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Dokument-ID: 725630

Michael Petritz - Andreas Kampitsch | News | 13.01.2015

Finanzverwaltung veröffentlicht Information zur Neuregelung der Grunderwerbsteuer

Die Gastautoren MMag. Petritz und Mag. Kampitsch geben in ihrem Beitrag einen guten Überblick über die wesentlichen Aussagen dieser Information (Nachweis des gemeinen Wertes, mehrstufige Übertragungen, Erwerb durch Stiftungen oder Gesellschaften).

Nach vollständiger Aufhebung des § 6 GrEStG, der den Einheitswert als Bemessungsgrundlage für Grunderwerbe ohne Gegenleistung vorsah, durch VfGH 27.11.2012, G 77/12, wurde dem Gesetzgeber durch den VfGH eine Reparaturfrist bis 31.5.2014 eingeräumt. Durch die Neuregelung mit BGBl I 2014/36 wurde ganz grundsätzlich der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage für Grunderwerbe festgelegt. Die Finanzverwaltung hat in einer kürzlich veröffentlichten Information ihre Rechtsansicht zu verschiedenen Aspekten der Neuregelung veröffentlicht, welche nachstehend auszugsweise dargestellt werden soll.

1. Einleitung

Die Aufhebung des § 6 GrEStG durch VfGH 27.11.2012, G 77/12, und die Nichtreparatur des Gesetzes innerhalb der vom VfGH gesetzten Frist hätte dazu geführt, dass hinkünftig jede Übertragung eines Grundstückes ohne Gegenleistung der Grunderwerbsteuer vom gemeinen Wert unterlegen wäre. Der Gesetzgeber hat sich daher kurz vor Ablauf der Reparaturfrist für eine Neuregelung der Grunderwerbsteuer, BGBl I 2014/36, entschieden, welche folgenden Inhalt aufweist:

  • Differenziert wird nunmehr zwischen Erwerben innerhalb eines gesondert definierten Familienverbandes und Erwerben außerhalb dieses Familienverbandes.
  • Erwerbe außerhalb des Familienverbandes werden mit 3,5 % von der Gegenleistung oder dem höheren gemeinen Wert versteuert. Der gemeine Wert bildet hier die Mindestbemessungsgrundlage (zumindest der gemeine Wert muss versteuert werden).
    • Erwerbe innerhalb des begünstigten Familienverbandes werden mit 2 % vom dreifachen Einheitswert oder von 30 % vom nachgewiesenen gemeinen Wert versteuert.

Bestehende Zweifelsfragen betreffend die Neuregelung wurden nunmehr von der Finanzverwaltung in einer im „Frage-Antwort“-Stil gehaltenen Information beantwortet.

2. Wesentliche Aussagen der Information

a. Nachweis des gemeinen Wertes

Da nunmehr der gemeine Wert die Mindestbemessungsgrundlage für Erwerbe zwischen Fremden bildet, war fraglich, ob nunmehr bei jeder Transaktion zwischen Fremden ein Nachweis des gemeinen Wertes beigebracht werden muss oder ob es „Schwankungsbreiten“ gebe, innerhalb derer der Kaufpreis vom gemeinen Wert abweichen dürfe.

Die Finanzverwaltung äußert sich in der Information deutlich dahingehend, dass bei einer Vereinbarung zwischen Fremden der Kaufpreis grundsätzlich dem gemeinen Wert entsprechen wird, sie also wohl davon ausgeht, dass ein (zusätzlicher) Nachweis des gemeinen Wertes nicht zu erfolgen hat (Frage 1.1.2.).

Bei Erwerbsvorgängen im Familienverband, der nicht der Begünstigung unterliegt, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung jedoch ein Fremdvergleich anzustellen, da bei Transaktionen zwischen diesen der Frage der Angemessenheit nicht jene Bedeutung zukommt wie zwischen Fremden (Frage 1.1.4.).

Der Nachweis des gemeinen Wertes kann durch verschiedene Beweismittel, wie zB dem Kaufpreis bei nicht lang zurückliegendem Ankauf oder auch Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften, Immobilienpreisspiegel oder dergleichen glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzgutachten nachgewiesen werden. Für den Fall, dass ein Hypothekarkredit aufgenommen wurde, kann auch der dem Kredit zugrunde gelegte Wert laut Bankenschätzung herangezogen werden. Auch ein früherer Kaufpreis könnte (je nach Lage in der Vergangenheit) hochgerechnet werden (Frage 1.1.3).

Bei Leasingverträgen bzw Immobilienleasingverträgen ist nach Ansicht der Finanzverwaltung ebenso von der Grundregel auszugehen, dass Verträge zwischen Fremden grundsätzlich den gemeinen Wert widerspiegeln. Daher sei davon auszugehen, dass bei Immobilienleasingverträgen zwischen Fremden in Form von Teilamortisationsverträgen, bei denen das Eigentum ertragsteuerlich dem Leasinggeber zuzurechnen ist, der am Ende der Grundmietzeit festgesetzte Kaufpreis dem gemeinen Wert entspricht, wenn er den steuerlichen Restbuchwert nicht unterschreitet. Dies gilt dann nicht, wenn im konkreten Fall der gemeine Wert den steuerlichen Restbuchwert offenkundig überschreitet. (Frage 1.1.10).

