Dokument-ID: 584701

Iman Torabia | News | 09.06.2013

Dritthaftung des Abschlussprüfers und Verjährung iSd § 275 Abs 5 UGB bei Vorsatz

Die fünfjährige Frist stellt eine gegenüber der allgemeinen kurzen subjektiven Verjährungsfrist verlängerte Frist dar. Sie ist eine Konsequenz der ausdrücklichen und unmissverständlichen gesetzlichen Regelung des § 275 Abs 5 UGB.

Geschäftszahl

OGH 21.02.2013, 2 Ob 241/12y

Norm

§ 275 Abs 5 UGB, § 1498 ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Die fünfjährige Frist stellt eine gegenüber der allgemeinen kurzen subjektiven Verjährungsfrist verlängerte Frist dar. Sie ist eine Konsequenz der ausdrücklichen und unmissverständlichen gesetzlichen Regelung des § 275 Abs 5 UGB. Da ein Dritter verjährungsrechtlich nicht anders zu behandeln ist als die geprüfte Gesellschaft, hat dies auch im Fall der Dritthaftung eines vorsätzlich handelnden Abschlussprüfers zu gelten.

OGH: In der Entscheidung zu 3 Ob 230/12p gelangte der OGH zu dem Ergebnis, dass „für im Rahmen der Tätigkeit als Abschlussprüfer begründete Schadenersatzansprüche die verjährungsrechtliche Spezialnorm des § 275 Abs 5 UGB anzuwenden ist, die nicht nur gegenüber der geprüften Gesellschaft, sondern auch gegenüber Dritten gilt und je nachdem, ob den Schadenersatzansprüchen fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten zugrunde liegt, als objektive oder subjektive fünfjährige Frist ausgestaltet ist“.

Bei dem Vertrag zwischen Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft handelt es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter, nämlich aller potentiellen Gläubiger der Gesellschaft, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden sollen.

Die Bestimmung des § 275 Abs 5 UGB, welche eine fünfjährige Verjährungsfrist festlegt, stellt eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB dar, die als objektive, von der Kenntnis des Schadens und des Schädigers unabhängige Frist nicht nur die kurze, sondern auch die lange Frist des § 1489 Satz 2 erste Variante ABGB verdrängt. Sie gilt auch für die Dritthaftung des Abschlussprüfers. Im Hinblick auf die Verjährung der Haftung des Abschlussprüfers und eines vorgeworfenen (grob) fahrlässigen Fehlverhaltens des Abschlussprüfers zugrunde hat es bei der bisherigen Auslegung des § 275 Abs 5 UGB zu bleiben. Dessen Beurteilung als lex specialis entspricht dem Zweck der Regelung, nämlich primär, dass das hohe Haftungsrisiko versicherbar sein soll. Berücksichtigt wird hierbei sachgerecht das Bedürfnis nach Sicherheit und Rechtsfrieden. Der Dritte soll verjährungsrechtlich nicht anders behandelt werden, als die geprüfte Gesellschaft selbst.

Hingegen ist zu beachten ist, dass bei vorsätzlicher Schadenszufügung anderes zu gelten hat. Der Zweck der Regelung des § 275 UGB, nur den fahrlässig schädigenden Abschlussprüfer bei der Haftung dafür aus sachlichen Gründen zu privilegieren, erfordert eine Auslegung, die sich für den Beginn der einheitlich im § 275 Abs 5 UGB festgesetzten Verjährungsfrist von fünf Jahren im Fall einer vorsätzlichen Pflichtverletzung durch einen Abschlussprüfer an der allgemeinen Regel für Schadenersatzansprüche nach § 1489 ABGB orientiert. Danach ist der Lauf der Verjährung (auch) bei „einfachem“ Vorsatz (der also den Anforderungen des § 1489 Satz 2 zweite Variante ABGB nicht entspricht) von der Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger abhängig. Das bedeutet, dass bei vorsätzlicher Pflichtverletzung des Abschlussprüfers der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist daher nicht mit Entstehung des Schadens, sondern erst mit Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger anzusetzen ist. So kann eine unsachliche Privilegierung vorsätzlich handelnden Abschlussprüfers vermieden und zum Verjährungsbeginn eine Harmonisierung mit allgemeinen Grundsätzen erreicht werden. Konsequenz der ausdrücklichen und unmissverständlichen gesetzlichen Regelung des § 275 Abs 5 UGB ist die verlängerte, konkret die fünfjährige Frist. Dies hat auch im Fall der Dritthaftung eines vorsätzlich handelnden Abschlussprüfers zu gelten, zumal ein Dritter verjährungsrechtlich nicht anders zu behandeln ist als die geprüfte Gesellschaft.

Den soeben angeführten Argumenten der Entscheidung des OGH zu 3 Ob 230/12p ist auch im vorliegenden Fall beizupflichten. In casu hat der Kläger das Tatsachenvorbringen erstattet, dem sich der Vorwurf vorsätzlichen Fehlverhaltens der beklagten Partei entnehmen lässt. Somit erweist sich die Annahme der Vorinstanzen, der auf vorsätzliche Pflichtverletzung gestützte Schadenersatzanspruch des Klägers nach § 275 UGB gegen die beklagte Partei als Abschlussprüferin sei bereits verjährt, als unzutreffend. Da die Prüfung der Berechtigung der erhobenen Vorwürfe notwendig ist, ist eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung unumgänglich.

Aus den schon in der Entscheidung zu 3 Ob 230/12p genannten Gründen ist auf die in der Revision erstmals relevierten weiteren Anspruchsgrundlagen nicht näher einzugehen. Die auch in casu geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel zur Behauptung, der Kläger hätte bei ordnungsgemäßer Versagung oder Einschränkung eines Bestätigungsvermerks die gekauften Genussscheine schadensfrei verkaufen können, liegen mangels Schlüssigkeit dieses Vorbringens ebenso wie dort nicht vor. Überdies fehlt es auch im gegenständlichen Rechtsmittel an einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge zur Rechtsansicht der Vorinstanzen, mit der diese einen Schadenersatzanspruch des Klägers aus dem Titel der Prospekthaftung infolge Versäumung der (früher) fünfjährigen Frist des § 11 Abs 7 KMG idF BGBl 1994/210 verneinten.

Nach § 275 sind auf Ansprüche gegen den Wirtschaftstreuhänder als Jahresabschlussprüfer die von der beklagten Partei ins Treffen geführten verkürzten Verjährungsfristen des § 8 Abs 4 der mit ihren Auftraggebern vereinbarten Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhandberufe 2000 (AAB 2000) UGB nicht anzuwenden. Auf die ebenfalls angesprochenen AAB 2006 kommt es mangels Geltung im relevanten Zeitraum nicht an.

Das als Hauptbegehren formulierte Geldleistungsbegehren ist nicht zu beanstanden. Der Kläger behauptet - von der beklagten Partei unwidersprochen - nicht nur die ursprüngliche, sondern (erkennbar) auch die nunmehrige Wertlosigkeit der erworbenen Genussscheine. Es ist somit von der endgültigen Wertlosigkeit der Anlage auszugehen, sodass ein Verkauf des Produkts zur Ermittlung des Differenzschadens weder möglich noch erforderlich ist.

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