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Georg Streit | News | 13.05.2013

GmbH neu – Gesellschaft mit sehr beschränkter Haftung

Der Entwurf für ein Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2013 sieht eine deutliche Reduktion des notwendigen Mindestkapitals bei einer GmbH vor. Mag. Georg Streit liefert in seinem Beitrag alle wichtigen Fakten dazu.

Für die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung verlangt § 6 GmbHG ein Stammkapital von mindestens EUR 35.000,00. Die Hälfte davon muss anlässlich der Gründung effektiv aufgebracht werden. Damit verlangt das österreichische Recht unter allen Mitgliedstaaten der EU den höchsten Kapitaleinsatz bei der Gründung einer Gesellschaft, bei der die Haftung (auf das Gesellschaftsvermögen) beschränkt ist. Das geplante GesRÄG 2013 soll dies nun ändern.

Quantitativ sind die im ersten Quartal vom Bundesministerium für Justiz zur Begutachtung veröffentlichten geplanten Änderungen im GmbH-Gesetz (und den damit verbundenen Änderungen in Steuer- und Gebührengesetzen) nicht umfangreich, sie umfassen eine knappe A4-Seite. Wird dieser Entwurf aber tatsächlich Gesetz, sind massive Auswirkungen auf die Praxis, sowohl für die Gesellschaftsgründung, als auch für bestehende Gesellschaften, zu erwarten. Ziel des Gesetzes ist es, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und österreichischer Gesellschaften gegenüber den Gesellschaftsformen anderer Mitgliedstaaten nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern zu stärken. Die Erläuterungen zum Gesetzesentwurf legen sich fest: „Die Gründung [einer GmbH] soll leichter und billiger möglich sein.“

Um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen GmbH fürchtet der Gesetzgeber nicht ganz zu Unrecht, seitdem der EuGH den Zuzug und Wegzug von Gesellschaften eines Mitgliedsstaats in einen anderen Mitgliedsstaat durch die Rechtsprechung zuletzt erheblich erleichtert hat. Diese Judikatur ist im Gastbeitrag von Streit/Jung zum Jänner-Newsletter Ihres Onlineportals zum Gesellschaftsrecht ausführlich dargestellt.

Die neue Regelung der Kapitalaufbringungsregelungen bei einer GmbH-Gründung soll die Attraktivität der österreichischen GmbH im Vergleich zu Gesellschaftsformen mit ebenfalls beschränkter Haftung aus anderen Mitgliedstaaten, allen voran der britischen „Limited“ aber auch vergleichbaren Gesellschaftsformen aus osteuropäischen Staaten und insbesondere der vor kurzem in Deutschland neu geschaffenen Gesellschaftsform der „Unternehmergesellschaft (haftungsbefreit)“ erhalten.

Mindestkapital EUR 10.000,00

Bereits ab dem 1.7.2013 soll ein Mindeststammkapital von EUR 10.000,00 zur Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausreichen. Da die Regelung der Mindestbarleistung bei der Gründung (§ 10 Abs 1 2. Satz GmbHG) unverändert bleibt, reicht somit für die Gründung in Hinkunft effektiv mit EUR 5.000,00 ein Betrag, der weniger als ein Drittel des bisher erforderlichen Betrages (EUR 17.500,00) beträgt, zur Errichtung einer Gesellschaftsform aus, bei der die Gesellschafter von der persönlichen Haftung befreit sind. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dieser Schritt zurück in die 70er Jahre (Mindeststammkapital ATS 100.000,00) die Zahl der jährlichen GmbH-Gründungen von 8.000 auf mindestens 9.000 ansteigen lassen und so das Unternehmertum fördern. Der Gesetzgeber ist sich der negativen Folgen aber durchaus auch bewusst, wenn er in den Erläuterungen zum Entwurf anführt, dass das Einkommen aus der Körperschaftsteuer damit erheblich reduziert wird. Die GmbH wird damit in Zukunft aber wohl auch eine ernsthafte Alternative zum Verein als Unternehmensform, der dafür ohnedies nicht die idealtypische Variante darstellt.

