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WEKA (mpe) | News | 15.04.2014

Einbringung aller Genossenschaftsanteile in GmbH als letzten Gesellschafter (§ 142 UGB analog?)

Im Falle der Einbringung aller Genossenschaftsanteile in eine GmbH als letzte Gesellschafterin kommt es aufgrund des Fehlens einer planwidrigen Unvollständigkeit zu keiner analogen Anwendung des § 142 UGB.

Geschäftszahl

OGH 16.12.2013, 6 Ob 160/13t

Norm

§ 142 UGB

Leitsatz

Quintessenz

Im Falle der Einbringung aller Genossenschaftsanteile in eine GmbH als letzte Gesellschafterin kommt es aufgrund des Fehlens einer planwidrigen Unvollständigkeit zu keiner analogen Anwendung des § 142 UGB.

OGH: Zur Frage, ob bei der Einbringung aller Genossenschaftsanteile in den letzten verbleibenden und als Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierten Genossenschafter eine Gesamtrechtsnachfolge analog § 142 UGB eintrete und die Genossenschaft ohne Liquidation zu löschen sei, hat der OGH zunächst festgehalten, dass der Einbringungsvorgang nach § 12 UmgrStG, außer in den ausdrücklich normierten Fällen, nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge führt.

Im Genossenschaftsgesetz ist nicht ausdrücklich normiert, dass bei Wegfall der Personenmehrheit das gesetzlich geregelte Liquidationsverfahren durchzuführen ist.

Daher ist zu untersuchen, ob Wertungen und Zweck des § 142 UGB in der Gesamtschau der übrigen Umgründungsbestimmungen das Fehlen eines Pendants zu § 142 UGB im Genossenschaftsrecht eine planwidrige Unvollständigkeit, also eine Gesetzeslücke, darstellt, welche eine analoge Anwendung rechtfertigen würde.

Nach herrschender Auffassung führt die Anteilsvereinigung in einer Hand zur automatischen Auflösung der Genossenschaft und begründet ua keine Pflicht, einen Auflösungsbeschluss zu fassen (Astl/Pfalz/Steinböck in Dellinger, Genossenschaftsgesetz § 3 Rz 4; Ch. Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 5/162). Hauptargument dafür ist der Genossenschaftszweck, der in der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Genossenschafter besteht und bei einem einzigen verbleibenden Gesellschafter nicht mehr erreicht werden kann.

Anhand der Entwicklung des Gesellschafts-(umgründungs-)rechts lässt sich das Fehlen von Vorschriften zum Unternehmensübergang einer Genossenschaft auf den letzten Genossenschafter konstatieren, welches aus bewussten Entscheidungen des Gesetzgebers herrührt und nicht auf einer planwidrigen Lücke beruht. Das Umgründungsrecht ist wiederholt novelliert worden, aber Umgründungsvorgänge wurden ganz bewusst nicht in jeder gewünschten Form zugelassen.

Auch sprechen Unterschiede im Haftungsrecht zwischen GmbH und Genossenschaften (eine Liquidation ist bei Genossenschaften zwingend vorgesehen, weil die Genossenschafter nicht für die Schulden der Genossenschaft haften) gegen eine Übertragung des § 142 UGB auf das Genossenschaftsrecht.

Für den OGH überwiegen daher im Ergebnis die Argumente gegen das Vorliegen einer Gesetzeslücke und eine analoge Anwendung des § 142 UGB ist nicht vorzunehmen.

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