommentarliteratur ausführt „als ungeschriebener außerordentlicher Rechtsbehelf allgemein anerkannt“.

Der Ausschluss setzt einen wichtigen Grund in der Person des auszuschließenden Gesellschafters voraus. Ein solcher liegt – ganz in Übereinstimmung mit der Judikatur der österreichischen Gerichte zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund – vor, wenn den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betreffenden Mitglied in Folge seines Verhaltens oder seiner Persönlichkeit nicht mehr zumutbar ist, seine weitere Mitgliedschaft den Fortbestand der Gesellschaft also unmöglich macht oder zumindest ernstlich gefährdet. Infrage kommen schwere Pflichtverletzungen, die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, auch durch Vielzahl kleinerer Pflichtverstöße oder die schuldhafte Herbeiführung eines tiefgreifenden unheilbaren Zerwürfnisses unter den Gesellschaftern.

Österreichische Rechtsprechung

Nach österreichischer ständiger Rechtsprechung ist der zwangsweise Ausschluss eines Gesellschafters einer GmbH (abgesehen vom Fall des § 66 GmbHG) jedoch unzulässig. Die Rechtsprechung lehnt diesen unter Hinweis darauf ab, dass der Gesetzgeber trotz entsprechender Forderung in der rechtswissenschaftlichen Literatur und der jahrzehntelangen Diskussion darüber keine entsprechenden Regelungen getroffen hat, obwohl das GmbHG mehrfach novelliert wurde (OGH 17.10.2006, 1 Ob 135/06v). Eine Gesetzeslücke liegt gerade nach Schaffung des Gesellschafterausschlussgesetzes, so der OGH, erst recht nicht vor. Eine analoge Anwendung der Gesellschafterausschlussgründe des § 140 UGB (der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund über Antrag der übrigen Gesellschafter) ist daher mangels Vorliegens einer planwidrigen Lücke im Gesetz nicht geboten (OGH 14.9.2011, 6 Ob 80/11z). Es sind also keinerlei Anzeichen in der Judikatur erkennbar, dass die höchstgerichtliche Rechtsprechung der in der Lehre am Fehlen der Möglichkeit des Ausschlusses eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund geübten Kritik eine Änderung erfahren könnte.

Regelungen im Gesellschaftsvertrag zum Gesellschafterausschluss

Anders ist dies allerdings, wenn im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, dass ein Gesellschafter, bei dem ein wichtiger Grund im Sinn des § 140 UGB vorliegt, seinen Anteil nach einer Beschlussfassung der (übrigen) Gesellschafter über seinen Ausschluss, (anteilig) an die anderen Gesellschafter oder einen namhaft gemachten Dritten abzutreten hat. Allerdings setzt dies eine weitere Satzungsbestimmung, nämlich ein Verfahren über die Beschlussfassung über den Ausschluss sowie die Anteilsabtretung selbst voraus. Fehlt es an einer solchen Regelung im GmbHG, ist ein Gesellschafterbeschluss auf Ausschluss eines Gesellschafters unzulässig und somit anfechtbar (OGH 25.9.2001, 4 Ob 216/01w mit zahlreichen Folgeentscheidungen). Der BGH lässt den Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund auch dann zu, wenn der Gesellschaftsvertrag keine diesbezügliche Regelung enthält.

Die Definition bestimmter wichtiger Gründe im Gesellschaftsvertrag ist zulässig. Die Grenze für die Festlegung bestimmter Sachverhalte als wichtige Gründe, die zum Ausschluss eines Gesellschafters berechtigen, stellt im Regelfall nur die Sittenwidrigkeit solcher Klauseln dar. Die Ausübung von dem Gesellschafter zustehenden Rechten, wie etwa Anfechtungsrechte oder die Einforderung von Informationsrechten werden daher wohl auch dann, wenn sie öfter ausgeübt werden, nicht als wichtiger Grund, der einen Ausschluss des Gesellschafters rechtfertigt, angenommen werden können.

Die Regeln im Gesellschaftsvertrag einer GmbH und daher auch solcher über den Ausschluss eines Gesellschafters und das darüber abzuführende Verfahren sind nach der Rechtsprechung nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv zu interpretieren (OGH 13.10.2011, 6 Ob 202/10i), selbst dann, wenn am Ausschlussverfahren nur die Gründungsgesellschafter, die dieses selbst beschlossen haben, beteiligt sind.

Zulässig wäre daher jedenfalls die Bezugnahme auf die Bestimmungen des UGB, etwa auch der Verweis auf § 133 Abs 2 („wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird“).

