Dokument-ID: 273648

WEKA (bli) | News | 20.01.2011

Kriterien für das Vorliegen einer unechten stillen Gesellschaft

Es kann von Fremdunüblichkeit ausgegangen werden, wenn eine - durch eine Änderung des Vertrages über eine stille Gesellschaft resultierte - Besserstellung gesellschaftsfremden Beteiligten nicht eingeräumt werden würde.

Geschäftszahl

VwGH 14.10.2010, 2008/15/0324

Norm

§ 23 Z 2 EStG

Leitsatz

Quintessenz:

Es kann von Fremdunüblichkeit ausgegangen werden, wenn eine - durch eine Änderung des Vertrages über eine stille Gesellschaft resultierte - Besserstellung gesellschaftsfremden Beteiligten nicht eingeräumt werden würde.

VwGH: In den vorliegenden Beschwerdefällen ist strittig, ob eine steuerliche Mitunternehmerschaft in Form einer atypisch stillen Gesellschaft zwischen der Beschwerdeführerin und der A.P. GmbH vorliegt:

Eine unechte stille Gesellschaft liegt vor, wenn der stille Gesellschafter gesellschaftsrechtlich so gestellt wird, als wäre er Kommanditist. Es muss also im Innenverhältnis insbesondere vereinbart sein, dass der stille Gesellschafter an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt ist.

Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern werden an jenen Kriterien gemessen, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss demnach nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden. Für Verträge, die zwischen Gesellschaften abgeschlossen werden, die von der gleichen Person vertreten oder wirtschaftlich dominiert werden, sind wegen des in solchen Fällen typischerweise zu besorgenden Wegfalls der sonst bei Vertragsabschlüssen zu unterstellenden Interessengegensätze aus dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die gleichen Anforderungen zu erheben.

Im vorliegenden Fall beteiligte sich die Beschwerdeführerin mit Vertrag vom 18. Dezember 1979 (mit einem Kapital, das 1981 aufgestockt wurde) an der A.P. GmbH als echte stille Gesellschafterin. Diese Beteiligung war für sie bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 1990 unkündbar. Mit Vertrag vom 14. Dezember 1988 wurde die Beteiligung in eine atypisch stille Beteiligung umgeändert.

Die belangte Behörde hat die behauptete Änderung der Vereinbarung über die stille Gesellschaft, aufgrund derer eine „unechte“ stille Gesellschaft habe entstehen sollen, unter anderem unter Berücksichtigung dieser sog Angehörigenjudikatur nicht anerkannt. In den Beschwerden wird diesen Ausführungen entgegen gesetzt, der stille Gesellschafter sei durch die Vertragsänderung am 14. Dezember 1988 besser gestellt worden als vorher, dies umso mehr, als die ursprüngliche Kapitaleinlage bereits durch Verlustzuweisungen aufgezehrt war.

Mit diesem Vorbringen wird aber gerade keine Fremdüblichkeit dargetan, sondern die bereits vom Finanzamt dargestellte Fremdunüblichkeit dieser Vertragsgestaltung bestätigt. Der Prüfer hat darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin auf eine Kündigung ihrer stillen Beteiligung bis zu Beginn des Wirtschaftsjahres 1990 verzichtet habe. Ein Grund für die A.P. GmbH, dieses typisch stille Gesellschaftsverhältnis zu verändern, wird in der Beschwerde nicht mehr behauptet. Die Beschwerde verweist ausschließlich wiederholt auf die Vorteile des stillen Gesellschafters durch die Umänderung der bestehenden Vereinbarungen mit Vertrag per 14. Dezember 1988. Gibt es aber keinen sachlichen Grund für die A.P. GmbH, den Vertrag über die stille Gesellschaft abzuändern, dann kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die A.P. GmbH dieser Vertragsänderung nur deswegen zugestimmt habe, weil die stillen Gesellschafter zu ihr in einem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis stehen. Eine solche Besserstellung wäre gesellschaftsfremden Beteiligten nicht eingeräumt worden. Darin liegt der Grund für die zutreffende Annahme der Fremdunüblichkeit durch die belangte Behörde. Ihr Ausspruch über die Nichtfeststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für die Zeiträume 1993 bis 1997 und 1999 bis 2001 ist daher nicht rechtswidrig.

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