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Michael Petritz - Andreas Kampitsch | News | 22.09.2017

Immobilienertragsteuer: VfGH prüft Abzugsverbot und Verlustausgleichsregelung

Die Gastautoren MMag. Petritz und Mag. Kampitsch berichten in ihrem Beitrag über ein aktuelles Gesetzesprüfungsverfahren des VfGH zur Immobilienertragsteuer. Was sind die Bedenken des VfGH zu § 30 Abs 7 EStG und § 20 Abs 2 EStG?

Die mit 1. StabG 2012 eingeführte Besteuerung von privaten und betrieblichen Grundstücksveräußerungen war bisher mehrfach Gegenstand von Verfahren vor dem VfGH. So hat der VfGH etwa nach Abschaffung des Inflationsabschlages in einem noch entsprechend der Rechtslage vor StRefG 2015/16 zu beurteilenden Fall unlängst die Bestimmungen über den Inflationsabschlag als gleichheitswidrig aufgehoben. In dem nun laufenden, vom VfGH amtswegig eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren (anhängig zu G 183/2017) prüft dieser den Ausschluss des Abzugs von Aufwendungen und Ausgaben nach § 20 Abs 2 EStG und den Verlustausgleich nach § 30 Abs 7 EStG iZm Grundstücksveräußerungen.

1. Ausgangssachverhalt

Der Beschwerdeführer des Verwaltungsverfahrens erwarb gemeinsam mit drei Geschwistern im Jahr 1996 eine Liegenschaft. Mit Kaufvertrag vom 29. Jänner 2013 veräußerte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Geschwistern die Liegenschaft. Aus dieser Transaktion ergab sich für den Beschwerdeführer unter Einrechnung der Finanzierungskosten iHv 7.947,58 ein Verlust iHv EUR 12.348,25. Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Regelbesteuerung. Das Finanzamt verneinte die Berücksichtigung der Finanzierungskosten aufgrund von § 20 Abs 2 EStG und erkannte lediglich einen geringeren Verlust an. Darüber hinaus verwehrte es dem Beschwerdeführer den Ausgleich des Verlustes mit anderen Einkünften aufgrund von § 30 Abs 7 EStG, der den Verlustausgleich von privaten Grundstücksveräußerungen beschränkt. Eine dagegen erhobene Beschwerde an das BFG blieb erfolglos. In der Folge wandte sich der Beschwerdeführer mittels Erkenntnisbeschwerde an den VfGH, der mit Beschluss vom 14.6.2017, E 1156/2016-22, amtswegig eine Prüfung der Bestimmungen des § 30 Abs 7 EStG sowie der Wortfolge „oder § 30a Abs 1“ einleitete.

2. Bedenken des VfGH zu § 30 Abs 7 EStG

Der VfGH geht in seinem Beschluss zwar davon aus, dass der Gleichheitssatz es dem Gesetzgeber nicht verbietet, für Einkünfte wie solche aus privaten Grundstücksveräußerungen im Rahmen der Einkommensbesteuerung ein besonderes System (Schedulenbesteuerung und besonderer Steuersatz) vorzusehen. Auch gegen die Beschränkungen des Verlustausgleiches in § 30 Abs 7 EStG hegt der VfGH keine Bedenken, da eben die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen einem besonderen Steuersatz unterliegen und mit der Entrichtung der Immobilienertragsteuer abgegolten sind. Ebenso unbedenklich ist für den VfGH die Tatsache, dass die Verlustausgleichsbeschränkung auch für den Fall der Regelbesteuerungsoption aufrechtbleiben.

Bedenken hegt der VfGH jedoch gegen die Tatsache, dass § 30 Abs 7 EStG ganz generell den Ausgleich von (gekürzten) Verlusten aus privaten Grundstücksveräußerungen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erlaubt, wenngleich die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht nur Einkünfte, die in einem sachlichen Zusammenhang mit Grundstücken stehen, umfassen (sondern etwa auch Einkünfte aus Überlassung von Immaterialgüterrechten).

