10.03.2022 | Gesellschaftsrecht | ID: 1111527

Due Diligence-Prüfung: Haftung des Wirtschaftsprüfers bei beabsichtigtem Unternehmenskauf?

Eva-Maria Hintringer

Für Wirtschaftsprüfer gilt der erhöhte Sorgfaltsmaßstab eines Sachverständigen gemäß § 1299 ABGB. Kann er für Schäden aus missverständlichen, fehlerhaften Formulierungen im Rahmen eines Due Diligence-Prüfberichts haftbar gemacht werden?

Geschäftszahl

OGH 12.10.2021.2020, 1 Ob 156/21d

Norm

§ 1299 ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Für Wirtschaftsprüfer gilt der erhöhte Sorgfaltsmaßstab eines Sachverständigen gemäß § 1299 ABGB. Im Rahmen eines Due Diligence-Prüfberichts haftet er als Prüfer für Schäden aus missverständlichen, fehlerhaften Formulierungen, wenn ein redlicher Empfänger die Ausführungen im Bericht falsch verstehen konnte. Es sind somit Formulierungen geschuldet, die für eine durchschnittliche Person in der Position des Auftraggebers verständlich sind.

OGH: Wirtschaftsprüfer sind Sachverständige im Sinne des § 1299 ABGB und unterliegen somit einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab. Den Wirtschaftsprüfer treffen für seinen Mandanten Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflichten. Um die Auskunfts- und Fürsorgepflicht aber nicht zu überspannen, können von ihm nur jener Fleiß und jene Kenntnisse verlangt werden, über die seine Fachgenossen üblicherweise verfügen. Die Auskunfts- und Fürsorgepflicht reicht nur so weit, als für den Wirtschaftsprüfer als Berater bei gewöhnlichem Lauf der Dinge der Eintritt eines Schadens bei seinem Mandanten aus einem Fehlverhalten vorhersehbar ist. Bei der Beurteilung dieses Sorgfaltsmaßstabs sind der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich.

Als Due Diligence wird allgemein eine detaillierte Untersuchung mit gebotener Sorgfalt insbesondere bei Kauf/Verkauf eines Unternehmens bezeichnet, um die damit verbundenen Risiken zu beschränken. Eine Due Diligence ist eine systematische Analyse von quantitativen Daten und qualitativen Informationen des Zielunternehmens, um darüber ein aussagefähiges Gesamtbild zu erhalten.

Der Due Diligence-Prüfungsvertrag ist regelmäßig ein zweiseitiger synallagmatischer Beratungsvertrag. Die Hauptleistungspflichten des Beraters bestehen in der Prüfung und Berichterstattung in Bezug auf den Kaufgegenstand, jene des Auftraggebers in der Pflicht zur Entgeltzahlung. Die Nebenpflichten des Beraters betreffen vor allem die gebotene Aufklärung.

Der Due Diligence-Prüfungsvertrag ist als gemischter Vertrag mit Elementen des Werk- und des freien Dienstvertrags anzusehen. Auf die Hauptleistung „Prüfung“ ist freies Dienstvertragsrecht und auf die Hauptleistung „Berichterstattung“ Werkvertragsrecht anzuwenden. Gerade der Due Diligence-Report ist als Werkvertrag zu qualifizieren, weil es sich dabei um die Erstattung eines Gutachtens über die im Zuge der Prüfung festgestellten Risiken handelt.

Bereits im Rahmen der Prüfungstätigkeit ist der Due Diligence-Prüfer im Sinne seiner Treuepflicht in zumutbarem Umfang verpflichtet, alle Umstände und Gegebenheiten zu überprüfen, von denen er entsprechend § 1299 ABGB annehmen muss, dass sie für den Erwerb der Zielgesellschaft in seinem Fachbereich wesentlich und zur Einschätzung der mit dem Erwerb verbundenen Risiken erforderlich sind. Bezüglich des Due Diligence-Berichts haftet der Prüfer für Schäden aus fehlerhaften Formulierungen, wenn er den Bericht grob missverständlich formuliert und ein redlicher Empfänger die Ausführungen im Bericht falsch verstehen konnte. Der Due Diligence-Prüfer schuldet somit Ausführungen, die für eine durchschnittliche Person in der Position seines Vertragspartners verständlich sind. Werden Risikohinweise im Bericht unterlassen, sind sie vom durchschnittlichen Empfänger regelmäßig so zu verstehen, dass in diesem Bereich keine über offenkundige Alltagsrisiken hinausgehenden (konkreten) Risiken bestehen.

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