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Dokument-ID: 476738

WEKA (fsc) | News | 25.09.2012

Keine Abwägung bei eintragungspflichtigen Tatsachen im Firmenbuch (Hauptversammlungsprotokolle)

Eine Interessenabwägung zwischen dem jeweiligen Schutzbedürfnis der Beteiligten und dem Informationsinteresse des rechtsgeschäftlichen Verkehrs ist mit Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.

Geschäftszahl

OGH 19.04.2012, 6 Ob 49/12t

Norm

§ 12 FBG, §§ 117, 120 Abs 3 AktG, § 4 Z 2 DSG

Leitsatz

Quintessenz:

Eine Interessenabwägung zwischen dem jeweiligen Schutzbedürfnis der Beteiligten und dem Informationsinteresse des rechtsgeschäftlichen Verkehrs ist mit Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.

OGH: Aufgabe des Firmenbuchs ist es, die grundlegenden Tatsachen und Rechtsverhältnisse vor allem der vollkaufmännischen Unternehmungen zu beurkunden und öffentlich einsichtig zu machen. Dabei müssen solche Urkunden in das Firmenbuch aufgenommen werden, die Grundlage einer Eintragung bilden oder für die die Aufbewahrung bei Gericht angeordnet ist.

Die Offenlegung dient dabei sowohl dem Interesse der Allgemeinheit als auch demjenigen des eingetragenen Rechtsträgers, wobei der Zweck des Firmenbuchs nicht primär der Schutz aller möglichen Rechte von Dritten ist, sondern die Offenlegung von erheblichen Tatsachen und Rechtsverhältnissen, der im Einzelnen vorgesehenen Rechtsträger in deren Interesse und im Interesse anderer Rechtsträger sowie der Öffentlichkeit.

Dabei ist der Zweck des Teilnehmerverzeichnisses die Erleichterung der Feststellung der Beschlussfähigkeit, die Erleichterung der Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch die Anwendung des Subtraktionsverfahrens, die Beurteilung von Stimmrechtsausschlüssen sowie die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse.

Ein Sperrvermerk über Hauptversammlungsprotokolle entspricht damit nicht mehr § 12 FBG, da solche damit nicht mehr in der Urkundensammlung auffindbar sind und steht damit im Widerspruch zur Gesetzeslage, nach der Hauptversammlungsprotokolle samt Teilnehmerverzeichnis gemäß § 117 AktG zum Firmenbuch einzureichen und dort in die Urkundensammlung aufzunehmen sind.

Ferner lässt sich der Bestimmung des § 117 AktG keine planwidrige Regelungslücke erkennen, da das Begehren allenfalls rechtspolitisch wünschenswert erscheint. Dies reicht für eine Gesetzeslücke nicht aus.

Eine Interessenabwägung zwischen dem jeweiligen Schutzbedürfnis der Beteiligten und dem Informationsinteresse des rechtsgeschäftlichen Verkehrs ist weder mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar sondern deckt sich ebenso nicht mit dem Gebot der Rechtssicherheit und der einfachen Handhabung des Firmenbuchrechts.

Der bloße Wohnort ohne genaue Angaben der Adresse des Aktionärs fällt ebenfalls nicht unter den Begriff des Datenschutzrechtes der „sensiblen Daten“, welche gemäß § 4 DSG rassische und ethnische Herkunft einer natürlichen Person, ihre politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder ihr Sexualleben sind.

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