© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at

Dokument-ID: 270458

Michael Petritz | News | 15.03.2010

MMag. Petritz: Rechtsgeschäftsgebühren durch Emailurkunde?

Eine kürzlich ergangene UFS-Entscheidung zur – nicht bestehenden – Gebührenpflicht für einen via Email abgeschlossenen Mietvertrag hat die Diskussion darüber wieder angeheizt.

Bereits seit einiger Zeit schwelt im Fachschrifttum ein Konflikt darüber, ob auch nicht in Papier vorliegende Schriftstücke geeignet sind, als Urkunden im Gebührengesetz angesehen zu werden. Nunmehr gibt es erste Hinweise aus der Rechtsprechung.
Dieses Thema ist auch deshalb von nicht zu unterschätzender Bedeutung, da – zumindest im Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland – das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in den letzten Monaten systematisch Fragenvorhalte hinsichtlich der Feststellung, ob Gebühren und Verkehrsteuern ordnungsgemäß entrichtet wurden, versendet hat.

1. Die Urkunde im GebG

Die „Wurzel des Übels“ besteht darin, dass das GebG bereits aus dem 19. Jahrhundert stammt und somit oftmals seine Formulierungen nicht mehr der heutigen Zeit entsprechen. Unbestritten ist jedoch der auch durch § 15 Abs 1 GebG geprägte Leitsatz, dass Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig sind, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird. Dieses Urkundenprinzip wird auch durch die GebR (Rz 428) bestätigt, die als Urkunde „jede Schrift“ verstehen, „in der, wenn auch formlos, das Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes festgehalten ist.“
Der hA entsprach es bislang, auch durch die Historie des Gesetzes bedingt, dass eine Urkunde nur in Papierform vorliegen könne, dh eine Gebührenschuld nur dann entstünde, wenn die Urkunde physisch vorliege. Somit wurde oftmals zur Gebührenvermeidung die Urkunde nicht ausgedruckt, sondern elektronisch ausgetauscht.

2. Neue Auffassung durch die GebR 2007 und die Protokolle der Bundessteuertagung 2007

Von dieser Auffassung wurde erstmals – soweit ersichtlich – in den GebR 2007 (Rz 507) abgewichen. In der Rz 507 war nämlich zu lesen, dass das Ausdrucken der Urkunde keine Voraussetzung für das Entstehen der Gebührenschuld sei. Im einschlägigen Schrifttum wurde diese Auffassung jedoch verworfen. In den Protokollen der Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern 2007 wurde diese Auffassung jedoch ausdrücklich bestätigt (Bsp 3.5 zur Gebührenpflicht eines im Textverarbeitungsprogramm erstellten Schriftstückes).

3. „Rückkehr zur Normalität“ durch UFS Linz 9.10.2009, 0253-L/09?

Einen ersten Hinweis in der Causa gibt die Rechtsprechung des UFS Linz. Im zugrunde liegenden Sachverhalt war ein Mietvertrag anhängig, der über Email mit sicherer elektronischer Signatur abgeschlossen wurde, wobei das Email nicht ausgedruckt wurde. Die Behörde schrieb dennoch Rechtsgeschäftsgebühr vor.
Der UFS nahm zunächst Rückgriff auf die Erläuterungen zur Gebührengesetznovelle 1976 (338 BlgNR 14. GP) und kam zu folgendem Schluss: „Ein E-Email, das mit einer sicheren elektronischen Signatur im Sinne des § 4 Abs 1 SigG unterfertigt wurde, stellt kein Papier dar. So lange das elektronisch festgehaltene Dokument nicht auf Papier ausgedruckt wird, liegt daher eine Urkunde im Sinne des Gebührenrechtes nicht vor. Daran ändert auch nichts, dass nach § 18 Abs 1 GebG in der Fassung des AbgÄG 2001, BGBl I 2001/144, die Unterfertigung einer Urkunde in ‚jeder anderen technisch möglichen Weise‘ erfolgen kann. Der Begriff der Urkunde selbst wurde durch das AbgÄG 2001 nämlich nicht geändert, während etwa durch dieses Gesetz hinsichtlich des Eingabenbegriffes sehr wohl eine Bedachtnahme auf eine elektronische Datenübermittlung erfolgte.“

4. Anhängige Amtsbeschwerde!

Die Freude über die Entscheidung des UFS Linz währte leider nicht lange. Die Behörde erhob gegen die Entscheidung Amtsbeschwerde. Nunmehr ist der Sachverhalt unter 2009/16/0271 vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig, und dadurch in einem Senat anhängig, in dem ein Mitglied sitzt, welches bereits im Vorfeld im einschlägigen Schrifttum seine Auffassung be(ur!)kundet hat, dass auch Emailurkunden die Gebührenpflicht auslösen würden. Die Entscheidung bleibt somit voller Spannung abzuwarten.

5. Verbleibende Strategien zur Gebührenvermeidung

Die anhängige Amtsbeschwerde ändert aber nichts daran, dass auch weiterhin legale, sogar von den GebR 2007 anerkannte, Rechtsgeschäftsgebührenvermeidungsstrategien bestehen. Hier sind einerseits die sog Anwaltskorrespondenz (Rz 434 GebR) und das „Angebot/konkludente Annahme“-Prozedere zu nennen. Darüber hinaus kann aber auch weiterhin die Existenz einer Urkunde durch einen einfachen „Trick“ vermieden werden, nämlich in dem das Dokument nicht unterfertigt wird (Rz 428 GebR), sondern die beiden Parteien werden in einer Überschrift festgehalten (gilt nicht als notwendige Unterschrift iSd GebG), zB in einer Adressierung der Empfänger (können auch die Emailadressen der beteiligten Parteien sein).

Autor

MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

(15.03.2010)