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Dokument-ID: 270320

Georg Streit | News | 13.09.2009

Mag. Streit: Die Wahl der Firma – Liberalisiert aber nicht ganz frei!

Der OGH hat sich ein weiteres Mal mit den Grundsätzen der Firmenbildungsvorschriften auseinandergesetzt und seine seit dem 1.1.2007 dazu ergangenen Urteile zusammengefasst und konkretisiert (OGH 6 Ob 242/08v).

Rechtsgrundlagen:

§ 18 Abs 1 und 2 UGB

Der OGH hat sich ein weiteres Mal mit den Grundsätzen der Firmenbildungsvorschriften auseinandergesetzt und seine seit dem 1.1.2007 dazu ergangenen Urteile zusammengefasst und konkretisiert (OGH 6 Ob 242/08v).

Sachverhalt:

Die Gesellschaft eines neu gegründeten Unternehmens, das nach dem Gesellschaftsvertrag Unternehmensberatungsleistungen erbringen sollte, hatte für dieses Unternehmen die Firma Sun Services GmbH ausgewählt. Die Gesellschaft sollte neben der Unternehmensberatung noch zum Erwerb und zur Veräußerung von Unternehmen, zur Vertretung von Unternehmen und zur Beteiligung an Unternehmen berechtigt sein, also die „üblichen“ Nebentätigkeiten ausüben.

Die Rechtslage:

Nach In-Kraft-treten der liberalisierten Vorschriften über die Firmenbildung am 1.1.2007 muss jede Firma zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Sie darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über die geschäftlichen Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Das Firmenbuchgericht hat die Irreführungseignung nur zu berücksichtigen, wenn diese für das Gericht ersichtlich ist, also nicht allzu fern liegt (eine wettbewerbsrechtliche Prüfung könnte daher zu einem anderen Ergebnis führen, für eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung wäre die Prüfung durch das Firmenbuchgericht anlässlich der Eintragung der Firma im Firmenbuch nicht notwendigerweise maßgeblich).

Erste Funktion der Firma ist die Kennzeichnungseignung:

Die Firma hat in erster Linie Namensfunktion. Neben der von der Gesellschaft abgeleiteten Firmenbezeichnungen (Personenfirma) bestehen auch Sachfirmen. Eine Sachfirma kann den Gegenstand des Unternehmens enthalten. Unzulässig sind reine Gattungsbezeichnungen oder Branchenangaben. Diese haben keine Individualisierungswirkung, darüber hinaus besteht ein Freihaltebedürfnis an Gattungsbezeichnungen. Kein Unternehmer soll eine Gattungsbezeichnung für sich monopolisieren dürfen. Gattungsbezeichnungen dürfen in der Firma nur dann aufscheinen, wenn ein individualisierender Zusatz, also etwa ein Personenname hinzugefügt wird.

Unterscheidungskraft:

Die Firma muss auch geeignet sein, bei Lesern und Hörern die Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen anderen zu wecken. Nicht notwendig ist es, dass die konkrete Identität eines Unternehmens aus der Firma abgeleitet werden kann. Bei reinen Sach- und Gattungsbezeichnungen fehlt daher die Unterscheidungskraft.

Nach dem OGH sind die in Deutschland entwickelten Grundsätze zur Firmenbildung auch auf den österreichischen Rechtsbereich übertragbar. Unterscheidungskraft und Kennzeichnungsfähigkeit sind somit synonym zu prüfen, auch wenn der Gesetzeswortlaut anderes nahelegen mag. Auch Fantasiebezeichnungen können zur Kennzeichnung einer Firma verwendet werden. Die Unterscheidungskraft ist abstrakt zu beurteilen. Bei Fantasiefirmen wird in aller Regel die Unterscheidungsfähigkeit größer sein als bei Sach- und Personenfirmen, Fantasiebegriffe, die nur aus Allgemeinbegriffen gebildet werden, sind nicht als Firma eintragungsfähig (etwa Fun, Turbo, Today, Creativ).