Auch dass Einkünfte, die in sachlichem Zusammenhang mit einem Grundstück stehen, jedoch nicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung darstellen (Einkünfte für die Einräumung eines Vorkaufsrechts bzw für die Unterlassung der Bebauung eines Grundstücks), nicht mit derartigen Verlusten ausgleichsfähig sind, erscheint dem VfGH unsachlich. Der VfGH prüft daher den gesamten § 30 Abs 7 EStG auf seine Verfassungsmäßigkeit. Vermieden könnte die Verfassungswidrigkeit des § 30 Abs 7 EStG durch eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffes „Vermietung und Verpachtung“ in § 30 Abs 7 EStG werden (wohl einschränkend einerseits, dass nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umfasst sind und ausweitend andererseits, dass auch Einkünfte, die in Zusammenhang mit Grundstücken stehen, jedoch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im engen Sinne darstellen, davon umfasst sind).

3. Bedenken des VfGH zu § 20 Abs 2 EStG

Darüber hinaus hegt der VfGH Bedenken gegen den Ausschluss des Abzuges von Werbungskosten und Aufwendungen, soweit der besondere Steuersatz anwendbar ist (§ 20 Abs 2 TS 2 EStG idF vor StRefG 2015/16). Aufgrund der Wortfolge „anwendbar ist“ wird generell davon ausgegangen, dass das Abzugsverbot auch für den Fall der Regelbesteuerung greift. Die Bedenken des VfGH zu § 20 Abs 2 TS 2 EStG lassen sich kurz wie folgt darstellen:

Während bei privaten Grundstücksveräußerungen Anschaffungsnebenkosten angesetzt werden können, dürfen Werbungskosten, die im Zusammenhang mit einer Veräußerung entstehen, nicht von den Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen abgezogen werden. Sofern diese Aufwendungen jedoch wirtschaftlich gleich abzugsfähigen Anschaffungsnebenkosten sind, scheint dem VfGH die unterschiedliche Behandlung den Gleichheitssatz zu verletzen.

Soweit der Abzug von Fremdkapitalzinsen ausgeschlossen wird, verortet der VfGH eine mögliche unsachliche Benachteiligung zwischen fremd- und eigenfinanzierten Grundstückserwerben.

Final hegt der VfGH Bedenken – auch bei einer sachlichen Begründung der vorab aufgezeigten Ungleichbehandlungen – gegen die Tatsache, dass selbst bei einem Regelbesteuerungsantrag der Abzug von Werbungskosten ausgeschlossen sein soll. Hier könnte jedoch ebenfalls – wie im Fachschrifttum bereits vorgeschlagen – eine verfassungskonforme Interpretation möglich sein. Der VfGH prüft in diesem Zusammenhang lediglich das Abzugsverbot iZm Grundstücksveräußerungen (nicht jedoch das an derselben Stelle geregelte Abzugsverbot für Einkünfte aus Kapitalvermögen).

4. Zusammenfassung

Seit ihrer Einführung war der VfGH bereits mehrfach mit den Regelungen der neuen Immobilienertragsteuer befasst. Nunmehr beschäftigt er sich einerseits mit der Verlustausgleichsbeschränkung des § 30 Abs 7 EStG, welche er für unsachlich erachtet und andererseits mit dem Abzugsverbot des § 20 Abs 2 EStG. Die Konsequenzen einer aufhebenden Entscheidung im Gesetzesprüfungsverfahren sind derzeit noch schwierig auszumachen. Eine allfällige Aufhebung des § 30 Abs 7 EStG wäre für die Steuerpflichtigen wohl nachteilig, eine Aufhebung des § 20 Abs 2 EStG unter Umständen vorteilhaft.

Autoren

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz, LL.M. ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M., Steuerberater, lehrt und forscht am Institut für Finanzmanagement an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.