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WEKA (api) | News | 25.08.2017

Haftung eines ehemaligen GmbH-Geschäftsführers für verschiedene Abgabennachforderungen

§ 84 Abs 2 Satz 2 AktG ist nach der Rsp auf den Geschäftsführer einer GmbH analog anzuwenden. Demnach kann sich dieser von der Schadenersatzpflicht durch den Gegenbeweis befreien.

Geschäftszahl

OGH 29. Mai 2017, 6 Ob 99/17b

Norm

§ 84 Abs 2 Satz 2 AktG

Leitsatz

Quintessenz:

§ 84 Abs 2 Satz 2 AktG ist nach der Rsp auf den Geschäftsführer einer GmbH analog anzuwenden. Demnach kann sich dieser von der Schadenersatzpflicht durch den Gegenbeweis befreien, dass er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes angewendet hat. Die Erstellung des Jahresabschlusses bildet eine der zentralen Aufgaben der Geschäftsleitung und eine Kerntätigkeit der Geschäftsführung im Rahmen der Finanzgebarung dar.

OGH: In casu beschäftigte den OGH die Frage der Haftung der Klägerin als ehemaliger Geschäftsführerin bzw Empfängerin verdeckter Gewinnausschüttungen für verschiedene Abgabennachforderungen. Der diesen zugrunde liegende Sachverhalt hat sich nach den Feststellungen durchwegs während jenes Zeitraums verwirklicht, währenddessen die Klägerin Geschäftsführerin war. Ihr Einwand, sie hätte die Bilanz aus dem Jahre 2009/2010 nicht mehr selbst erstellt, ging ins Leere, da nach der Rechtsprechung des VwGH zu diesem Zeitpunkt gar keine Korrekturmöglichkeit mehr gegeben war. Vielmehr war die Klägerin bis zum Bilanzstichtag noch Geschäftsführerin und wäre somit in der Lage gewesen, die verdeckten Gewinnausschüttungen rückgängig zu machen.

Darüber hinaus wurden vom Finanzamt zum einen Anspruchszinsen wegen einer unrichtigen Darstellung durch Inventurkürzungen in den Bilanzen der Jahre 2005–2007, zum anderen nachträglich KESt samt Säumniszuschlägen wegen unzulässiger Insichgeschäfte der Geschäftsführerin, vorgeschrieben.

In Anbetracht dieser Umstände erachtete der OGH einen Sorgfaltsverstoß der Klägerin für zumindest indiziert. Nach § 84 Abs 2 Satz 2 AktG, der nach der Rsp auf das Recht der GmbH analog anzuwenden ist, kann sich der Geschäftsführer von der Schadenersatzpflicht durch den Gegenbeweis befreien, dass er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes angewendet hat. Diesen hat die Klägerin in casu nicht erbracht.

Die Erstellung des Jahresabschlusses bildet nicht nur eine der zentralen Aufgaben der Geschäftsleitung, sondern stellt eine Kernverpflichtung der Geschäftsführung im Rahmen der Finanzgebarung dar, weshalb der Versuch der Klägerin, die Verantwortung auf andere Personen abzuschieben, fehlschlug. Dass sie, wie vorgebracht, am Abgabenverfahren nicht beteiligt gewesen sei, war insofern irrelevant, weil sie nicht dargelegt hat, zu welchen konkreten anderen Ergebnissen die Abgabenbehörden gelangen müssen, wenn ihr im Abgabenverfahren Parteistellung zugekommen wäre.

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