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Dokument-ID: 764913

WEKA (mwo) | News | 13.07.2015

IESG-Anspruch bei „dissolution“ einer Limited nach dem Recht des Vereinigten Königreichs

Die „dissolution“ einer Limited schafft keinen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt: weder ist sie insolvenzbehördliche Entscheidung iSd Art 2 Abs 1 der Insolvenzrichtlinie, noch mit einer Firmenbuchlöschung wegen Vermögenslosigkeit gleichzusetzen.

Geschäftszahl

OGH 24. März 2015, 8 Ob S 8/14f

Norm

§ 1 Abs 1 IESG; Art 2 Abs 1 der Insolvenzrichtlinie (2008/94/EG); § 40 FBG; s 652 britischer Companies Act

Leitsatz

Quintessenz:

Die „dissolution“ einer Limited nach dem Recht des Vereinigten Königreichs stellt weder eine insolvenzbehördliche Entscheidung iSd Art 2 Abs 1 der Insolvenzrichtlinie dar, noch ist sie iSd § 1 Abs 1 Z 4 IESG mit einer Firmenbuchlöschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 40 FBG gleichzusetzen. Folglich bildet die „dissolution“ einer Limited per se keine Grundlage für einen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt. 

OGH: Gemäß § 1 Abs 1 IESG besteht für Arbeitnehmer, freie Dienstnehmer, Heimarbeiter und ihre Hinterbliebenen sowie ihre Rechtsnachfolger von Todes wegen ein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt, sofern sie in einem Dienstverhältnis bzw Auftragsverhältnis stehen (standen) und über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

§ 1 Abs 1 Z 4 IESG regelt in diesem Zusammenhang, dass eine Löschung gemäß § 40 oder § 42 FBG einem Insolvenzverfahren gleichsteht.

Für im Inland beschäftigte Arbeitnehmer greift zudem die Bestimmung des § 1 Abs 1 letzter Satz IESG, nach dem für diese auch ein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt gebührt, wenn von einem ausländischen Gericht eine nach der EU-InsVO anerkannte Entscheidung ergangen ist und – mit Ausnahme der Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens – die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 IESG erfüllt sind.

Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin, die bei einer im Vereinigten Königreich registrierten Limited als Verkäuferin beschäftigt war und ihren Dienstort in Österreich hatte, die Zuerkennung von Insolvenz-Entgelt für laufende Bezüge und Beendigungsansprüche.

Die besagte Limited wurde vom Companies House, welches das Handelsregister im Vereinigten Königsreich führt, „dissolved“, wobei der Grund für die Löschung aus dem Beschluss nicht hervorgeht.

Die britische Rechtslage ist für die vorliegende Rechtssache deswegen von Bedeutung, weil nach s 602 des Companies Act für die „dissolution“ lediglich eine qualifizierte Inaktivität der Gesellschaft, hingegen nicht deren Auflösung und Abwicklung und – im Gegensatz zur amtswegigen Löschung aus dem Firmenbuch nach § 40 FBG – keine Vermögenslosigkeit Voraussetzung ist.

Insofern lehnt der OGH eine Gleichstellung der „dissolution“ nach s 602 Companies Act mit der amtswegigen Firmenbuchlöschung nach § 40 FBG ab und verneint darüber hinaus auch das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke, welche im Wege der Analogie zu schließen wäre.

Da die „dissolution“ nach britischem Recht aber auch keine insolvenzbehördliche Entscheidung iSd Insolvenzrichtlinie (2008/94/EG) darstellt, bietet sie per se auch keine Grundlage für einen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt nach dem IESG.

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