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WEKA (epu) | News | 11.01.2017

Ist der Erwerb eigener Aktien gem § 65 Abs 1 Z 8 AktG eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung?

Werden von einer AG eigene Aktien gem § 65 Abs 1 Z 8 erworben, so ist dieser Vorgang nur dann als (steuerneutrale) Einlagenrückzahlung zu werten, wenn hierfür keine vernünftigen betrieblichen Gründe seitens der Gesellschaft vorliegen

Geschäftszahl

VwGH 21. September 2016, 2013/13/0120

Norm

§ 65 Abs 1 Z 8 AktG; § 4 Abs 12 EStG 1988

Leitsatz

Quintessenz:

Werden von einer AG eigene Aktien gem § 65 Abs 1 Z 8 erworben, so ist dieser Vorgang nur dann als (steuerneutrale) Einlagenrückzahlung zu werten, wenn hierfür keine vernünftigen betrieblichen Gründe seitens der Gesellschaft vorliegen. Liegen die Maßnahmen „zumindest auch“ in einem betrieblichen Interesse der Gesellschaft, liegt im Erwerb die Anschaffung eines Wirtschaftsguts.

VwGH: § 65 Abs 1 Z 8 AktG ermöglicht einer Aktiengesellschaft auf Grundlage einer Ermächtigung der Hauptversammlung den nicht an bestimmte Zwecke gebundenen Erwerb eigener Aktien, schließt jedoch den „Handel in eigenen Aktien“ als Zweck des Erwerbs aus. Dieser Ausschluss dient nach Tanzer der Sicherstellung dessen, dass der Erwerb „Teil einer einsichtigen Gesamtmaßnahme“ sei, exkludiert jedoch die Weiterveräußerung als Teil der geplanten Maßnahme nicht.

Die steuerrechtliche Einordnung eines Erwerbes eigener Aktien nach dieser Bestimmung entweder als Vorgang im Gesellschafterinteresse (societatis causa, Einlagenrückzahlung oder Gewinnausschüttung – dann steuerneutral) oder als solcher aus betrieblichen Gründen (obligationis causa, Anschaffung eines Wirtschaftsgutes – dann steuerwirksam) hängt von den Motiven für den Rückerwerb ab und ist im Schrifttum umstritten.

Im vorliegenden Fall lautete die Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung wie folgt:

„Die Hauptversammlung erteilt dem Vorstand für die Dauer von 18 Monaten ab Inkrafttreten dieses Beschlusses die Ermächtigung, eigene Aktien bis höchstens 10vH des Grundkapitals der (beschwerdeführenden Partei) zu erwerben, wobei der Ankaufpreis den durchschnittlichen Börsekurs der letzten 10 Börsetage nicht überschreiten und diesen Betrag nicht um mehr als die Hälfte unterschreiten darf. Der Vorstand hat ein Aktien-Rückkaufprogramm, dessen Hauptzweck die Stabilerhaltung der Aktionärstruktur und des Börsekurses ist, offenzulegen und ist ermächtigt, im Rahmen dieses Programms Aktien über die Börse wieder zu verkaufen.“

Diesbezüglich wurde erläuternd vom Vorstandsvorsitzenden in der Hauptversammlung ua ausgeführt:

Die Ermächtigung, um die der Vorstand ersucht, soll vornehmlich dazu dienen, um mögliche Schädigung der Aktionäre aber auch der Gesellschaft selbst durch einen Kursverfall zu verhindern.“

In der Folge wurden Aktien in vielen kleinen Tranchen über die Börse angekauft und gewinnbringend verkauft, wobei der Veräußerungsgewinn von der Aktiengesellschaft als steuerfrei behandelt wurde, da der Aktienerwerb als Einlagenrückzahlung gem § 4 Abs 12 EStG 1988 und die Wiederveräußerung als Einlagenvorgänge gewertet wurden. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Ansicht, dass es sich beim Erwerb der Aktien um einen steuerwirksamen Vorgang handle, da dieser auch im betrieblichen Interesse der Gesellschaft erfolgt sei.

Nach Tanzer, auf den sich der VwGH in casu beruft, sind für die Frage, ob der Erwerb als Einlagenrückzahlung und der spätere Verkaufserlös als Einlage zu werten sei, in jedem Einzelfall die wirtschaftlichen Beweggründe zu untersuchen. Die Kurspflege als solche ist „vornehmlich“ dem Handeln „pro socio“ und die Absicht eines gewinnbringenden Weiterverkaufs den betrieblichen Interessen zuzuordnen, selbst wenn damit gegen das Verbot der (vorrangigen) Verfolgung eines solchen Zwecks verstoßen wird. „Vom Zweckansatz her betrachtet“ steht der Erwerb eigener Aktien nach § 65 Abs 1 Z 8 AktG zwar einer Einlagenrückzahlung „näher“, denn die durch diese Norm ermöglichten Börseoperationen zur Kurspflege kommen „vordergründig den Aktionären und nicht der Gesellschaft als solcher zugute“; „planvolle Handelsgewinne“ bleiben im Hinblick auf die erwähnte Verbotsbestimmung „atypisch“. Der ausschlaggebende Faktor ist jedoch, ob die Maßnahmen „zumindest auch“ in einem unmittelbar einsehbaren betrieblichen Interesse der Gesellschaft und „nicht nur“ ihrer Gesellschafter gelegen sind. Kommt der Vorrang „auch“ den Aktionären zugute, schadet dies nicht – lediglich in dem Fall eines Fehlens vernünftiger betrieblicher Gründe seitens der Gesellschaft selbst kommen die Normen für die Gewinnausschüttung oder die Einlagenrückgewähr zur Anwendung.

Die Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden, wonach die Maßnahme nicht nur eine Schädigung der Aktionäre, sondern auch der Gesellschaft selbst verhindern solle, wies im konkreten Fall ebenso auf das Vorliegen eines steuerwirksamen Vorganges hin wie die Tatsache, dass die Ermächtigung zur Wiederveräußerung mit der in der Folge vorgenommenen Teilwertabschreibung und dem späteren gewinnbringenden Verkauf zusammentraf.

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