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WEKA (fsc) | News | 21.11.2012

Gesetzliche Beschränkung der Haftung des Abschlussprüfers

Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB ist als objektive, mit dem Eintritt des Schadens beginnende Frist im Bereich der Dritthaftung anzuwenden.

Geschäftszahl

OGH vom 28.06.2012, 1 Ob 35/12x

Norm

§ 1489 ABGB, § 275 UGB

Leitsatz

Quintessenz:

Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB ist als objektive, mit dem Eintritt des Schadens beginnende Frist im Bereich der Dritthaftung anzuwenden.

OGH: Nach § 275 Abs 1 HGB idF des Rechnungslegungsgesetzes, BGBl 1990/475, haftete der Abschlussprüfer bei Verletzung der Verpflichtung zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung sowie Verschwiegenheit und bei einer unbefugten Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen für Schäden, die der (geprüften) Gesellschaft und/oder mit dieser verbundenen Unternehmen entstanden. Eine Dritthaftung war nicht geregelt und ist auch weiterhin ungeregelt geblieben.

§ 275 Abs 5 UGB ist eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB und verdrängt nach herrschender Meinung als objektive, von Kenntnis des Schadens und des Schädigers unabhängige Frist nicht nur die kurze, sondern auch die lange Frist des § 1489 ABGB. Dabei beginnt die Frist mit Eintritt des primären Schadens zu laufen.

Grundlagen einer Dritthaftung werden unterschiedlich begründet: So qualifiziert die Judikatur den Vertrag zwischen dem Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft als Vertrag zu Gunsten Dritter (= der Gläubiger der Gesellschaft). In Literatur und Lehre finden sich hingegen Begründungen wie die objektiv-rechtlichen Sorgfaltspflichten des Abschlussprüfers gegenüber Dritten, oder als weiterer Ansatz eine eigenständige Haftungsgrundlage kraft besonderer Rechtsbeziehungen zu einen bestimmten Dritten. Für die Frage der Verjährung ist dies allerdings aus Sicht des OGH nicht entscheidend. Der erkennende Senat kommt zum Ergebnis, dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB als objektive, mit dem Eintritt des Schadens beginnende Frist im Bereich der Dritthaftung anzuwenden ist. Dies aufgrund folgender Erwägungen:

Zum Einen gelten die Haftungshöchstgrenzen des § 275 Abs 2 UGB nach Judikatur und herrschender Lehre auch für die Fälle der Dritthaftung. Nach insoweit gesicherter Meinung ist § 275 UGB in einem für die rechtliche Position Dritter im wesentlichen Punkt, der der Beschränkung des Haftungsumfangs, analogiefähig. Daher liegt auch nahe die Analogie fortzuführen und seine Ansprüche auch der lex specialis unterfallen zu lassen.

Hinter der gesetzlichen Beschränkung des Haftungsumfangs steht die Überlegung, die Arbeit des Abschlussprüfers sei im besonderen Maße eine schadensgeneigte Arbeit die typischer Weise mit sehr hohen Risiken verbunden sei. Sein Risiko, nicht nur von seiner Auftraggeberin selbst, sondern auch von geschädigten Dritten in Anspruch genommen zu werden, muss demnach versicherbar bleiben.

Dadurch, dass die Jahresabschlüsse elektronisch einzureichen und die die Datenbank des Firmenbuchs aufzunehmen sind, sowie der Möglichkeit der Einsicht durch Dritte ist der Jahresabschluss einer breiten Öffentlichkeit durch elektronische Datenübermittlung zugänglich.

In allen Fällen soll der Abschlussprüfer allen Gläubigern haften, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Jahresabschlusses wirtschaftlich disponieren.

Bei einem Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter werden die dem Vertragspartner gegenüber bestehenden Schutz- und Sorgfaltspflichten auf den „mitgeschützten“ Dritten erstreckt, der nicht besser gestellt werden soll als der primär geschützte Vertragspartner selbst.

Beim Ansatz über objektiv-rechtliche Sorgfaltspflichten wird die Haftung gegenüber dem Dritten nicht aus dem Prüfvertrag abgeleitet, sondern auf Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber der Allgemeinheit gestützt, die mit gesetzlichen Bestimmungen über Pflichtprüfung bzw Pflichtveröffentlichung begründet werden.

Die sich aus der Verpflichtung des Abschlussprüfers zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung ergebenden Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber der Allgemeinheit sind aber dieselben, die auch seine Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft determinieren.

Den Abschlussprüfer treffen im Verhältnis zu Dritten auch nicht weitergehende Sorgfaltspflichten als gegenüber der Gesellschaft als seiner Vertragspartnerin, gleich welchem Ansatz der Vorzug gegeben wird.

Die Schadenersatzansprüche Dritter müssen dann aber konsequenter Weise in jener Frist verjähren die für die Gesellschaft gilt.

Auch dass der Schaden des Dritten ein anderer ist als jeder der Gesellschaftliegt in der Natur der Sache, da unterschiedliche Rechtssubjekte unterschiedliche und nicht identische Schäden erleiden. Solche Unterscheide aber hindern nicht, dieselben Verjährungsregeln anzuwenden und für alle geschädigten die Bestimmung des § 1489 ABGB anzuwenden.

Auch der Informationsvorsprung des Abschlussprüfers gegen Dritte überzeugt nicht als Argument der Andersbehandlung.

Weiters bedeutet die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB nicht in jedem Fall eine Verschlechterung der Rechtsposition des Dritten. Werden der Schaden und der Schädiger frühzeitig erkannt, steht dem Geschädigten eine im Vergleich zur dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 erster Fall ABGB längere Frist zur Verfügung, um seine Ansprüche geltend zu machen.

Weitausbeachtlicher ist das Argument des Informationsvorsprunges der Gesellschaft gegenüber dem dritten oder dessen Informationsdefizit.

Jedoch ist eine für alle Geschädigte geltende objektive Frist Rechtssicherheit schaffend und trägt dem Gedanken Rechnung, dass § 275 UGB die Haftung des Abschlussprüfers einschränken sollte.

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