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Stefan Schermaier - Florian Schönberg | News | 23.11.2018

Digitalgründungen von GmbHs mit dem Notar

Die Gastautoren Dr. Stefan Schermaier und Mag. Florian Schönberg berichten über die Änderungen, die sich durch das Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz ergeben, das mit 01.01.2019 in Kraft treten wird.

Im Newsletter März haben die Autoren zuletzt von der vereinfachten Gründung von GmbHs gemäß § 9a GmbHG berichtet. Diese Form der Gründung („Digitalgründung von GmbHs ohne Notar“) findet nur dann Anwendung, wenn die Gesellschaft mit Erklärung durch eine einzige Person errichtet wird und diese Person auch einziger Geschäftsführer der Gesellschaft ist. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den nunmehr in Kraft tretenden gesetzlichen Änderungen für die „Digitalgründung von GmbHs mit dem Notar“, welche ein wesentlich breiteres Anwendungsfeld finden wird. Über den Gesetzesentwurf haben bereits im Juni-Newsletter Dr. Michael Zwirchmayr und Mag. Georg Streit berichtet.

1. Gesetzliche Grundlagen und Inkrafttreten

Mit dem Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz (im Folgenden kurz „ENG“), welches am 25.10.2018 im Bundesgesetzblatt verlautbart wurde und mit 01.01.2019 in Kraft tritt, wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die „Digitalgründung von GmbHs mit dem Notar“ geschaffen. Das ENG sieht Änderung des GmbH-Gesetzes (GmbHG) und der Notariatsordnung (NO) vor. 

2. Ausgangssituation und Ziele

Gemäß § 4 Absatz 3 GmbHG ist Voraussetzung für die Gründung einer GmbH der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags in Form eines Notariatsakts. Bisher war es erforderlich, dass sämtliche Gesellschafter der neu zu gründenden GmbH gleichzeitig und persönlich (sofern keine entsprechende Spezialvollmacht lautend auf einen Dritten vorliegt) vor einem Notar erscheinen, um den Notariatsakt zu errichten. In der Praxis bereitete dies allerdings oft Schwierigkeiten, weil es bei einer großen Anzahl an Gesellschaftern einerseits schwierig ist, einen gemeinsamen Termin mit dem Notar zu finden, und andererseits hohe Kosten für einzelne Gesellschafter entstehen, die lediglich für die Errichtung des Notariatsakts anreisen müssen.

Mit den nunmehr in Kraft tretenden Änderungen soll der Weiterentwicklung von Kommunikationsmitteln in den letzten Jahren Rechnung getragen werden. Das ENG sieht vor, dass der Gesellschaftsvertrag einer GmbH bei Vorliegen bestimmter technischer Voraussetzungen auch in Form eines „elektronischen Notariatsakts“ unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (mittels der die Gründungsgesellschafter zugeschaltet sind) errichtet werden kann. Da auch die Anmeldung der Gesellschaft zum Firmenbuch von sämtlichen Geschäftsführern beglaubigt, sohin persönlich (aber nicht zwingend gleichzeitig) vor einem Notar unterzeichnet werden muss, wird im ENG auch diesem Umstand Rechnung getragen und können Beglaubigungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der digitalen GmbH-Gründung stehen, ebenfalls unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit erfolgen (sog „elektronische Beglaubigung“).

3. Umsetzung

Wie bereits einleitend festgehalten, erfolgt die Umsetzung des ENG im GmbHG und der NO. Das GmbHG erfährt hierbei inhaltlich lediglich eine geringfügige Anpassung. Konkret wird § 4 Abs 3 1. Satz dahingehend geändert, dass der für Gründung erforderliche Notariatsakt, auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b NO) errichtet werden kann.

Wesentlich umfassendere Änderungen bedurfte es in der NO. Zentrale Norm ist der neu geschaffene § 69b NO, welcher es durch seinen Abs 1 bei Vorliegen entsprechender gesetzlicher Vorschriften ermöglicht, dass ein Notariatsakt nach Maßgabe der verfügbaren technischen Voraussetzungen auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit errichtet werden kann. Für die Errichtung des elektronischen Notariatsaktes wird auf die übrigen Bestimmung der NO und den sich dafür ergebenden Abweichungen aus § 69b Abs 2 bis Abs 4 NO verwiesen.

