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Michael Petritz | News | 25.05.2011

MMag. Petritz: Steuerfalle Großmutterzuschüsse und Konzernzuschüsse

Der Gastautor MMag. Petritz (KPMG Austria Gruppe) erläutert anhand aktueller Entscheidungen des UFS Wien die steuerrechtlichen Aspekte von so genannten "Großmutterzuschüssen".

Über die steuerliche Behandlung von „Großmutterzuschüssen“ („mittelbare Zuschüsse“) wurde in den letzten Jahren bereits viel diskutiert. Nach traditioneller Auffassung bezieht sich der Gesellschafterbegriff des KVG nur auf unmittelbar beteiligte Gesellschafter. Daher wurden Großmutterzuschüsse in der Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis lange Zeit per se als steuerfrei betrachtet (mwN Knörzer/Althuber [Hrsg]: Gesellschaftsteuer 2, § 2, Rz 82). Dies galt jedenfalls für sog „klassische Großmutterzuschüsse“ (weder Gewährung von Gesellschaftsrechten durch die Enkelgesellschaft noch Kapitalerhöhung bei der Enkelgesellschaft). Spätestens seit der Entscheidung des EuGH in der Rs Senior Engineering Investments BV (EuGH 12.1.2006, C-494/03) ist jedoch auch bei „klassischen“ Großmutterzuschüssen Vorsicht geboten. Ähnliches ergibt sich aufgrund der jüngsten Rsp auch für Zuschüsse von anderen Konzerngesellschaften (zB Zuschüsse von Schwester-, Tanten- oder Nichtengesellschaften).

Maßgeblichkeit der sog Interessenstheorie

Durch die Rsp hat sich in den letzten Jahren herausgebildet, dass bei Großmutterzuschüssen (aber auch bei Zuschüssen von anderen Konzerngesellschaften) anhand der wirtschaftlichen Betrachtungsweise geprüft werden muss, in wessen Interesse der Zuschuss gelegen ist, dh ob tatsächlich die Großmuttergesellschaft ein Interesse an der finanziellen Ausstattung der Enkelgesellschaft hatte oder doch eher die Muttergesellschaft. In letzterem Fall wäre dann uU von doppelter Gesellschaftsteuerpflicht auszugehen (Leistung von der Großmutter an die Muttergesellschaft und von der Muttergesellschaft an die Enkelgesellschaft). Besonders bei sog durchgeleiteten Großmutterzuschüssen (dh die Mittel wandern physisch von der Großmuttergesellschaft auf Konten der Muttergesellschaft und von dort dann weiter zur Enkelin) wird zur besonderen Vorsicht geraten.

Diesbezüglich ist besonders auf die Rsp des UFS der Jahre 2007–2009 zu verweisen, die bereits ausreichend kommentiert wurde (vgl Knörzer/Althuber [Hrsg]: Gesellschaftsteuer 2, § 2, Rz 103ff). In der Folge soll auf zwei jüngst veröffentlichte Entscheidungen eingegangen werden.

UFS Wien 11.5.2010, RV/1459-W/05: Anteilsabtretungsvertrags mit parallelem Forderungsverzicht

Diesem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die ausländische H Corp A war Muttergesellschaft sowohl der H CG GmbH und der H BV. Die H BV wiederum hielt Anteile an der K CV GmbH, welche in Österreich Sitz und Ort der Geschäftsleitung hatte. Die H CG GmbH als „Tantengesellschaft“ der K CV GmbH hatte offene Forderungen gegenüber der K CV GmbH.

Nunmehr verkaufte die H BV ihre Anteile an der K CV GmbH an einen Dritten. Im Zuge des Anteilsabtretungvertrags wurde vereinbart, dass „von der abtretenden Gesellschafterin oder aber von anderen Gesellschaften aus der Gesellschaftsgruppe H Zuschüsse und Darlehen an die H CV gewährt worden sind. Die abtretende Gesellschafterin verzichtet endgültig und unwiderruflich auf die Rückzahlung dieser Gesellschafterzuschüsse. Die abtretende Gesellschafterin garantiert auch, dass keine Rückzahlungsansprüche, auch nicht von Dritten, insbesondere aus der Gesellschaftergruppe H erhoben werden.“

Tatsächlich verzichtete parallel die H CG GmbH auf sämtliche Forderungen gegenüber der H CV GmbH. Fraglich war, ob der Forderungsverzicht Gesellschaftsteuer ausgelöst hat.

Der UFS hielt den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Forderungsabtretung und Abtretungsvertrag als starkes Indiz dafür, dass das wirtschaftliche Interesse am Forderungsverzicht bei der Muttergesellschaft, der H BV gelegen habe (Interesse der lastenfreien Abtretung der Geschäftsanteile) und somit durch den Forderungsverzicht ausgelöst werde.

UFS Wien 17.5.2010, RV/0655-W/07

Im zweiten Judikat gab die ausländische Großmuttergesellschaft der Enkelgesellschaft die Zusage eines nicht rückzahlbaren Gesellschafterzuschusses (dort wurde sofort eine nicht gebundene Kapitalrücklage eingebucht). Wichtig für den Sachverhalt war noch, dass zwischen der Muttergesellschaft und der Enkelgesellschaft ein Ergebnisabführungsvertrag bestand.

Wenige Tage nach dieser Zusage wurde der Konzern umstrukturiert, sodass zwischen ehemaliger Großmutter und Enkelgesellschaft drei weitere Gesellschaften Platz fanden. Der Zuschuss wurde sodann drei Monate nach erfolgter Umstrukturierung ausbezahlt.

In weiterer Folge wurde dann von der Enkelgesellschaft an die Muttergesellschaft aufgrund des Ergebnisabführungsvertrages der gesamte zugeschossene Betrag weitergeleitet (dh zunächst die Kapitalrücklage aufgelöst und dann abgeführt).

Dem Argument des Parteienvertreters, dass eine Zurechnung an die Muttergesellschaft deshalb nicht erfolgen könnte, da im Zeitpunkt des Zuschusses noch nicht absehbar war, dass die Kapitalrücklage aufgelöst wird, folgte der UFS nicht. Vielmehr sah er den Zeitpunkt der Leistungszusage als relevant an (somit kam der Umstrukturierung keine Relevanz zu), zudem rechnete er die Leistung anhand der Interessenstheorie der Muttergesellschaft zu. Die Interessen der Muttergesellschaft sah der UFS aufgrund von folgenden Merkmalen im konkreten Sachverhalt als gegeben an:

  • Die knappe zeitliche Abfolge zwischen den erfolgten Umstrukturierungsschritten, der Leistungszusage sowie der Ergebnisabführung
  • Der Wille zur Stärkung des Wirtschaftspotentials der Muttergesellschaft
  • Kein vorhandener Kapitalbedarf bei der Enkelgesellschaft
  • Notwendige Stärkung der Muttergesellschaft für Erlangung einer Bewilligung nach dem BWG
  • Notwendiger positiver Verkehrswert der Muttergesellschaft für die Anwendbarkeit des UmgrStG
  • Keine Nennung eines außersteuerlichen Grundes

Praktikertipp

Für Zuschüsse im Konzern sollte jedenfalls sichergestellt werden, dass eine ausreichende Dokumentation vorliegt, die das Interesse der Großmuttergesellschaft (bzw. der Konzerngesellschaft) dokumentiert. Des Weiteren sollte zumindest ein außersteuerlicher Grund ins Treffen geführt werden können.

Autor

MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

(12.07.2010)