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Dokument-ID: 623563

Iman Torabia | News | 23.09.2013

Erhebung eines Rechtsmittels durch Organe einer Privatstiftung

Eine Person ist auch dann von den Begünstigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, wenn sie keinen Auftrag (im Sinne der §§ 1002 ff ABGB) erhält.

Geschäftszahl

OGH 08.05.2013, 6Ob42/13i

Norm

§ 1002 ff ABGB; §§ 6, 9, 14, 27 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Eine Person ist auch dann von den Begünstigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, wenn sie keinen Auftrag (im Sinne der §§ 1002 ff ABGB) erhält, sondern vom begünstigten Stifter als Organ, dem nach der (vom Stifter stammenden) Stiftungsurkunde die Wahrnehmung der Interessen des begünstigten Stifters obliegt, bestellt wird. Ein Organ iSd § 14 Abs 2 bis 4 PSG kann auch aus nur einem Mitglied bestehen.

OGH: Die Privatstiftung selbst genießt im Eintragungsverfahren Parteistellung und Rechtsmittellegitimation, weil sie als betroffener Rechtsträger zur Anmeldung ihrer vertretungsbefugten Organe verpflichtet ist.

Zur Vermeidung des bei der Privatstiftung bestehenden Kontrolldefizits sind auch abberufene Vorstandsmitglieder einer Privatstiftung im Verfahren betreffend ihre Löschung auch außerhalb eines Verfahrens nach § 27 Abs 2 PSG rekurslegitimiert sind. Das gilt spiegelbildlich auch für jedes (außerhalb von § 27 Abs 1 PSG) bestellte Vorstandsmitglied einer Privatstiftung, dem die Eintragung verweigert wurde. Im Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels kann dahingestellt bleiben, ob die Bestellung rechtswirksam war, weil im Streit um die Partei- und Prozessfähigkeit der Betreffende als partei- und prozessfähig zu behandeln ist. Dies gilt auch für die Frage des Vorliegens von Vertretungsmacht und in gleicher Weise für die hier Voraussetzung für die Rekurslegitimation bildende Organeigenschaft.

Im Zweifel ist im Sinne des Grundsatzes der „sacherledigungsfreundlichen Auslegung“ davon auszugehen, dass ein Rechtsmittel vom tatsächlich Rechtsmittellegitimierten erhoben wurde. Der Revisionsrekurs ist daher in casu im Zweifel sowohl von den Antragstellern als auch von der Privatstiftung erhoben anzusehen.

Die Stifter können gemäß § 14 Abs 2 PSG weitere Organe zur Wahrung des Stiftungszwecks vorsehen. Kommt einem Organ gemäß Abs 2 das Recht zu, den Stiftungsvorstand oder eines seiner Mitglieder abzuberufen, ist für derartige Entscheidungen eine Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich. Hat das Organ weniger als vier Mitglieder, so ist Stimmeneinhelligkeit erforderlich. Soll in einem solchen Fall der Stiftungsvorstand oder eines seiner Mitglieder aus anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG angeführten Gründen abberufen werden, so darf gemäß § 14 Abs 4 PSG Begünstigten, deren Angehörigen (§ 15 Abs 2) und Personen, die von Begünstigten oder deren Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Organ nach Abs 2 beauftragt wurden, bei dieser Entscheidung insgesamt nicht die Mehrheit der Stimmen zustehen.

Es besteht die Option, dass ein Organ iSd § 14 Abs 2 bis 4 PSG auch aus nur einem Organmitglied besteht, zumal aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung nichts Gegenteiliges abgeleitet werden kann. Zu beachten ist hierbei, dass bei einem eingliedrigen Organ die geforderte Stimmeneinhelligkeit notwendigerweise stets gegeben ist.

Von denjenigen Organen abgesehen, für die das Gesetz eine Mindestanzahl an Mitgliedern vorsieht, gibt es weder im Privatstiftungs- noch im Gesellschaftsrecht eine generelle Norm, die für (sonstige) Organe eine Mindestzahl von Mitgliedern vorschreibt.

In casu ist der Beirat durch die grobe Umschreibung seiner Kompetenzen in § 6a Abs 1 der Stiftungsurkunde noch hinreichend eingerichtet iSd § 9 Abs 2 Z 4 PSG und daher Organ. Dass die Konstituierung des Beirats abgesehen von seiner Regelung in der Stiftungsurkunde auch noch eines Willensakts der Stifterin bedarf, steht der Bejahung der Organqualität des Beirats nicht entgegen.

Von einer Unabhängigkeit des Beirats von der Stifterin und deren Willen und Interessen kann in casu keine Rede sein. Der Beirat, der hier von der Stifterin in der Stiftungsurkunde eingerichtet und durch ihren Beschluss vom 23. September 2012 errichtet wurde, wird nämlich von ihr bestellt und abberufen. Die Stifterin hat sich im Bestellungsbeschluss die Abberufung des Beiratsmitglieds auch vor Ablauf der Funktionsdauer, somit die jederzeitige Abberufung, ohne Einschränkung auf irgendwelche Gründe vorbehalten.

Die Auffassung, die Beauftragung mit den Interessen könne nicht nur durch Auftrag (im Sinne der §§ 1002 ff ABGB), sondern auch durch Bestellung eines Organs, dem nach der (vom Stifter stammenden) Stiftungsurkunde die Wahrnehmung der Interessen des begünstigen Stifters obliegt, findet im Gesetzeswortlaut des § 14 Abs 4 PSG durchaus Deckung.

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