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WEKA (atr) | News | 29.12.2011

Keine Gebühren mehr für selbst angefertigte Ablichtungen

Für von der Partei selbst ohne Nutzung der Gerichtsinfrastruktur hergestellte Kopien aus Akten sind keine Gebühren mehr zu bezahlen: Die entsprechenden Gesetzesstellen wurden als verfassungswidrig erkannt und in BGBl I 142/2011 aufgehoben.

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 13.12.2011 jene Regelungen auf, die dazu führten, dass für selbst angefertigte Kopien (etwa mit Scanner oder Digitalkamera) Gebühren verlangt werden können. Die entsprechenden Passagen im Gerichtsgebührengesetz (TP 15 Anm 6 in nicht mehr geltender Fassung, § 29a) waren verfassungswidrig; die Verordnungen und Erlässe der Bundesministerin für Justiz dazu sind laut VfGH gesetzwidrig.

Laut Anmerkung 6 zu Tarifpost 15 GGG in der aufgehobenen Fassung war für unbeglaubigte Aktenabschriften oder -ablichtungen und sonstige Kopien eine Gebühr in Höhe von 1 Euro für jede angefangene Seite zu entrichten, werden sie von der Partei selbst hergestellt, eine Gebühr in Höhe von 50 Cent für jede Seite. Diese Regelung ist nach § 29a GGG auch für Strafverfahren anzuwenden.

Gebühren ohne Nutzung der Gerichtsinfrastruktur gegen den Gleichheitssatz

Für den VfGH widerspricht es erstens dem Gleichheitssatz, dass gleich hohe Gebühren fällig sind, unabhängig davon, ob die Infrastruktur des Gerichts genutzt wird oder nicht. Zweitens widerspricht es dem Gleichheitssatz auch, dass überhaupt eine Gebühr eingehoben wird, wenn Parteien mit eigenen Scannern oder Digitalkameras Ablichtungen vornehmen: Einscannen oder Abfotografieren stellen „bloß eine im Rahmen der Akteneinsicht vorgenommene, zeitgemäße Form der Abschriftnahme“ dar.

Für eine Kopiergebühr gibt es hier keine Grundlage.

Reparaturfrist bis 1. Juli 2012

Der VfGH setzte eine Reparaturfrist bis zum 1. Juli 2012

Der Bundeskanzler entsprach dem Erkenntnis mit Kundmachung am 28.12.2012: Anmerkung 6 zu Tarifpost 15 des GGG idF BGBl I 52/2009 sowie idF Artikel I Z 17 lit b der Verordnung der BM für Justiz über die Neufestsetzung von Gerichtsgebühren und Bemessungsgrundlagen, BGBl II 188/2009 sowie § 29a GGG idF BGBl I 100/2008 werden aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2012 in Kraft.

Die vom VfGH aufgehobene Fassung der TP 15 Anm 6 GGG war bei Aufhebung nicht mehr in Geltung; die Gebühren betragen derzeit 1,10 Euro pro Seite für Kopien, welche von Gerichtsbediensteten hergestellt werden und 60 Cent pro Seite für Ablichtungen, welche die Partei mittels Digitalkamera oder Handscanner selbst herstellt.

Die Aufhebung der entsprechenden Verordnungen und Erlässe des BMJ wurde mit BGBl II Nr 469/2011 am 30.12.2011 kundgemacht. Die Bundesministerin für Justiz kündigte zudem eine Reform des GGG an.

Quellen: VfGH 13.12.2011, G 85,86/11-17 V 77-81/11-17; BGBl I Nr 142/2011, BGBl II Nr 469/2011