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Dokument-ID: 303562

WEKA (skn) | News | 08.09.2011

Mehrheitserfordernisse bei Bestellung eines Generalversammlungsvorsitzenden ohne diesbezügliche Satzungsregelung

Für die Bestellung des Vorsitzenden der Generalversammlung ist – mangels abweichender Satzungsregelung – eine einfache Mehrheit ausreichend. Mit dem Vorsitz sind keine materiellen Vorrechte verbunden, nur Leitungsbefugnisse.

Geschäftszahl

OGH 16.06.2011, 6 Ob 99/11v

Norm

§ 39 Abs 1 GmbHG

Quintessenz

Für die Bestellung des Vorsitzenden der Generalversammlung ist – mangels abweichender Satzungsregelung – eine einfache Mehrheit ausreichend. Mit dem Vorsitz sind keine materiellen Vorrechte verbunden, nur Leitungsbefugnisse.

Leitsatz

OGH: Gemäß § 39 Abs 1 GmbHG ist für die Beschlussfassung der Gesellschafter, soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmen, die einfache Mehrheit ausreichend. Es entspricht der völlig herrschenden Auffassung, dass die Wahl des Vorsitzenden der Generalversammlung mangels Regelung in der Satzung mit einfacher Mehrheit erfolgt. Nach der gegenteiligen Auffassung (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Z 7) müsse der für die Beschlussfeststellung verantwortliche Versammlungsleiter einer Generalversammlung entweder durch den Gesellschaftsvertrag oder durch einen einstimmigen Gesellschaftsbeschluss ad hoc legitimiert sein – andernfalls könnte der (nicht stimmberechtigte) Mehrheitsgesellschafter durch willkürliche Beschlussfeststellung die Klagemöglichkeiten der benachteiligten Minderheit einschränken. Der Oberste Gerichtshof schließt sich der der herrschenden Ansicht an.

Auch die Parallele zum Aktienrecht spricht für die Bestellung des Vorsitzenden der Generalversammlung mittels einfacher Mehrheit. In der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Aufsichtsrates oder dessen Stellvertreter den Vorsitz. Bei deren Abwesenheit, hat zunächst der beurkundete Notar die Hauptversammlung bis zur Wahl eines Vorsitzenden zu leiten. Auch in diesem Fall ist die Grundregel des § 121 Abs 2 AktG anzuwenden und somit ist die einfache Mehrheit ausreichend.

Für die genannte Auffassung sprechen außerdem die eingeschränkten Befugnisse des Vorsitzenden der Generalversammlung. Mit der Bestellung zum Vorsitzenden sind nämlich keine materiellen Vorrechte verbunden. Seine Aufgabe ist es, sofern keine abweichenden Regelungen in der Satzung enthalten sind, den Ablauf der Generalversammlung festzulegen, Abstimmungen durchzuführen sowie allenfalls die Verhandlungs- und Abstimmungsergebnisse festzustellen. Bei der GmbH ist aber – anders als bei der AG – keine ausdrückliche Beschlussfeststellung erforderlich.

Minderheitsrechte werden durch die Bestellung eines Vorsitzenden nicht beeinträchtigt. Vielmehr sichert ein ordnungsgemäßer Verlauf der Generalversammlung die Möglichkeit jedes Gesellschafters, seine Rechts umfassend wahrzunehmen.

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