§ 69b Abs 2 NO regelt die Identitätsfeststellung und Prüfung der Parteien. Diese muss entweder durch einen Lichtbildausweis im Rahmen eines videogestützten elektronischen Verfahrens oder durch einen elektronischen Ausweis erfolgen. Darüber hinaus enthält diese Bestimmung eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ). Durch entsprechende Verordnungen soll insbesondere festgelegt werden (i) welche Maßnahmen zum Ausgleich des potenziell bestehenden erhöhten Risikos der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung erforderlich sind, (ii) unter welchen Voraussetzungen sich der Notar für eine Identitätsfeststellung und -prüfung eines Dienstleisters bedienen kann und (iii) welche Anforderungen an die Datensicherheit, an die Fälschungssicherheit und an die Verlässlichkeit der Personen, die den Identifikationsvorgang konkret durchführen, erfüllt sein müssen. Die näheren technischen Voraussetzungen für das Verfahren zur Errichtung eines elektronischen Notariatsakts sind in Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer zu regeln. Bislang liegen weder Ausführungsverordnungen des BMVRDJ noch entsprechende Richtlinien der Notariatskammer vor.

In § 69b Abs 3 NO wird klargestellt, dass alle Parteien ununterbrochen entweder physisch vor dem Notar anwesend oder mit dem Notar und den anderen Parteien unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung in Echtzeit verbunden sein müssen. Vom Erfordernis, dass sämtliche Parteien zumindest einen gemeinsamen Termin zur Errichtung des Notariatsakts finden, kann daher auch bei Errichtung eines elektronischen Notariatsakts nicht abgewichen werden.

Schließlich wird in Abs 4 des § 69b NO noch normiert, dass eine unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit verbundene Partei ihre elektronische Signatur dem Notariatsakt zeitlich vor einer allenfalls physisch vor dem Notar anwesenden Partei beizufügen hat. Weiters wird der Notar darin verpflichtet, im Notariatsakt anzuführen, dass der Notariatsakt unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung zustande gekommen ist.

Um auch dem Erfordernis der Schaffung einer elektronische Beglaubigung für die Unterfertigung der Anmeldung der Gesellschaft zum Firmenbuch Rechnung zu tragen, wurde § 79 NO ein Abs 9 angefügt, welcher elektronische Beglaubigungen von Unterschriften ermöglicht, sofern diese in unmittelbarem Zusammenhang mit Rechtsgeschäften stehen, welche durch Errichtung eines elektronischen Notariatsakts zustande kommen. Darunter fallen bei der Gründung einer GmbH einerseits – wie bereits erwähnt – die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch, die Musterfirmazeichnung(en) des/der Geschäftsführer sowie der/die Gesellschafterbeschlüsse zur Bestellung von Geschäftsführer/n und/oder Mitgliedern des Aufsichtsrats. Das Verfahren bei der Identitätsfeststellung entspricht jenem in § 69b NO und muss auch bei der elektronischen Beglaubigung der Notar mit der Partei vor und während ihrer Unterschrifts- oder Signaturleistung unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung ununterbrochen verbunden sein.

4. Fazit

Im Hinblick auf das Verfahren kann aus Sicht der Praxis durch die digitale Gründung mit dem Notar und der Möglichkeit der Errichtung eines elektronischen Notariatsakts sowie einer elektronischen Beglaubigung jedenfalls eine Erleichterung gesehen werden. Ob jedoch auch im Hinblick auf ergänzend notwendige Begleitmaßnahmen und die technischen Erfordernisse Vorteile gegenüber der Errichtung eines Notariatsakts wie bisher bestehen, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Hierfür ist abzuwarten, wie und in welcher Weise der BMVRDJ von der ihm eingeräumten umfassenden Verordnungsermächtigungen Gebrauch macht und welche Richtlinien die Notariatskammer erlassen wird. Insbesondere die noch zu definierenden technischen Voraussetzungen für die Kommunikation zwischen der Partei und dem Notar werden entscheidend sein, ob die neuen Möglichkeiten tatsächlich zu Vereinfachungen in der Praxis führen bzw ob diese zweckmäßig sind und somit angenommen werden.

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Florian Schönberg Rechtsanwalt bei TONNINGER | SCHERMAIER & Partner Rechtsanwälte (http://www.ts.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vertragsrecht.