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Florian Linder - Lukas Schenk | News | 07.11.2011

Einlagenrückgewähr bei Bestellung von Kreditsicherheiten

Die Gastautoren Dr. Lukas Schenk und Dr. Florian Linder gehen in Ihrem Beitrag näher auf das Verbot der Einlagenrückgewähr bei Kreditsicherheiten ein.

Bestellt eine Gesellschaft für den Kredit eines Gesellschafters eine Kreditsicherheit, so ist auf das Verbot der Einlagenrückgewähr zu achten. Die Sicherheitenbestellung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Bei einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr kann die Sicherheitenbestellung gegenüber der Bank unwirksam sein, wenn sie von dem Verstoß wusste oder wissen musste.

Das Verbot der Einlagenrückgewähr gilt bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sowie bei der GmbH & Co KG (OGH 2 Ob 225/07p). Eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter ist (außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen wie beispielsweise der Ausschüttung des Bilanzgewinns) nur dann zulässig, wenn die Gesellschaft eine adäquate Gegenleistung erhält. Selbst bei objektiver Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung liegt jedoch keine verbotene Einlagenrückgewähr vor, wenn das Rechtsgeschäft dem so genannten Drittvergleich stand hält (OGH JBl 2006, 388; Bauer/Zehetner in Straube, GmbHG § 82 Rz 61). Zu prüfen ist, ob das Geschäft von einem sorgfältigen Geschäftsleiter auch dann abgeschlossen worden wäre, wenn der Gesellschaft nicht der Gesellschafter, sondern ein außenstehender Dritter gegenüber gestanden wäre (OGH 20.01.2000, 6 Ob 288/99t).

Auch die Bestellung einer Sicherheit der Gesellschaft für einen Kredit des Gesellschafters ist am Maßstab des Verbots der Einlagenrückgewähr zu beurteilen. Für die Zulässigkeit einer solchen Sicherheitenbestellung können folgende Voraussetzungen herausgearbeitet werden:

  • Es bedarf zunächst einer ausreichenden Bonität des Kreditnehmers. Dabei geht es letztlich um die Frage der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs.
  • Die Sicherheitenbestellung muss zu fremdüblichen Konditionen erfolgen, dh es müssen eine angemessene Avalprovision sowie angemessene sonstige Konditionen vereinbart werden.
  • Das Ausmaß der Haftung darf im Fall der Uneinbringlichkeit des Regressanspruchs jedenfalls voraussichtlich nicht zu einer Existenzgefährdung der Gesellschaft führen.

Selbst bei Vorliegen einer objektiven Inäquivalenz – zB keine angemessene Avalprovision – kann die Sicherheitenbestellung bei Vorliegen einer betrieblichen Rechtfertigung zulässig sein. Der OGH hat eine betriebliche Rechtfertigung etwa bei einer engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zum wirtschaftlichen Vorteil der Gesellschaft angesprochen (OGH 01.12.2005, 6 Ob 271/05d). Ein bloß (allgemeines) Konzerninteresse reicht für die Zulässigkeit der Sicherheitenbestellung jedenfalls nicht aus. Die betriebliche Rechtfertigung muss vielmehr aus der Sicht der Gesellschaft beurteilt werden, die die Sicherheit bestellt.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, stellt sich die Frage welche Auswirkungen der Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gegenüber der besicherten Bank, dh auf die Sicherheitenbestellung selbst hat. In der Entscheidung „Fehringer“ aus 1996 bejahte der OGH noch die Nichtigkeit der bestellten Sicherheiten bei grober Fahrlässigkeit der Bank, wobei dieser auch Nachforschungspflichten auferlegt wurden (4 Ob 2078/90h). So musste nach dieser Rechtsprechung die Bank beispielweise prüfen, ob eine ausreichende Avalprovision vereinbart wurde. In der jüngsten Rechtsprechung wurde dies jedoch relativiert. In der Entscheidung vom 01.12.2005, 6 Ob 271/05d hat der OGH ausgeführt, dass eine allgemeine Erkundigungs- und Prüfpflicht der Bank schon aufgrund der Komplexität des Fremdvergleichs nicht besteht. Eine Erkundigungspflicht der Bank (z.B. hinsichtlich der Avalprovision) besteht nur dann, wenn der Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr naheliegend ist (sich „geradezu aufdrängt“). Es muss also ein ins Auge springender Verdacht vorliegen.

In der Entscheidung vom 29.09.2010, 7 Ob 35/10p hat der OGH diese Rechtsprechung weiter konkretisiert. Der OGH bejahte eine Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung jedenfalls bei Unterlassen naheliegender Nachforschungen. Die Besonderheit dieses Sachverhalts war, dass die Sicherheiten nicht für den Gesellschafter, sondern für dem Hauptgesellschafter nahestehende Dritte gewährt wurden. Bei den Dritten handelte es sich um Gesellschaften, an denen der Hauptgesellschafter mehrheitlich beteiligt war. Der OGH stellte die Leistung an die Dritten einer Leistung an den Gesellschafter gleich. Dabei berücksichtigte das Höchstgericht auch, dass die Sicherheiten auf Veranlassung des Hauptgesellschafters bestellt wurden. Eine objektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung lag nicht vor, weil die Gesellschaft überhaupt keinen Vorteil aus der Risikoübernahme zugunsten ihres Hauptgesellschafters hatte.

Der OGH subsumierte diese Konstellation unter das Verbot der Einlagenrückgewähr. Die Bank hätte nach Ansicht des Höchstgerichts erkennen müssen, dass Kredite besichert wurden, die dem Hauptgesellschafter nahestehenden Dritten gewährt wurden, obwohl diese Dritten zur Gesellschaft keine Geschäftsbeziehungen unterhielten. Die Bank hätte erkennen müssen, dass die Gesellschaft ausschließlich im vorrangigen Interesse ihres Hauptgesellschafters handelte. In dieser hochverdächtigen Konstellation muss die Bank das Vorliegen einer betrieblichen Rechtfertigung der Bürgschaftsübernahmen durch die Gesellschaft hinterfragen und die gebotenen Nachforschungen anstellen.

Autoren

Dr. Lukas Schenk:

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmenstransaktionen, Gesellschaftsrecht und Gesellschafterausschluss, Umstrukturierungen, Vergabe- sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at

MMag. Dr. Florian Linder:

MMag. Dr. Florian Linder ist Rechtsanwalt bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er ist als Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig sowie ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Dr. Florian Linder war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmensrecht, Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht, allgemeines Zivil- und Vertragsrecht sowie Litigation.

Florian.linder@vbsn.at