Dokument-ID: 281519

WEKA (skn) | News | 12.01.2011

Formvorschrift für Begründung eines statutarischen Aufgriffsrechts

Bei der nachträglichen Begründung statutarischer Aufgriffsrechte in einer GmbH ist eine notarielle Beurkundung als Formerfordernis ausreichend.

Geschäftszahl

OGH 17.12.2010, 6 Ob 63/10y

Norm

§§ 49, 76 Abs 2 GmbHG

Leitsatz

Quintessenz:

Bei der nachträglichen Begründung statutarischer Aufgriffsrechte in einer GmbH ist eine notarielle Beurkundung als Formerfordernis ausreichend.

OGH: Aufgriffsrechte sind eine Form von Übernahmerechten, die die Verpflichtung eines Gesellschafters beinhalten, seinen Geschäftsanteil unter bestimmten Voraussetzungen auf einen Berechtigten zu übertragen. Die Gesellschaft soll dadurch vor dem Eindringen unerwünschter außenstehender Personen geschützt werden.

Entgegen der in der bisherigen Leitentscheidung OGH 17.10.1995, 1 Ob 510/95 formulierten Ansicht sprechen nach Auffassung des erkennenden Senats die besseren Gründe dafür, eine notarielle Beurkundung bei der nachträglichen Begründung eines statutarischen Aufgriffsrechtes in einer GmbH ausreichen zu lassen.

Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei Aufgriffsrechten meist um materielle Satzungsbestandteile handeln wird, die nach § 49 GmbHG eines Gesellschafterbeschlusses, der bloß notariell beurkundet werden muss, bedürfen. Zum anderen ergibt es sich vor allem aus dem Normzweck: Erkennt man der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG die Funktionen Immobilisierung, Überlegungsschutz des Erwerbers und Publizität der Gesellschafterstellung zu, wird deutlich, dass bei der Begründung von Aufgriffsrechten keiner dieser Funktionen eine wesentliche Bedeutung zukommen kann. Die Immobilisierung dient der Verhinderung börsenartigen Handels mit den Geschäftsanteilen, also den Erwerb Dritter. Den Erwerb durch einen Gesellschafter soll sie jedoch nicht verhindern. Dem Übereilungsschutz kann in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zukommen, da zum Zeitpunkt der Statuierung oft nicht klar ist, wer überhaupt der Erwerber sein wird bzw ob dieser überhaupt schon Gesellschafter ist und zu welchem Zeitpunkt diesem das Aufgriffsrecht zustehen wird.

Für die Klarstellung wer Gesellschafter ist, bedarf es ebenfalls keiner Notariatsaktsform der Begründung des Auffgriffsrechts. Aus der stRsp des OGH ergibt sich nämlich, dass Aufgriffsrechte nicht dazu führen können, dass die Geschäftsanteile eines verstorbenen Gesellschafters mit dessen Tod eo ipso auf die übrigen Gesellschafter übergehen. Dafür müsste ein Abtretungsvertrag mit den Erben geschlossen werden, der als Verpflichtungsgeschäft aber ohnehin notariatsaktspflichtig ist.

Sämtliche Leitsätze zu aktuellen OGH- und VwGH-Entscheidungen sowie Entscheidungen im Volltext rund um das Gesellschaftsrecht finden Sie auf https://www.weka.at/gesellschaftsrecht/judikatur.