Abfindung des Gesellschafters

Zu den Regelungen über ein Ausschlussverfahren zählt auch eine solche über die Abfindung des Gesellschafters im Falle von dessen Ausscheiden. Wendet man den Grundgedanken des Gesellschafterausschlussgesetzes an, bedarf der Eingriff in das Eigentum eines Gesellschafters einer sachlichen Rechtfertigung. Eine entschädigungslose „Enteignung“ wird auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht in Betracht kommen, da der Ausschluss ja keinen Strafcharakter hat, sondern lediglich einen den anderen unzumutbaren Gesellschafter aus dem Kreis derselben entfernen soll. Der Gesellschaftsvertrag kann Regelungen für die Abfindung oder deren Verrechnung vorsehen, nicht allerdings die Abfindung zur Gänze ausschließen. Eine Abfindung für den ausgeschlossenen Gesellschafter, der unter dem Nominale liegt, ist wohl sittenwidrig. Gleiches gilt dann, wenn der Wert der Abfindung in auffallendem Missverhältnis zum tatsächlichen Wert des Geschäftsanteils steht.

Stimmrecht

Naheliegend ist, dass bei der Beschlussfassung über den Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund in einem im Gesellschaftsvertrag vorgegebenen Verfahren der vom Ausschluss betroffene Gesellschafter nicht stimmberechtigt ist. § 39 Abs 4 GmbHG legt nahe, dass bei einer Interessenskollission bei einem Gesellschafter dieser einem Stimmverbot unterliegt. Aus dem Wortlaut des § 39 Abs 4 GmbHG ist dieses jedoch nicht unbedingt abzuleiten. Es empfiehlt sich daher in der gesellschaftsvertraglichen Regelung des Gesellschafterausschlussverfahrens eine Klarstellung über das Stimmrecht aufzunehmen. Bei einem Verweis auf § 140 UGB folgte daraus, dass der betroffene Gesellschafter nicht stimmberechtigt ist, weil die Beschlussfassung bzw der Antrag ja von den „übrigen Gesellschaftern“ zu treffen ist. Bei der erforderlichen objektiven Interpretation nach dem Wortlaut (OGH 16.6.2011, 6 Ob 89/11v) kann dies nur bedeuten, dass ein Gesellschafter, der aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden soll, bei dieser Abstimmung nicht stimmberechtigt ist. Dies muss aber konsequenterweise von der Beurteilung der Frage, ob überhaupt ein wichtiger Grund vorliegt, getrennt werden. Dies zu beurteilen wäre Sache eines mit einer allfälligen Anfechtungsklage befassten Gerichts.

Übernahme von Geschäftsanteilen

Offen bleibt die Frage, wie vorzugehen ist, wenn die Gesellschafter zwar den Ausschluss eines Gesellschafters beschließen, zur Übernahme von dessen Geschäftsanteilen jedoch nicht bereit sind. Der Erwerb der Geschäftsanteile durch die Gesellschaft selbst ist nach dem österreichischen GmbHG ausgeschlossen, weshalb die überwiegende Auffassung dahin geht, dass die Anteile des Ausgeschlossenen an der Gesellschaft den übrigen Gesellschaftern zuzuordnen sind. Naheliegend ist es auch, dass die Gesellschafter, die den Ausschluss betrieben haben, die Abfindung an den ausgeschlossenen Gesellschafter zu finanzieren haben, denen die Geschäftsanteile schließlich auch zugeordnet werden.

Nach herrschender Ansicht ist darüber hinaus die Volleinzahlung der Stammeinlage des auszuschließenden Gesellschafters Voraussetzung für den Beschluss über den Ausschluss. Den ausschlusswilligen Gesellschaftern soll es dabei offen stehen, die Volleinzahlung zu übernehmen, wobei dieser Betrag freilich auf den Abfindungsbetrag anzurechnen ist.

Auch dies zeigt, dass sich eine umfassende und wohlüberlegte Regelung über den Ausschluss eines Gesellschafters und insbesondere das Verfahren und die Folgen eines solchen im Gesellschaftsvertrag empfiehlt.

Autor

Mag. Georg Streit ist seit 2000 Rechtsanwalt und seit 2001 Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Immaterialgüterrecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Rundfunkrecht und Vergaberecht. Weiters ist er Lektor an den Universitäten Wien und Salzburg, Vortragender bei Seminaren und Lehrgängen.

Für WEKA ist er Herausgeber des Newsletters für Gesellschaftsrecht Online sowie für das Werk „Personengesellschaften in Fallbeispielen“.

www.h-i-p.at