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Dokument-ID: 758005

WEKA (mpe) | News | 18.05.2015

Haftungsprovision bei einer Mitunternehmerschaft (KG)

Die Abgabenbehörde hat unter Mitwirkung der Komplementär-GmbH (§ 119 BAO) zu prüfen, welches Haftungsentgelt im konkreten Fall angemessen ist. Dazu ist notwendig, die Höhe des Haftungsrisikos der GmbH zu beurteilen.

Geschäftszahl

VwGh 17.12.2014 2010/13/0115

Norm

§ 128 UGB
 

​Leitsatz

Quintessenz: 

Die Abgabenbehörde hat unter Mitwirkung der Komplementär-GmbH (§ 119 BAO) zu prüfen, welches Haftungsentgelt im konkreten Fall angemessen ist. Dazu ist notwendig, die Höhe des Haftungsrisikos der GmbH zu beurteilen.

Die vom Verwaltungsgerichtshof zu behandelnde Beschwerde macht geltend, die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Haftungsprovision der A GmbH für die Stellung als Komplementärin der C KG, nämlich 1 % des eingezahlten Stammkapitals der A GmbH, sei fremdüblich.

VwGH: Dazu führt der VwGH aus, dass Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern an jenen Kriterien zu messen sind, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden (2008/15/0324).

§ 128 UGB ist in jeder Hinsicht auf die Haftung der Komplementäre der KG anzuwenden (Koppensteiner/Auer in Straube, UGB4, § 171 Rz 2). Der Komplementär haftet unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Jabornegg/Artmann, UGB 2, § 128 Tz 27). Wird der Gesellschafter in Anspruch genommen, kann er nach Erfüllung einer Gesellschaftsschuld bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen.

Nach der auf den vorliegenden Fall anzuwendenden dispositiven Bestimmung des § 168 Abs 1 HGB (idF vor dem HaRÄG) bestimmen sich die Anteile der Gesellschafter am Gewinn nach § 121 Abs 1 und 2 HGB, soweit der Gewinn 4 % der Kapitalanteile nicht übersteigt. Für den Gewinn, der diesen Betrag übersteigt, gilt gemäß Abs 2 leg cit, ein den Umständen nach angemessenes Verhältnis der Anteile als bedungen, soweit keine anders lautende Vereinbarung vorliegt. Die Angemessenheit richtet sich dabei nach dem, was jeder Gesellschafter zum gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb und damit zur gemeinschaftlichen Zweckverfolgung beiträgt. Nach den Umständen des Einzelfalles sind dabei ua zu berücksichtigen die Höhe des Kapitalanteiles, das Ausmaß der persönlichen Haftung und der (internen) Verlustteilnahme, Geschäftsführungstätigkeit ohne entsprechende Vergütung oder das Bestehen und die Reichweite von Wettbewerbsverboten. Vielerorts wird es als angemessen empfunden, für die Komplementärhaftung und die nicht entsprechend entgoltene Geschäftsführungstätigkeit einen Gewinnvoraus zu bemessen und den restlichen Gewinn nach Kapitalanteilen zu verteilen (Jabornegg in Jabornegg, Kommentar zum HGB1, § 168 Rz 5). Zu berücksichtigen ist auch die Höhe und Bedeutung der einzelnen Einlagen für das Unternehmen sowie die Haftung nach außen einschließlich ihrer Bedeutung im Hinblick auf vorhandenes Privatvermögen und die Verteilung des Haftungsrisikos nach innen (Torggler in Straube, HGB3, § 168 Rz 4).

Das Haftungsentgelt ist jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu bestimmen. Der Frage, ob die Höhe des Haftungsentgeltes danach zu differenzieren sei, ob die GmbH in die KG Vermögen eingebracht hat, steht der Verwaltungsgerichtshof ablehnend gegenüber.

Soweit die GmbH in die KG Vermögen eingebracht hat, ist diese Kapitaleinlage fremdüblich durch einen Anteil am Gewinn (und Verlust) abzugelten. Darüber hinaus ist aber zu berücksichtigen, dass die GmbH als Komplementärin - anders als der Kommanditist - mit ihrem gesamten Vermögen, nicht bloß mit ihrer Einlage haftet. Das Risiko, dass der Komplementär seine „Existenz aufs Spiel setzt“ (Reidlinger in Kastner/Stoll, Die GmbH & Co KG im Handels-, Gewerbe- und Steuerrecht2, 231 f), ist durch ein Haftungsentgelt (im Sinne eines Vorausgewinns bzw Sondergewinnanteils) abzugelten.

Die Abgabenbehörde hat unter Mitwirkung der Komplementär-GmbH (§ 119 BAO) zu prüfen, welches Haftungsentgelt im konkreten Fall angemessen ist. Dazu ist notwendig, die Höhe des Haftungsrisikos der GmbH zu beurteilen. Art und Umfang des Geschäftsbetriebes und das damit verbundene Risiko sind ebenfalls zu würdigen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass im vorliegenden Fall die KG – wie auch die Komplementär-GmbH – in einen Großkonzern eingebunden sind, wobei die Konzernmutter (die Kommanditistin der KG) – nach dem Vorbringen der Komplementär-GmbH – auch jeweils Haftungen übernommen hat. Nun schließt zwar die Übernahme derartiger Haftungen durch die Konzernmutter eine Inanspruchnahme der Komplementärin nicht aus, es erscheint aber plausibel, dass die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Komplementärin im Hinblick auf diese Haftungsübernahmen (deutlich) reduziert ist. Auch wird in die Beurteilung einzubeziehen sein, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich die Komplementärin im Vermögen der KG regressieren kann.

Letztlich kann sich ein fremdübliches Entgelt für die Übernahme einer Haftung an banküblichen Avalprovisionen (Jakom/Marschner, EStG, 2014, § 4 Tz 265 „Haftungsprovisionen") oder hypothetischen Versicherungsprämien (Krejci in Krejci, Kommentar zu den durch das HaRÄG 2005 eingeführten Neuerungen im Unternehmensgesetzbuch und im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, § 167 UGB Rz 6) orientieren.

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