Dokument-ID: 447846

Lisa Korninger | News | 06.08.2012

Haftungsreichweite bei Kartellrechtsverletzungen

Schadenersatzansprüche von Gläubigern einer Gesellschaft gegen den Geschäftsführer bei Kartellrechtsverletzungen sind möglich, wenn dieser selbst rechtswidrig gehandelt hat, an einem Verstoß beteiligt war oder nichts dagegen unternommen hat.

Geschäftszahl

OGH 14.02.2012, 5 Ob 39/11p

Norm

§ 1302 ABGB; § 18 KartG 1988

Leitsatz

Quintessenz:

Schadenersatzansprüche von Gläubigern einer Gesellschaft gegen den Geschäftsführer bei Kartellrechtsverletzungen sind möglich, wenn dieser selbst rechtswidrig gehandelt hat, an einem Verstoß beteiligt war oder nichts dagegen unternommen hat.

OGH: Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die zum gleichen Zweck getroffen oder aufeinander abgestimmt sind, sind für die gesamte Dauer als einheitliche Zuwiderhandlung gegen § 18 KartG 1988 anzusehen. Dabei bedarf es keiner Zerlegung des durch ein einziges wirtschaftliches Ziel gekennzeichneten fortlaufenden Verhaltens. Die Verantwortlichkeit aller an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen umfasst auch Verhaltensweisen von Kartellmitgliedern, an denen ein bestimmtes Unternehmen selbst nicht beteiligt ist, sofern diese im Rahmen der Grundvereinbarung – des Gesamtkartells – erfolgen. Dabei wird nur vorausgesetzt, dass das Unternehmen wusste oder zumindest wissen musste, dass es sich an einem auf Wettbewerbsverfälschung abzielenden Gesamtkartell beteiligt und vom Verhalten der anderen Kartellmitglieder wusste, wissen musste oder es hätte voraussehen müssen und bereit war, dieses Risiko auf sich zu nehmen.

Zu einer Solidarhaftung der Betroffenen nach § 1302 ABGB kommt es bei mehreren mit dem gleichen Vorsatz handelnden Tätern auch, wenn sich der Vorsatz der Täter nicht auf den gesamten Schadenserfolg erstreckt. Bei Schutzgesetzverletzungen hat dieser Grundsatz besondere Bedeutung.

Grundsätzlich kann eine gesetzwidrige Handlung einer natürlichen Person, die für eine juristische Person handelt, zugerechnet werden. Voraussetzung für eine Haftung ist jedoch, dass diese in ihrer Organeigenschaft und in Ausführung der ihr zustehenden Aufgaben gesetzwidrig gehandelt hat und dieses Handeln in einem objektiven Zusammenhang mit dem ihr zugewiesenen Wirkungsbereich steht. Dies ist auch bei Verstößen gegen das Kartellrecht der Fall. Daher sind Schadenersatzansprüche von Gläubigern einer Gesellschaft gegen den Geschäftsführer möglich, wenn dieser selbst rechtswidrig gehandelt hat, an einem Verstoß beteiligt war oder er nichts dagegen unternommen hat – sei es trotz Kenntnis oder aufgrund von fahrlässiger Unkenntnis.

Um eine Beteiligungsbeendigung eines Unternehmens an der Durchführung wettbewerbsbeschränkender- oder verfälschender Vereinbarungen oder Verhaltensweisen herbeizuführen, bedarf es einer klaren Willenserklärung gegenüber den anderen Beteiligten.

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