Dokument-ID: 1013955

WEKA (api) | News | 18.12.2018

Ist ein Stifterrecht als Vermögenswert bei der Unternehmensbewertung zu berücksichtigen?

Wird durch eine Privatstiftung eine Substiftung errichtet, darf damit durch den Stiftungsvorstand nicht der ursprüngliche Stiftungszweck umgangen werden und zB ein anderer Begünstigtenkreis festgelegt werden.

Geschäftszahl

OGH 26. April 2018, 6 Ob 228/17y

Norm

§§ 9, 10 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Wird durch eine Privatstiftung eine Substiftung errichtet, darf damit durch den Stiftungsvorstand nicht der ursprüngliche Stiftungszweck umgangen werden und zB ein anderer Begünstigtenkreis festgelegt werden. Aufgrund dessen ist das Stifterrecht einer Gesellschaft nicht als Vermögenswert in die Unternehmensbewertung miteinzubeziehen, da sie sich nicht durch die Errichtung einer Substiftung selbst als Begünstigte einsetzen kann, wenn dies dem ursprünglichen Stiftungszweck zuwider läuft.

OGH: In casu wurde die Antragstellerin in der Generalversammlung einer GmbH („Stiftergesellschaft“) durch die Stimmen der Antragsgegnerin, die mit 92 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt war, gegen eine Barabfindung von EUR 2.800,– aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Antragstellerin war der Meinung, dass die Barabfindung zu niedrig sei, vor allem aufgrund des Vermögenswertes der Stifterrechte der Gesellschaft an zwei Privatstiftungen. Die strittige Frage war, ob die der Stiftergesellschaft nach dem Tod des Erststifters zukommenden alleinigen Stifterrechte in die Unternehmensbewertung einzubeziehen waren.

Eine Privatstiftung besitzt nach § 1 Abs 1 PSG eine eigene Rechtspersönlichkeit und ihr Vermögen ist von dem des Stifters unabhängig, der durch die Stiftungserrichtung den Zugriff auf das Vermögen verliert. Eine vollständige Trennung findet jedoch nicht statt, wenn sich der Stifter das Änderungsrecht der Stiftungserklärung oder einen Widerruf der Stiftung vorbehält, was dennoch nicht bedeutet, dass das Stiftungsvermögen dem des Stifters zuzurechnen sei.

In Hinblick auf das Änderungsrecht ist auszuführen, dass weder dem Erststifter, noch der Stiftungsgesellschaft ein Widerrufsrecht zukam, sondern sie sich leidglich ein gemeinsam auszuübendes Änderungsrecht der Stiftungserklärungen der zwei Privatstiftungen vorbehielten. Nach dem Tod oder der Geschäftsunfähigkeit des Erststifters wäre das Änderungsrecht der Stiftungsgesellschaft insoweit beschränkt, als dass jegliche Änderungen, die in den Stiftungszweck, die Stellung der Begünstigten, Sonderbegünstigten oder sonstigen Zuwendungsempfänger, die Zuwendungsbestimmungen oder die Bestimmungen hinsichtlich der Stiftungsorgane eingriffen, unzulässig wären. Die Rechtsprechung des OGH besagt, dass eine Einschränkung des Änderungsrechts nachträglich nicht mehr zurückgenommen werden kann, außer es handelt sich um bloße Modalitäten der Ausübung des Änderungsrechts. Inhaltliche Beschränkungen können im Nachhinein nicht abgeändert werden, dabei handelt es sich zB um den Zweck der Privatstiftung oder die Begünstigtenregelung.

Eine Privatstiftung hat die Möglichkeit Substiftungen zu errichten, jedoch nur, wenn dies von der Stiftungserklärung gedeckt ist. Das bedeutet, dass der Stiftungszweck bei der Errichtung einer Substiftung beachtet werden und kongruent sein muss. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall darf die Stiftergesellschaft nach dem Tod des Erststifters keine Änderungen in der Begünstigtenregelung treffen, da es sich dabei um eine nachträglich nicht abänderbare inhaltliche Beschränkung handelt und die Stiftergesellschaft diese nicht umgehen darf, indem sie eine mit anderen Begünstigten versehene Substiftung errichtet, da der Stiftungszweck mit der ursprünglichen Stiftung nicht mehr kongruent wäre.

Gem § 10 Abs 2 und § 9 Abs 2 Z 7 PSG kann eine Stiftungserklärung in zwei Urkunden erfolgen, einer Stiftungsurkunde und einer Stiftungszusatzurkunde. Eine Zusatzurkunde darf nur errichtet werden, wenn darauf in der Stiftungsurkunde hingewiesen wurde und sie darf keine Angaben nach § 9 Abs 1 und Abs 2 Z 1 bis 8 PSG enthalten, da diese sonst unwirksam und unbeachtlich sind. Diese Regelungen dürfen nur in der ursprünglichen Stiftungsurkunde wirksam festgehalten werden. Die Literatur vertritt überhaupt die Meinung, dass Regelungen mit Außenwirkung nur wirksam sind, wenn sie in der Stiftungsurkunde normiert wurden. Bei der Bezeichnung der Begünstigten genügt eine vage Umschreibung des Begünstigtenkreises in der Stiftungsurkunde. Eine genaue Individualisierung oder Beschreibung kann danach auch in der Stiftungszusatzurkunde vorgenommen werden.

Gem § 9 Abs 2 Z 6 iVm § 10 Abs 2 PSG sind Bestimmungen über Änderungen der Stiftungserklärung in der Stiftungsurkunde festzuhalten, unabhängig davon, ob es sich um eine freiwillige Beschränkung oder einen Änderungsvorbehalt handelt. In casu wurden diese Bestimmungen nach diesen Vorgaben in der Stiftungsurkunde festgehalten, wodurch sie gesetzeskonform waren. Ergeben sich Widersprüche zwischen der Stiftungs- und der Stiftungszusatzurkunde, sind die Bestimmungen der Stiftungsurkunde als vorrangig zu bewerten.

Abschließend bedeutet dies, dass die Stiftergesellschaft selbst nach Ableben des Erststifters keinen Zugriff auf das Vermögen der beiden Privatstiftungen hat und dieses somit auch nicht in die Bewertung der Gesellschaft miteinzubeziehen war.