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Georg Streit | News | 23.10.2017

Neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung – die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung

Herausgaber Mag. Georg Streit erläutert in diesem Beitrag, welche Neuerungen sich durch das neue Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 ergeben werden, das mit 1.1.2018 in Kraft treten wird.

Der Nationalrat war bekanntlich vor dem Sommer recht fleißig bei der Umsetzung neuer Gesetzesvorhaben. Zu den zahlreichen Vorhaben des Nationalrats, die vor dem Sommer auch noch umgesetzt wurden, zählt die Schaffung einer neuen Form der betrieblichen Privatstiftung, der „Mitarbeiterbeteiligungsstiftung“. Diese soll die Weiterentwicklung der Belegschaftsbeteiligungsstiftung werden. Konkret soll damit die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen erhöht werden. Diese Stiftung ermöglicht in Hinkunft die Ausgabe von Aktien der Unternehmen an Mitarbeiter, während bisher bloß die finanzielle Beteiligung in Form der Weitergabe von Beteiligungserträgen an die Mitarbeiter möglich war. Diese Erweiterung der Mitarbeiterbeteiligungsmöglichkeiten hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, die Regelungen für betriebliche Stiftungen insgesamt neu zu gestalten und, wie es die Regierungsvorlage ausdrückt „übersichtlicher“ zu gestalten. Der Finanzausschuss stimmte für die Verabschiedung des Gesetzes mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und NEOS.

Umgesetzt wurden diese Änderungen des Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetzes 2017 (MitarbeiterBetStG 2017, BGBl I Nr 105/2017 vom 26.7.2017) in keinem „eigenen“ Materiengesetz, sondern durch die Adaptierung von sechs bestehenden Gesetzen (StG, KörperschaftsteuerG, StiftungseingangssteuerG, ArtG und ASVG) sowie einer Klarstellung zum beherrschenden Sinne des UGB. Die zentrale Bestimmung des MitarbeiterBetStG 2017 ist der neu geschaffene § 4d des StG, der die Überschrift „betriebliche Privatstiftungen“ trägt.

Kernaktionär zur Vermeidung feindlicher Übernahmen

Der vom Gesetzgeber intendierte Zweck ist die Bildung und Stärkung eines Kernaktionärs zur Vermeidung feindlicher Übernahmen. Das wiederum soll der Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten in Österreich dienen. Der Gesetzgeber verspricht sich diese Effekte von der direkten Beteiligung von Mitarbeitern von Aktiengesellschaften durch Übernahme von Aktien. Diese wiederrum werden treuhändig verwaltet, um eine einheitliche Stimmrechtsausübung und somit die Stellung eines Kernaktionärs sicherzustellen. Durch die Auszahlung von Dividenden aus dem Treuhandbetrag kommen die Mitarbeiter in den Genuss von Kapitalerträgen.

Begleitend zur Einführung der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung wurde im Einkommensteuergesetz eine neue Befreiungsbestimmung für den Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von Aktien vorgesehen. Diese soll übrigens nun bis zu einer Höhe von EUR 4.500,00 für eine Steuerbefreiung sorgen.

Formen der Mitarbeiterbeteiligung

Das Gesetz unterscheidet verschiedene Formen der betrieblichen Privatstiftungen, was zum Überbegriff wird. Zu diesen zählen die Unternehmenszweckförderungsstiftungen, die Arbeitnehmerförderungsstiftungen und die Belegschaftsbeteiligungsstiftungen, die es bisher schon gab sowie die nun neu geschaffenen Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen.

Die Unternehmenszweckförderungsstiftung ist unverändert geblieben, aber nunmehr in § 4d Abs 1 StG geregelt. Die Arbeitnehmerförderungsstiftung (§ 4d Abs 2 StG) blieb im Wesentlichen ebenfalls unverändert, der Gesetzgeber nahm „aus Gründen der Übersichtlichkeit“ einige Umformulierungen und „Anpassungen“ vor. Die Belegschaftsbeteiligungsstiftungen (§ 4s Abs 3 StG) wurden inhaltlich ebenfalls nicht berührt, aber auch hier gab es Anpassungen an die geänderte Rechtslage in Form von Verweisungen innerhalb des Gesetzes.

