Dokument-ID: 442098

WEKA (gau) | News | 30.07.2012

Die Vorgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Verwaltungsstrafrecht)

Bei einer Vorgesellschaft im Gründungsstadium handelt es sich um eine GesbR. Die Vorrangstellung unter Gesellschaftern ist nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen, die bloße Bezeichnung als „Chef“ reicht dazu nicht aus.

Geschäftszahl

VwGH 28. Feburar 2012, 2009/09/0211

Norm

§ 9 VStG; § 2 Abs 4 AuslBG; § 2 Abs 2 lit a und b AuslBG

Leitsatz

Quintessenz

Bei einer Vorgesellschaft im Gründungsstadium handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Vorrangstellung unter Gesellschaftern ist nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen, die bloße Bezeichnung als „Chef“ reicht dazu nicht aus.

VwGH: Eine sich im Gründungsstadium befindliche „Vorgesellschaft” (hier: einer OG) ist bis zur Eintragung im Firmenbuch in ihrer Rechtsform eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gesellschaften bürgerlichen Rechts können nicht als juristische Personen angesehen werden und sind auch keine Personengesellschaften des Handelsrechts. Der zur Vertretung nach außen Berufene kann daher nicht gemäß § 9 VStG bestraft werden.

Eine Vorrangstellung unter den Gesellschaftern kann ohne weiteres eine Bestrafung als Beschäftiger nach dem AuslBG nicht begründen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach § 2 Abs 4 AuslBG und damit nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs 2 lit a und b AuslBG ist ua, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden vom Beschäftiger ausgeübt wird. Es handelt sich um einen Beschäftiger, wenn dieser gegenüber dem Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlich Beschäftigten Aufträge erteilt, Arbeitsmittel zu Verfügung stellt beziehungsweise eine Dienst- und Fachaufsicht im Sinne einer organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in seinen Betrieb ausübt. Dieser zieht ebenfalls in der Regel Nutzen aus dem Ergebnis der Arbeitsleistungen.

Die bloße Bezeichnung als „Chef“ durch Mitgesellschafter, genügt für sich allein nicht, um ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem derart Bezeichneten und den übrigen Gesellschaftern anzunehmen.

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