Dokument-ID: 845661

WEKA (ato) | News | 13.07.2016

Mitwirkung bei der Aufrechterhaltung von „Ordnung und Sauberkeit“ als gemeinnütziger Zweck?

Als gemeinnützig gelten gem § 35 Abs 1 BAO Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Für eine Körperschaftsteuerbefreiung müssen die Zwecke durch die Körperschaft auch selbst und unmittelbar gefördert werden.

Geschäftszahl

VwGH 10. März 2016, 2013/15/0216

Norm
 § 34 Abs 1 BAO; § 35 Abs 1 BAO; § 35 Abs 2 BAO; § 40 Abs 1 BAO; §1 Abs 2 KStG 1988; § 5 Z 6 KStG 1988

Leitsatz

Quintessenz:

Als gemeinnützig gelten gemäß § 35 Abs 1 BAO solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Dies ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Um die Voraussetzungen einer Körperschaftsteuerbefreiung zu erfüllen, müssen die begünstigten Zwecke durch die Körperschaft auch selbst und unmittelbar gefördert werden.

OGH: Körperschaften iSd § 1 Abs 2 KStG 1988, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen, sind von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit (§ 5 Z 6 KStG 1988).

Voraussetzung hierfür ist, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage sowie nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke dient (§ 34 Abs 1 BAO).

Unter gemeinnützigen Zwecken versteht man solche, mittels deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird (§ 35 Abs 1 BAO). Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt (§ 35 Abs 2 BAO). Dies trifft vor allem auf die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden, zu.

§ 34 Abs 1 BAO normiert, dass die begünstigten Zwecke durch die Körperschaft auch selbst und unmittelbar gefördert werden müssen. Die erforderliche Unmittelbarkeit der Förderung liegt gemäß § 40 Abs 1 BAO vor, wenn die Körperschaft die begünstigten Zwecke selbst erfüllt oder wenn dies durch Dritte geschieht, sofern deren Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist (dies trifft zu, wenn der Dritte in einem Weisungsverhältnis zur Körperschaft steht bzw verpflichtet ist, die Rechtsgrundlage der Körperschaft zu befolgen. Ebenfalls kann der Dritte eine vertraglich abhängige juristische Person sein. An der umittelbaren Förderung fehlt es hingegen zB im Falle, dass ein Verein lediglich von anderen Rechtsträgern unmittelbar geförderte, begünstigte Zwecke finanziert.

Der Tätigkeitsschwerpunkt der Beschwerdeführerin liegt in der Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sprechen zu diesem Zweck Personen an, die Verwaltungsübertretungen begehen, weisen diese auf die Unzulässigkeit ihres Verhaltens hin und ersuchen sie, dieses zu unterlassen. Schon allein durch ihr Auftreten im Stadtgebiet sowie ihre aufklärende Arbeit im direkten Bürgerkontakt wird Fehlverhalten verringert und eine Sensibilisierung dahingehend bewirkt, dass sich die Wertvorstellungen der Betroffenen in Richtung eines gesetzeskonformen, einem konfliktfreien Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger förderlichen Verhaltens ändern. Nach Ansicht des VwGH liegt somit eine unmittelbar aktive Betätigung der Beschwerdeführerin durch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf sittlichem Gebiet vor, die dem Gemeinwohl im Sinne eines konfliktfreien Zusammenlebens aller Bürgerinnen und Bürger nützt.

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