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Stefan Schermaier - Dorian Schmelz | News | 12.06.2013

Die Stiftungserklärung unter dem Gesichtspunkt der Asset Protection

Die Gastautoren Dr. Schermaier und Mag. Schmelz widmen sich diesem Thema anhand von jüngster Judikatur. Sie beleuchten dabei insbesondere Fälle der Insolvenz des Stifters und Rechtsfragen rund um die Ehescheidung von Stiftern.

Fragestellung

Eine der wesentlichen verbliebenen Vorteile der österreichischen Privatstiftung iSd PSG („Stiftung“) ist deren verhältnismäßig hohe Eignung für Zwecke der Vermögenssicherung vor dem Zugriff dritter Personen (Asset Protection). Nachstehend werden Ansätze gezeigt, ob und wie solche Ziele auf Ebene der Stiftungserklärung verfolgt werden können, jedoch unter der Einschränkung, dass eine bestmögliche Ausgestaltung der Stiftungserklärung zum Zweck der Asset Protection einzelfallbezogen zu erfolgen hat, wobei insb die Grenzen des § 879 ABGB, aber auch einschlägiger strafrechtlicher Vorgaben, va der Kridadelikte, zu beachten sind.

Pfändung von Stifterrechten und des Anspruchs des Begünstigten auf Zuwendungen

Regelmäßig behalten sich Stifter in der Stiftungserklärung das Recht zum Einsetzen von (Letzt-)Begünstigten, zur Änderung der Stiftungserklärung oder natürliche Personen das Recht auf Widerruf der Stiftung vor.

Die dem Stifter gegenüber der Stiftung zustehenden Gesamtrechte sind Gegenstand der Exekution nach §§ 331ff EO, wenn er sich das Recht auf Widerruf vorbehielt und Letztbegünstigter ist und/oder sich ein Änderungsrecht vorbehielt (RIS-Justiz RS0120752). Für das vorbehaltene Recht auf Bestellung/Abberufung von Vorstandsmitgliedern wird dies in der Lehre abgelehnt (Arnold in ZfS 2006, 131).

Durch Pfändung des Widerrufsrechts kann ein Gläubiger des Stifters auf eine Auflösung der Stiftung hinwirken und in weiterer Folge auf den Liquidationserlös greifen, soweit Ansprüche des Gläubigers gegenüber dem Letztbegünstigten (der häufig der Stifter selbst ist) bestehen. Ähnliches gilt für das Änderungsrecht, durch dessen Vorbehalt der Stifter Zugriff auf das Stiftungsvermögen nicht endgültig verliert, sondern zB Vermögenszuwendungen an sich selbst durchsetzen kann. Durch Pfändung und entsprechende Ausübung des Änderungsrechts kann der Gläubiger des Stifters im Ergebnis auf das Stiftungsvermögen zugreifen. Zu beachten ist aber, dass Gläubigern exekutiv nur die den Stiftern tatsächlich eingeräumten Rechte offenstehen; sinnvoll kann es daher sein, vorgenannte Rechte nicht einem Stifter alleine einzuräumen, sondern etwa einer Mehrheit von Stiftern gemeinsam oder die Ausübbarkeit solcher Rechte an die Zustimmung dritter Personen, zB des Stiftungsvorstands, zu binden. Eine Pfändung durch betreibende Gläubiger würde dann einen Exekutionstitel gegen all diese Personen voraussetzen.

Wird dem Begünstigten in der Stiftungserklärung ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Zuwendungen eingeräumt, stellt auch dieser einen pfändbaren vermögensrechtlichen Anspruch dar. Will man einen Gläubigerzugriff verhindern, sollte die Stiftungserklärung einen Rechtsanspruch des Begünstigten ausschließen und sollte in weiterer Folge eine konkrete Zuwendung an einen von Gläubigern bedrängten Begünstigten wohl überlegt werden.

