Dokument-ID: 993080

WEKA (epu) | News | 22.05.2018

Erfordert der Abschluss einer D&O-Versicherung eine gerichtliche Genehmigung?

Ob der Abschluss einer D&O-Versicherung für den Vorstand einer Privatstiftung einer gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist davon abhängig, ob die Prämientragung durch die Privatstiftung als Teilentgelt der Vorstandsmitglieder angesehen wird.

Geschäftszahl

6 Ob 35/18t; OGH; 28. Februar 2018

Norm

§§ 17 Abs 5, 19 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Ob der Abschluss einer D&O-Versicherung für den Vorstand einer Privatstiftung nach § 17 Abs 5 oder nach § 19 PSG einer gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist davon abhängig, ob die Prämientragung durch die Privatstiftung als Teilentgelt der Vorstandsmitglieder angesehen wird. Die Deutung der Prämientragung durch die Stiftung als Bestandteil der Vergütung der Vorstandsmitglieder ist zutreffend, weshalb § 19 PSG anzuwenden ist.
 
 

OGH: Eine D&O-Versicherung („Directors and Officers“-Versicherung) erfasst Schadenersatzansprüche aus fehlerhaftem Management. Heute üblich ist die so genannte „entity-Deckung“ – eine Gruppenversicherung, bei der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder in ihrer Gesamtheit und unabhängig von der konkreten Organzusammensetzung versichert sind. D&O-Versicherungen sind für Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften mittlerweile üblich und gelten in Bezug auf diese sogar als Teil der notwendigen Infrastruktur für eine wirksame Aufsichtsratstätigkeit. Nach Auffassung von Hochedlinger ist der Abschluss einer D&O-Versicherung auch für den Stiftungsvorstand zu empfehlen, wohingegen Nowotny nach bestehenden Haftungsrisiken und Einbeziehung eines Selbstbehaltes unterscheidet. Trotz ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit birgt diese Versicherungsform die Gefahr eines „moral hazard“, wonach durch die völlige Haftungsübernahme die haftungsrechtlichen Anreize zu sorgfältigem Verhalten wegfallen. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Finanzierung der Versicherung durch die prämienleistende AG.

In concreto hatte der Vorstand einer Privatstiftung die Genehmigung des Abschlusses einer D&O-Versicherung für diese beantragt. Prämienschuldnerin war nach Vertragsgestaltung die Privatstiftung, der bei schuldhaft rechtswidrigem Verhalten des Stiftungsvorstandes jedoch auch schadenersatzrechtliche Zahlungen zustünden. Fraglich war, ob bzw nach welcher Bestimmung dieser Versicherungsabschluss mit Tragung der Prämien durch die Privatstiftung überhaupt gerichtlich genehmigungspflichtig war.

§ 17 Abs 5 PSG normiert für Privatstiftungen ohne Aufsichtsrat das Erfordernis einer Genehmigung für Rechtsgeschäfte, die zwischen der Privatstiftung und einem Mitglied des Stiftungsvorstandes abgeschlossen werden; die Genehmigung muss seitens aller übrigen Mitglieder des Vorstands sowie des Gerichts erfolgen. § 19 PSG, welcher den Mitgliedern des Stiftungsvorstandes eine Vergütung zuspricht, normiert die Bestimmung dieser durch das Gericht, sofern die Stiftungserklärung nichts anderes vorsieht. § 19 PSG stellt im Verhältnis zu § 17 Abs 5 leg cit eine Spezialnorm dar und geht dieser daher vor. Wäre der Abschluss einer D&O-Versicherung von § 17 Abs 5 PSG erfasst, so wäre bei Nichtvorhandensein eines Aufsichtsrats in solchen Fällen immer um Genehmigung des Gerichts anzusuchen, sofern die Privatstiftung nach den Vertragsbedingungen Schuldnerin der Versicherungsprämien ist. Subsumtion unter § 19 PSG hingegen hätte zur Folge, dass eine solche Genehmigung nur benötigt wird, soweit die Stiftungserklärung für die Festsetzung der „Vergütung“ nichts anderes vorsieht.

Die Zuordnung zu einer der genannten gesetzlichen Normen ist von der Deutung der Prämien für die D&O-Versicherung abhängig: Sind diese Entgeltbestandteil, so richtet sich die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 19 PSG.

§ 17 Abs 5 PSG dient der Kontrolle von In-sich-Geschäften und darüber hinaus auch von Rechtsgeschäften, bei denen zwar das betroffene Vorstandsmitglied im eigenen Namen abschließt, die Privatstiftung jedoch von andere Vorstandsmitgliedern vertreten wird. Zur analogen Anwendung der Bestimmung kommt es, wenn die Privatstiftung mit einer Gesellschaft kontrahiert, bei der ein Vorstandsmitglied den einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer darstellt. Ausdehnend anzuwenden ist die Norm weiters, wenn der Geschäftsabschluss zumindest wirtschaftlich einem solchen mit dem Mitglied des Stiftungsvorstands entspricht und dementsprechend eine Interessenkollision zu befürchten ist. Erfasst sind auch alle Konstellationen, in denen ein Vorstandsmitglied aufgrund seiner Stellung ein dem Wohl der Privatstiftung abträgliches Geschäft abschließen könnte.

In der verfahrensgegenständlichen Situation bestand keine persönliche Beteiligung der Vorstandsmitglieder an dem Versicherungsvertrag; dass sie nach konkreter Vertragsgestaltung nicht selbst der Prämienzahlungspflicht unterlagen und dadurch einen Vorteil erhielten, konstituiert noch kein In-sich-Geschäft iSd § 17 Abs 5 PSG. Bei Tätigwerden eines Vorstandsmitglieds im Rahmen seiner Organfunktion ist § 19 PSG anzuwenden; nur Tätigkeiten, die es unabhängig von seiner Organfunktion für die Privatstiftung erledigt, unterfallen möglicherweise § 17 Abs 5 PSG. Schließt das Vorstandsmitglied unabhängig von seiner Funktion mit der Stiftung einen Vertrag über zu erbringende Leistungen ab, so fällt dies als In-sich-Geschäft unter § 17 Abs 5 PSG.

Die Prämientragung durch die Privatstiftung als Bestandteil der Vergütung der Vorstandsmitglieder für ihre Vorstandstätigkeit anzusehen (wobei der Vermögensvorteil in der Ersparnis des Abschlusses einer eigenen Haftpflichtversicherung besteht) überzeugt dabei mehr als die Ansicht, es handle sich um eine bloß indirekte unentgeltliche Vorteilszuwendung, die diesen zum Beteiligten des dann nach § 17 Abs 5 PSG zu genehmigenden Rechtsgeschäft machte.

Die D&O-Versicherung ist daher im Zusammenhang mit der Vergütung des Stiftungsvorstands und als Ausgleich für die Übernahme und Ausübung der Vorstandsfunktion zu verstehen.

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