Bei Übertragung einer Kaufoption an einem Grundstück unterliegt die Übertragung nur dann der Grunderwerbsteuer, wenn die Option auch ausgeübt wird. Die Übertragung der Option unter Fremden unterliegt nach neuer Rechtslage der Grunderwerbsteuer vom gemeinen Wert des Grundstückes (Frage 1.4). In diesem Zusammenhang interessant ist auch das VwGH-Erkenntnis vom 26.06.2014, 2012/16/0138.

b. Mehrstufige Übertragungen („Kettenverträge“)

Aufgrund der Tatsache, dass Nebenlinien (insb Geschwister) nicht vom begünstigten Familienverband erfasst sind, jedoch Schenkungen von Kindern an die Eltern bzw von den Eltern an die Kinder der Begünstigung unterliegen, könnte es denkbar sein, dass für die Übertragung zwischen Geschwistern eine Konstruktion dergestalt gewählt wird, dass das Grundstück zuerst vom Bruder an die Mutter und von dieser weiter an die Schwester jeweils unentgeltlich übertragen wird. Bei streng formaler Anknüpfung käme es zu einer doppelt begünstigten Besteuerung (vom Bruder an die Mutter und von der Mutter an die Schwester), die Finanzverwaltung geht in der Grunderwerbsteuer-Information jedoch davon aus, dass derartige Gestaltungen, wenn ihre ausschließliche Begründung in der Steuerersparnis liegt, Missbrauch darstellen, somit in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Schenkung zwischen den Geschwistern der Besteuerung zum gemeinen Wert des Grundstücks mit 3,5 % zugrunde zu legen ist. Bei stichhaltigen außersteuerlichen Gründen für die gewählte Konstruktion (zB Weitergabe aufgrund eigener Entscheidung der Mutter zur Vermögensverteilung bei unterschiedlichen erb-/pflichtteils- oder anrechnungsrechtlichen Auswirkungen), sind die einzelnen Stufen der Erwerbe der Besteuerung zu unterziehen (Frage 6.4.).

c. Erwerbe durch/von Privatstiftungen oder Personengesellschaften iSd UGB

Nach Ansicht der Finanzverwaltung können auch Übertragungen von Grundstücken an/von Personengesellschaften (OG, KG), an denen ausschließlich Personen aus dem begünstigten Familienverband beteiligt sind, oder an/von (transparenten) Privatstiftungen, bei denen ertragsteuerlich das Grundstück weiterhin den natürlichen Personen zuzurechnen ist, nicht als begünstigte Erwerbsvorgänge im Familienverband beurteilt werden.

Anders als die Ertragsteuern knüpft die Grunderwerbsteuer im Wesentlichen an zivilrechtliche Vorgänge und nicht an eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Zivilrechtlich ist aber auch in den zuvor geschilderten Fällen die Privatstiftung/Personengesellschaft Eigentümerin des Grundstücks, weder Privatstiftung noch Personengesellschaft sind aber in der Bestimmung des § 7 Abs 1 Z 1 GrEStG zum begünstigten Familienverband genannt, somit ist auch in diesen Fällen die Anwendung der Begünstigung ausgeschlossen (Frage 6.5).

Dasselbe gilt für Anwachsungen von Grundstücken infolge des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters bei Personengesellschaften, selbst wenn es sich bei beiden Gesellschaftern um Mitglieder des begünstigten Familienverbandes handelt, denn auch in diesem Fall erwirbt der letzte Gesellschafter von der Gesellschaft (nicht vom ausscheidenden Gesellschafter) (Frage 6.6.).

Anzumerken ist, dass für unentgeltliche Grundstückswidmungen an Privatstiftungen ab 1.62014 3,5 % Grunderwerbsteuer plus 2,5 % Stiftungseingangssteueräquivalent vom gemeinen Wert erhoben werden, es daher bei solchen Übertragungen zu einer vergleichsweise massiven Steuerbelastung kommt.

3. Weitere behandelte Punkte

Da sich die Grunderwerbsteuer-Information zu wesentlichen Teilen an zur Selbstberechnung befugte Parteienvertreter (Rechtsanwälte, Notare) richtet, beziehen sich große Teile der Information auch auf die Haftung und Verpflichtungen dieser. Breiter Raum wird – verständlicherweise – ebenfalls der Definition des begünstigten Familienverbandes gewidmet. Im Ergebnis sollte die Information den befassten Parteien eine gute Anleitung iZm der Neuregelung der Grunderwerbsteuer bieten.

Autoren

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz, LL.M. ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M. ist als Berufsanwärter bei der KPMG Alpen-Treuhand AG in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Konzernsteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning und die Besteuerung von Kapitalvermögen.