Dokument-ID: 866208

WEKA (epu) | News | 26.09.2016

Keine automatische Beendigung von Nachranganleihen bei grenzüberschreitender Verschmelzung von Gesellschaften

Bei grenzüberschreitender Verschmelzung einer zypriotischen Emittentin von Nachranganleihen auf eine österr. Gesellschaft geht das Passivvermögen umfassend auf Zweitere über. Zum Erlöschen von den Verpflichtungen der Anleiheemittenten kommt es nicht.

Geschäftszahl

OGH 20. Juli 2016, 6 Ob 80/16g

Norm

§ 226 Abs 3 AktG, Art 267 AEUV, § 23 dUmwG

Leitsatz

Quintessenz:

Bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung einer zypriotischen Emittentin von Nachranganleihen auf eine österreichische Gesellschaft geht das Passivvermögen umfassend auf die Zweitere über. Zu einer Beendigung des Rechtsverhältnisses zu den Anleihegläubigern kommt es nicht. Eine Rechtswahl im Anleihevertrag (in diesem Fall: des deutschen Rechts) ist möglich, eine explizite Beendigungsmöglichkeit von Genussrechten ist § 23 dUmwG nicht zu entnehmen.

OGH: In casu war darüber zu entscheiden, ob die Rechte aus Nachranganleihen bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung wirksam beendet wurden.

Unter Berufung auf die Entscheidung des EuGH vom 07.04.2016, C-483/14 im erfolgten Vorlageverfahren führt der OGH aus, dass durch die Verschmelzung keine automatische Beendigung der von der Emittentin begebenen Nachranganleihen bewirkt wurde. Der EUGH habe entschieden, dass aufgrund einer grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Aufnahme das Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden auf die übernehmende Gesellschaft übergehe. Damit trete der übernehmende Rechtsträger bei allen vom Rechtsvorgänger geschlossenen Verträgen an dessen Stelle. Zu einem Erlöschen von Verpflichtungen – wie bei einer Liquidation – komme es nicht. Der EuGH habe weiters ausgesprochen, dass der von der übertragenden Gesellschaft geschlossene Anleihevertrag auch nach einer solchen Verschmelzung im Hinblick auf Auslegung, Erfüllung der Verpflichtungen und Arten des Erlöschens demselben Recht unterliegt, wie vor der Übertragung. Der Schutz der Gläubiger einer übertragenden Gesellschaft in einem Fall, der wie dieser gelagert sei, sei aber weiterhin nach dem nationalen Recht, dem diese Gesellschaft unterlag, zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall wurde zwar auch in Hinblick auf die Arten des Erlöschens eines von der übertragenden Gesellschaft geschlossenen Anleihevertrags die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart, jedoch normiert dieses im Gegensatz zum österreichischen Recht keine explizite Möglichkeit der Beendigung vonGenussrechten im Falle einer Verschmelzung. Aus diesem Grund kam es auf die zypriotischen Vorschriften zum Gläubigerschutz im gegebenen Verfahrensstadium nicht an.

Sämtliche Leitsätze zu aktuellen OGH- und VwGH-Entscheidungen sowie Entscheidungen im Volltext rund um das Thema Gesellschaftsrecht finden Sie auf www.weka.at/gesellschaftsrecht/Judikatur.