Ein vertraglicher Ausschluss rein der Pfändbarkeit der vorgenannten Rechte oder die Anordnung von deren Erlöschen im Fall der Insolvenz oder Exekutionsführung wäre unzulässig, weil § 879 ABGB widerstreitend (OLG Wien 29.11.2005, 28 R 189/05b).

Gläubigerzugriff in der Insolvenz des Stifters

Behält sich der Stifter ein Widerrufs- oder Änderungsrecht vor, fällt ein solches in die Insolvenzmasse und kann durch den Insolvenzverwalter ausgeübt werden. Hierdurch wird ein Zugriff auf den Liquidationserlös ermöglicht, sofern der Stifter zugleich Letztbegünstigter der Stiftung ist (vgl § 9 Abs 2 Z 12, § 36 Abs 4 PSG).

Insb mangels Widerrufs- oder Änderungsrechts kommt der Anfechtung von Vermögenswidmungen an die Stiftung, allenfalls aber auch eines Verzichts des Stifters auf ein Widerrufs- oder Änderungsrecht, Bedeutung zu. Dabei steht eine Anfechtung der genannten Vorgänge wegen Benachteiligungsabsicht (§ 2 lit a AnfO; § 28 lit a IO) und unentgeltlicher und ihnen gleichgestellter Verfügungen (§ 3 AnfO; § 29 IO) im Mittelpunkt der Praxis, ist aber auch eine Anfechtung wegen Vermögensverschleuderung (§ 2 lit b AnfO; § 28 lit b IO), Begünstigung (§ 30 IO) oder Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 IO) denkbar (vgl zu dieser Zollner in PSR 2010/28).

Eine Vorsorge gegen derartige Anfechtungsmöglichkeiten auf Ebene der Stiftungserklärung ist kaum möglich; in praxi kommt vor allem den Fragen der Fristenberechnung und Wissenszurechnung hohe Bedeutung zu (hierzu näher Bollenberger in ecolex 2006, 641).

Vermögensaufteilung bei Ehescheidung

Wird die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, sind gemäß § 81 Abs 1 EheG das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter die Ehegatten aufzuteilen. Zur Minimierung aufteilungspflichtigen Vermögens bietet sich prima vista die Einbringung von Vermögenswerten eines Ehepartners in eine Stiftung an.

Hiergegen wirkt § 91 EheG, demzufolge bei gewissen Verringerungen der aufzuteilenden Vermögenswerte durch einen Ehegatten der Wert des dadurch Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen ist, wenn die Vermögensverringerung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten und frühestens zwei Jahre vor Einbringung der Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder einer früheren Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgte.

Unter dem Gesichtspunkt der Vermögensaufteilung zwischen Ehepartnern ist letztgenannten daher nahezulegen, ihr Vermögen zeitgerecht vor einer sich anbahnenden Auflösung der Ehe und mit nachweislicher, wirksamer Zustimmung des anderen Ehegatten in eine Stiftung einzubringen (hierzu näher Oberhuber-Wilhelm in EF-Z 2013/39). Eine Restrukturierung des Vermögens der Ehepartner im Zustand der Ehezerrüttung läuft hingegen Gefahr, Zwecke der Asset Protection nicht wirksam erreichen zu können.

Unterhalt bei Ehescheidung

Gemäß § 66 EheG hat der allein oder überwiegend schuldige Ehegatte dem anderen, soweit dessen Einkünfte aus Vermögen und die Erträgnisse einer erwartbaren Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren. Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit ist in erster Linie die sich aus dem Netto-Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel (RIS-Justiz RS0013386). Hierzu können auch Einkünfte als Begünstigter einer Stiftung zählen.