Fremdsprachige Bezeichnungen als Fantasiefirma?!

Fremdsprachige Bezeichnungen können als Fantasiefirma zulässig sein, auch wenn sie in der Fremdsprache eine bloße Branchen- oder Gattungsbezeichnung bedeuten, solange sie für einen großen Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Inland wie ein Fantasiewort klingen. Je mehr ein fremdsprachiges Wort, etwa aus der englischen Sprache, ein Teil der Alltagssprache wird, umso eher ist es wie eine deutschsprachige Gattungs- oder Branchenbezeichnungen zu behandeln. Eine fremdsprachige Bezeichnung muss, um als Fantasiebezeichnung zu gelten, so ausgefallen sein, dass sie auch von durch-schnittlich angesprochenen Verkehrskreisen als Fantasiebezeichnung angesehen wird.

Die Begriffe „Sun“ und „Services“ sind in der deutschen Sprache allgemein verständlich, sodass von den durchschnittlich angesprochenen Verkehrskreisen diese Firma nicht als Fantasiefirma eingestuft werden wird. „Services“ ist als Gattungsbezeichnung anzusehen, der ebenso wie etwa dem Begriff „Managementkompetenz“ (die in einer der Vorentscheidungen des OGH gegenständlich war) keine Unterscheidungs- und Kennzeichenkraft zukommt. Das Wort „Sun“ reicht, weil eben allgemein bekannt, nicht zur Individualisierung aus. Somit scheiterte die Eintragung der Firma „Sun Services GmbH“ bereits an der fehlenden Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft (§ 18 Abs 1 UGB).

Irreführungsverbot:

Eine Firma eines Unternehmens darf, auch wenn sie unterscheidungsfähig ist, keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse irrezuführen. Maßstab sind Kunden, branchenkundige Kaufleute, Lieferanten, Kreditgeber, etc Abzustellen ist auf den jeweiligen durchschnittlichen Angehörigen dieser Personenkreise, also auf durchschnittlich informierte und verständige Personen.

Bei Fantasiefirmen ist also zu prüfen, ob die Fantasiebezeichnung beim angesprochenen Zielpublikum unzutreffende Assoziationen hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes auslöst, wie etwa bei „Sporttex“ für ein Unternehmen, das sich weder mit Sportartikeln, noch mit Textilien beschäftigt oder bei „Computronic“ für ein Bettenhaus. Das Wort „Sun“ deutet in keiner Weise auf ein Beratungsunternehmen für andere Unternehmen hin. Vielmehr werden mit dieser Firmierung nicht nur die beteiligten Verkehrskreise, sondern auch weitere Personen in die Irre geführt, nämlich solche, die sich unter dieser Firma ein Unternehmen vorstellen, das Dienste wie etwa Solarien, Sonnenenergie, Sonnenschutz, etc anbietet.

Fazit:

Die Firma eines Unternehmens muss nicht mehr zwingend einen Gesellschafternamen oder eine aus der Tätigkeit abgeleitete Bezeichnung beinhalten. (Reine) Fantasiebe-zeichnungen (ohne Bezug zum Unternehmensgegenstand) sind zulässig, bei Wahl eines Wortes, das – wenn auch in einer Fremdsprache – eine Bedeutung hat, ist jedoch darauf zu achten, dass damit nicht Assoziationen erweckt werden, die auf eine andere Tätigkeit schließen lassen, als im Unternehmensgegenstand festgelegt. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Fantasiebezeichnung auf eine andere Branche hinweist.

Autor:

Mag. Georg Streit ist seit 2000 Rechtsanwalt und seit 2001 Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Immaterialgüterrecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Rundfunkrecht und Vergaberecht. Weiters ist er Lektor an den Universitäten Wien und Salzburg, Vortragender bei Seminaren und Lehrgängen.

Für WEKA ist er Herausgeber des Newsletters für Gesellschaftsrecht Online sowie für das Werk „Personengesellschaften in Fallbeispielen“.

www.h-i-p.at

(13.09.2009)