„Kapitalrückzahlung“

Anders als der deutsche Gesetzgeber, der mit der Einführung der Unternehmergesellschafter (haftungsbefreit) eine weitere Gesellschaftsform neben der „alten“ GmbH (mit einem Mindestkapital von EUR 25.000,00) schuf, bleibt es in Österreich bei einer einzigen Ausformung der GmbH. Das bedeutet konsequenterweise aber auch, dass bei bereits vor In-Kraft-Treten des GesRÄG 2013 bestehenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Kapitalherabsetzung auf EUR 10.000,00 möglich wird.

In der Praxis führt dies dazu, dass eine – KESt-freie – „Rückzahlung“ von Kapital an die Gesellschafter erfolgen kann, solange das Mindeststammkapital von EUR 10.000,00 gewahrt bleibt. Ob dieser Kapitalisierungseffekt der Gesellschafter vom Justizministerium bedacht war, als der Gesetzesentwurf veröffentlich wurde, wurde vielfach bereits bezweifelt. In der Praxis ist damit zu rechnen, dass zahlreiche GmbH-Gesellschafter von dieser Möglichkeit, auf Gesellschaftsvermögen „zuzugreifen“ Gebrauch machen werden.

Niedrigere Gründungskosten

Ein positiver Nebeneffekt für potenzielle GmbH Gründer verbirgt sich in den Artikeln 3-5 des GesRÄG 2013. Durch die Reduktion des Mindeststammkapitals einer GmbH reduziert sich auch die Bemessungsgrundlage für in diesem Zusammenhang zu erbringenden Dienstleistungen von Notaren und Rechtsanwälten. In der Praxis führt dies zu einer Reduktion der tariflichen Kosten etwa einer Firmenbucheingabe durch einen Rechtsanwalt von EUR 1.088,70 auf EUR 386,70 (jeweils netto) – wenn die GmbH mit dem Mindestkapital ausgestattet ist. Ein weiterer – für die Gründer – positiver Nebeneffekt der Reduktion des Mindeststammkapitals bei der Gründung einer GmbH ist die damit verbundene Reduktion der Körperschaftsteuer, die Mindest-KÖSt beträgt dann nur noch EUR 500,00.

Schließlich hat der Gesetzgeber noch eine weitere Maßnahme zur Attraktivitätssteigerung einer österreichischen GmbH gesetzt: Eine Bekanntmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung ist bei der (Gründung der) GmbH nicht mehr erforderlich, was zum Wegfall der dafür anfallenden Kosten führt. In Hinkunft soll die Bekanntgabe (der Neugründung) einer GmbH nur mehr in der Ediktsdatei des Justizministeriums erfolgen, was wohl erhebliche Finanzausfälle bei der Wiener Zeitung mit sich bringen wird. Aus Sicht der GmbH-Gründer ist dieser Schritt aber jedenfalls zu begrüßen.

Insgesamt ist der Entwurf sicherlich dazu geeignet, die Attraktivität der österreichischen GmbH zu fördern. Ob damit auch ausländische Investoren verleitet werden können, eine österreichische GmbH zum Vehikel ihrer EU-weiten Geschäfte zu machen, steht noch in den Sternen, der deutschen GmbH wird durch die neue österreichische GmbH aber deutliche Konkurrenz erwachsen.

Allerdings steht zu befürchten, dass Insolvenzen von GmbHs zunehmen werden und das Vertrauen in die Solvenz einer österreichischen GmbH beeinträchtigt werden könnte. Die Verordnung der Schutzvorschriften sollen nämlich im Hinblick auf die Erleichterung der GmbH Gründung nicht angepasst werden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass einer neuen österreichischen „GmbH light“ eine gewisse Skepsis entgegengebracht wird.

Autor

Mag. Georg Streit ist seit 2000 Rechtsanwalt und seit 2001 Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Immaterialgüterrecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Rundfunkrecht und Vergaberecht. Weiters ist er Lektor an den Universitäten Wien und Salzburg, Vortragender bei Seminaren und Lehrgängen.

Für WEKA ist er Herausgeber des Newsletters für Gesellschaftsrecht Online sowie für das Werk „Personengesellschaften in Fallbeispielen“.

www.h-i-p.at