Fließen dem unterhaltspflichtigen Ehegatten hingegen keine (hinreichenden) Einkünfte als Begünstigter einer Stiftung zu, gilt der Anspannungsgrundsatz (OGH 23.02.1994, 3 Ob 28/94). Hat der geldunterhaltspflichtige Ehegatte einen wesentlichen Teil seines Vermögens in eine Stiftung eingebracht, deren Erträgnisse ihm widmungsgemäß nicht zufließen, ist er auf die fiktiven Erträgnisse jenes Vermögens, dessen er sich zugunsten der Stiftung begeben hat, anzuspannen (RIS-Justiz RS0114445). Es werden somit jene Erträge herangezogen, die aus dem Vermögen, dessen sich der Ehepartner zugunsten einer Stiftung begeben hat, erzielt hätten werden können. Da die Anspannungstheorie darauf beruht, dass der Unterhaltsverpflichtete die ihm zustehenden Möglichkeiten ausschöpfen muss, um seiner Verpflichtung nachzukommen, kann die vorgenannte Judikatur uE nur auf jene Fälle zutreffen, in denen Bemühungen des Stifters, Einkünfte aus der Stiftung zu erzielen, überhaupt noch erfolgversprechend sein können, weil sich der Stifter etwa einen Widerruf oder eine Änderung der Stiftungserklärung vorbehalten hat und daher unmittelbaren Einfluss auf die Verwendung des Vermögens der Stiftung nehmen kann.

Unter Gesichtspunkten der Unterhaltspflichten von Ehepartnern bei einer Aufhebung der Ehe ist daher zu empfehlen, stiftende Ehepartner bei bestehenden oder absehbaren Unterhaltspflichten nicht zugleich als Begünstigte „ihrer“ Stiftung einzusetzen, jedenfalls ihnen keinen Rechtsanspruch auf Zuwendungen, und dem stiftenden Ehepartner keine einseitig durchsetzbare Möglichkeit, Einkünfte aus der Stiftung zu erzielen, etwa durch Widerrufs- oder Änderungsrechte, einzuräumen.

Erbfolge und Pflichtteilsrecht

Ein wesentliches Einsatzgebiet von Stiftungen ist jenes der Bündelung von Vermögen und der Vorwegnahme der Erbfolge. Durch die Errichtung von Stiftungen unter Lebenden besteht die Gefahr, das gesetzliche Pflichtteilsrecht zu umgehen.

Hiergegen wirken § 785 ABGB, demzufolge auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder Ehegatten bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen sind, und § 951 ABGB, demzufolge der verkürzte Noterbe vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zur Deckung des Fehlbetrages verlangen kann, wenn bei Bestimmung des Pflichtteils Schenkungen in Anschlag gebracht werden, der Nachlass aber zu dessen Deckung nicht ausreicht. Sowohl die Zuwendung des Stifters an eine unter Lebenden errichtete Stiftung, als auch Zuwendungen dieser Stiftung an Begünstigte können zu einer Anrechnung des Vorempfangs nach § 785 ABGB oder einer Schenkungsanfechtung nach § 951 ABGB, allenfalls auch zu einer Ausfallshaftung der Begünstigten, führen (Welser in Rummel3 § 785 Rz 7).

Keine Anrechnung im vorgenannten Sinn erfolgt, wenn Schenkungen (Stiftungen) früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen – sohin auch Stiftungen – gemacht worden sind, und bei Stiftungen unter Lebenden zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken (§ 785 Abs 3 ABGB). Hierin liegen gewisse Gestaltungsmöglichkeit bei Errichtung der Stiftungserklärung, uzw durch das Vorsehen eines entsprechenden stiftungsurkundlichen Stiftungszwecks und die frühzeitige Vornahme von Vermögenszuwendungen an Stiftungen, um die genannte Zweijahresfrist zu überschreiten (zu dieser Schauer in NZ 1993, 251).

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Dorian Schmelz Rechtsanwaltsanwärter bei TONNINGER I SCHERMAIER I MAIERHOFER & PARTNER RECHTSANWÄLTE (http://www.tsm-law.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Mergers & Acquisitions, Schadenersatz- und Gewährleistungsrecht sowie Vertragsrecht.