Dokument-ID: 271029

Lukas Schenk - Florian Linder | News | 26.05.2011

Dr. Lukas Schenk / Dr. Florian Linder: Die neue Ärzte-GmbH

Die Autoren erläutern in ihrem Beitrag, welche Neuerungen sich durch das Inkrafttreten der neuen Ärztegesetz-Novelle für Ärzte ergeben, die sich in einer Gruppenpraxis zusammenschließen wollen.

Mit der 14. Ärztegesetz-Novelle (In-Kraft-Treten 19.08.2010) wurde für Ärzte die rechtliche Grundlage für die Errichtung einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer GmbH geschaffen („Ärzte-GmbH“). Bislang konnten Gruppenpraxen nur in der Rechtsform der Offenen Gesellschaft errichtet werden.

Mit der Ärzte-GmbH soll die Möglichkeit geschaffen werden, sowohl fachgleich als auch fächerübergreifend gemeinsam Leistungen zu erbringen. Dies kann (und soll) zu neuen Formen ambulanter Versorgung in letztlich größeren Einheiten bzw Strukturen führen. Unter diesem Blickwinkel birgt insbesondere die Abgrenzung zu selbständigen Ambulatorien - die in der Novelle mehrfach angesprochen wird - eine gewisse Brisanz. So darf eine Gruppenpraxis insbesondere keine Organisationsdichte und -struktur eines selbstständigen Ambulatoriums aufweisen.

§ 52c ÄrzteG sieht ein besonderes (öffentlich-rechtliches) Zulassungsverfahren mit Bedarfsprüfung vor (wobei hier weitreichende Ausnahmen bestehen).

Neben den öffentlich- und berufsrechtlichen Bestimmungen gilt für die Ärzte-GmbH eine Reihe von gesellschaftsrechtlichen Sondervorschriften, die bei der Gründung, aber auch in weiterer Folge, zu beachten sind. Einzelheiten sind hier teilweise noch unklar.

  • Die Firma der Ärzte-GmbH muss den Namen eines Gesellschafters und die in der Gruppenpraxis vertretene Fachrichtung enthalten (z.B. NN Röntgen GmbH).
  • Ärzte-GmbHs müssen uE mindestens zwei Gesellschafter haben (arg.: „die Zusammenarbeit von Ärzten“). Eine Ein-Mann-Gründung ist daher nicht möglich. Folglich wäre uE auch die Übertragung von Geschäftsanteilen auf einen verbleibenden Gesellschafter unzulässig.
  • Der Gruppenpraxis dürfen als Gesellschafter nur zur selbstständigen ärztlichen Berufsausübung berechtigte Ärzte angehören. Die „Hereinnahme“ von Familienangehörigen oder von Investoren (die nicht zur selbstständigen Berufsübung berechtigte Ärzte sind) ist demnach nicht möglich. Die gilt wohl auch für Unterbeteiligungen (§ 52a Abs 3 Z 3 ÄrzteG). Nicht vorgesehen sind ferner „gemischte“ Gruppenpraxen mit Ärzten und Zahnärzten.
  • Jeder Gesellschafter ist maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung in der Ärzte-GmbH verpflichtet (§ 52a Abs 3 Z 6 ÄrzteG). Demnach scheidet eine reine Kapitalbeteiligung eines berufsberechtigten Arztes (der an sich Gesellschafter sein kann) aus. Jeder Gesellschafter muss den Schwerpunkt seiner ärztlichen Berufsausübung in der Gruppenpraxis entfalten.
  • Die Berufsausübung der Gesellschafter darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Generalversammlung gebunden werden.
  • Im Gesellschaftsvertrag ist zu bestimmen, ob und welche Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt sind. Der Geschäftsführer muss daher im Gesellschaftsvertrag (zumindest) „bestimmt“ werden. Ob auch eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag erfolgen muss oder ein (gesonderter) Gesellschafterbeschluss ausreicht, ist fraglich. Diese Frage stellt sich naturgemäß auch bei der (Neu-)Bestellung von Geschäftsführern.
  • Abweichend von den Vertretungsregeln des GmbHG ist jeder Gesellschafter zum Abschluss von Behandlungsverträgen berechtigt, also auch dann, wenn er nicht Geschäftsführer der Ärzte-GmbH ist.
  • Der Gesellschaftsvertrag muss entsprechende Regelungen enthalten, die die Gesellschafter zur Einhaltung der Bestimmungen des ÄrzteG verpflichten. Insbesondere müssen die Gesellschafter zur Einhaltung der Meldepflicht nach § 29 Abs 1 Z 7 ÄrzteG über die Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Gruppenpraxen sowie den Beginn und das Ende der Beteiligung an solchen verpflichtet werden.
  • Die Ärzte-GmbH bedarf einer zwingenden Berufshaftpflichtversicherung. Besteht die Versicherung nicht oder nicht im vorgeschriebenen Umfang, haften die Gesellschafter verschuldensunabhängig in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes. Hier kommt es also zu einem Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter.

Spannend wird in der Praxis die Frage sein, inwieweit die Firmenbuchgerichte im Rahmen ihrer materiellen Prüfpflicht die Einhaltung der oben genannten Vorschriften bei der Gründung der Ärzte-GmbH zu prüfen haben. Die Zulassung als Gruppenpraxis selbst ist wohl nicht Eintragungsvoraussetzung, zumal die Gruppenpraxis gemäß § 52c ÄrzteG auf Antrag einer Gesellschaft oder Vorgesellschaft zuzulassen ist. Die Antragstellung setzt also eine bereits eingetragene Ärzte-GmbH voraus (sofern die Antragstellung nicht durch die Vorgesellschaft erfolgt). Hingegen darf die ärztliche Tätigkeit im Rahmen der Gruppenpraxis erst nach der Zulassung ausgeübt werden.

Autoren:

Dr. Lukas Schenk:

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmenstransaktionen, Gesellschaftsrecht und Gesellschafterausschluss, Umstrukturierungen, Vergabe- sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at

MMag. Dr. Florian Linder:

MMag. Dr. Florian Linder ist Rechtsanwaltsanwärter bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er ist als Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig sowie ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Dr. Florian Linder war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmensrecht, Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht, allgemeines Zivil- und Vertragsrecht sowie Litigation.

Florian.linder@vbsn.at

(06.08.2010)