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Dokument-ID: 832134

WEKA (vpa) | News | 18.05.2016

Firmenwertabschreibung beim Anteilskauf auch bei Erwerb ausländischer EU-Beteiligungen

Im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit wird die Formulierung „unbeschränkt steuerpflichtigen“ des § 9 Abs 7 2. Satz KStG 1988 von Art 49 AEUV verdrängt. Daher ist die Firmenwertabschreibung auch in EU-Auslandsfällen zulässig.

Geschäftszahl

2015/15/0001; VwGH; 10.02.2016

Norm

Art 49 AEUV, § 9 Abs 7 KStG 1988

Leitsatz

Quintessenz:

Im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit wird die Formulierung „unbeschränkt steuerpflichtigen“ des § 9 Abs 7 2. Satz KStG 1988 vom ihr widersprechenden unmittelbar anwendbaren Art 49 AEUV verdrängt. Daher ist die Firmenwertabschreibung auch in EU-Auslandsfällen zulässig. Die Firmenwertabschreibung steht unabhängig von der Option nach § 10 Abs 3 Z 1 KStG 1988 (internationale Schachtelbeteiligung) zu. Mangels Selektivität liegt auch keine Beihilfe iSd Art 107 AEUV vor.

VwGH: Aus dem Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2015, C- 66/14, Finanzamt Linz, geht hervor, dass Art 49 AEUV § 9 Abs 7 KStG 1988 insoweit entgegen steht, als eine Muttergesellschaft eine Firmenwertabschreibung der Beteiligung nur vornehmen darf, wenn es sich um eine Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft handelt, die Gruppenmitglied wird. Bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften darf eine Firmenwertabschreibung gem § 9 Abs 7 KStG nicht vorgenommen werden, weil diese Sitz bzw Geschäftsleitung nicht im Inland haben und daher nicht unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs 2 KStG 1988) sind.

Wenn belastendes nationales Recht in einer konkreten Konstellation unmittelbar anwendbarem Unionsrecht widerspricht, wird ersteres verdrängt und bleibt unangewendet. § 9 Abs 7 KStG 1988 ist insofern belastend, als die Firmenwertabschreibung bei Beteiligungen an beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften generell nicht zusteht. Im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit wird die Formulierung „unbeschränkt steuerpflichtigen“ daher verdrängt, sodass die Firmenwertabschreibung auch in EU-Auslandsfällen zulässig ist.

Die Firmenwertabschreibung ist unabhängig von möglichen Wertänderungen der Beteiligung. Die Steuerfreiheit internationaler Schachtelbeteiligungen des § 10 Abs 3 KStG dagegen stellt auf Wertänderungen ab. Damit haben die Firmenwertabschreibung und § 10 Abs 3 KStG 1988 unterschiedliche Anwendungsbereiche.

Aus § 9 Abs 7 vorletzter Teilstrich KStG 1988 ergibt sich eine steuerwirksame Nacherfassung der vorgenommenen Firmenwertabschreibung, wenn es zu einer späteren Veräußerung der Beteiligung kommt. In diesem Fall wird die steuerliche Begünstigung wieder neutralisiert. Dies gilt auch für internationale Schachtelbeteiligungen iSd § 10 Abs 2 KStG 1988, für die gleichzeitig begründet mit der unionsrechtlichen Verdrängung der Formulierung „beschränkt steuerpflichtige“ die Firmenwertabschreibung geltend gemacht wurde. Da auch dann lediglich die vorangegangene Begünstigung neutralisiert wird, liegt keine von § 10 Abs 3 KStG 1988 erfasste „Wertänderung“ vor. Daher steht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit die Firmenwertabschreibung unabhängig von der Option nach § 10 Abs 3 Z 1 KStG 1988 zu.

Die Durchführung einer Beihilfemaßnahme gem Art 107 AEUV unter Verstoß gegen die Verpflichtung des Art 108 Abs 3 AEUV ist rechtswidrig und verboten. Die nationalen Gerichte haben in diesem Zusammenhang die Gemeinschaftsinteressen voll zu berücksichtigen. Insbesondere müssen sie Maßnahmen vermeiden, die zur Ausweitung des Empfängerkreises der Beihilfe führen. Würde es sich daher bei der Firmenwertabschreibung um eine verbotene Beihilfe iSd Art 107 AEUV handeln, müssten andere Konsequenzen gezogen werden.

Die EU-Kommission bejahte in ihrer schriftlichen Erklärung zum Vorabentscheidungsersuchen den Beihilfencharakter der Firmenwertabschreibung aufgrund von deren Selektivität. Diesem Argument ist, den Ausführungen der Generalanwältin folgend, nun aber infolge der Aufhebung der Selektivität durch die Verdrängung des Ausschlusses EU-ausländischer Beteiligungskörperschaften durch entgegenstehendes Unionsrecht insofern die Grundlage entzogen.

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