Einsatzbereich – Voraussetzungen

Die neue Mitarbeiterbeteiligungsstiftung dient der Weitergabe von Aktien an den Arbeitgebergesellschaften an Arbeitnehmer und deren Angehörige. Die steuerfreie Abgabe von Kapitalanteilen kommt somit Arbeitnehmern, ehemalige Arbeitnehmern sowie deren (Ehe-)Partnern und Kindern zu – wie ausgeführt mit EUR 4.500,00 pro Dienstverhältnis.

Dieser Vorteil gilt aber nur, wenn er allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern eines genannten Unternehmens zukommt, es muss sich also um eine generelle Maßnahme handeln, um den Steuervorteil für den einzelnen Betroffenen auszulösen.

Darüber hinaus bedarf es dazu des Haltens der Aktien an der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung durch den Begünstigten bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses unter Ausschluss der Kündigung über die treuhändige Verwahrung und Verwaltung der Aktien des Mitarbeiters vor Beendigung seines Dienstverhältnisses. Diese Regelung ist in Hinblick auf die Ziele des Gesetzes konsequent. Nach dem Ende der Betriebszugehörigkeit kann der Mitarbeiter aber den Zeitpunkt der Entnahme oder des Verkaufs der Aktien frei wählen.

Eine Mitarbeiterbeteiligungsstiftung liegt aber nur vor, wenn sie ausschließlich und unmittelbar der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von Aktien an die Begünstigten, der treuhändigen Verwahrung und Verwaltung von Aktien der Begünstigen, der einheitlichen Ausübung der mit den von den Begünstigten übertragenen treuhändig verwahrt und verwalteten Aktien verbundenen Stimmrechte und dem Erwerb und dem vorübergehenden Halten von Aktien an der Arbeitergesellschaft selbst bis zu 10 % der Stimmrechte zum Zweck der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe an Begünstigte (aktuelle und frühere Arbeitnehmer und deren Angehörige) von Arbeitergebergesellschaften dient. Das sind der Dienstgeber selbst sowie mit diesem verbundene Konzernunternehmen oder sonstige gesellschaftsrechtlich verbundene Unternehmen oder Unternehmen, die mit diesem in einem Haftungsverbund nach dem Bankwesengesetz stehen.

Die Möglichkeit des Haltens von Aktien in einem Ausmaß von bis zu 10 % der Stimmrechte dient der Schaffung der Rolle eines Kernaktionärs, der feindliche Übernahmen aufgrund seiner Sperrminorität verhindern könnte. Die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung kann zu diesen Zweck Aktien auch selbst halten und sie nicht sofort an die Arbeitnehmer oder deren Angehörige abgeben, sondern zunächst selbst verwalten. Bei den gehaltenen Aktien kann es sich um selbst erworbene oder vom Stifter zugewendete Aktien handeln. Die über einen längeren Zeitraum gehaltenen Aktien müssen aber über diesen Zeitraum planmäßig abgegeben werden. Erfolgt die planmäßige Abgabe der Aktien an die Mitarbeiter nicht, verliert die Privatstiftung den Charakter als Mitarbeiterbeteiligungsstiftung und damit die steuerliche Begünstigung und wird somit zu einer „herkömmlichen“ Stiftung.

Betriebsausgaben

Zuwendungen des Stifters an die Stiftung sind als Betriebsausgaben steuerlich verwertbar, was dem raschen Aufbau eines relevanten Beteiligungsstockes der Stiftung an der Arbeitgebergesellschaft dient. Als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können auch die Gründungsaufwendungen oder die laufenden Aufwendungen der Privatstiftung oder die Kosten für die treuhändige Verwahrung und Verwaltung der Aktien der Begünstigten.

Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen haben dem Finanzminister jedes Kalenderjahr Informationen zu übermitteln, aus der die Anzahl der gehaltenen und verwalteten Aktien, der begünstigen Arbeitnehmer bzw deren Angehöriger sowie der unentgeltlich oder verbilligtenAktien hervorgeht. Dazu wurde eine Verordnungsermächtigung geschaffen, die es dem Finanzminister ermöglicht, Details im Verordnungsweg zu regeln.

Flankierende Maßnahmen

Die Änderungen im Körperschaftsteuergesetz, im Stiftungseingangssteuergesetz, im AktG und im ASVG sind flankierende Maßnahmen, die aufgrund der Änderungen im Einkommensteuergesetz notwendig wurden und die steuerlichen Konsequenzen umfassen.

In Artikel 6 des MitarbeiterBetStG 2017 wird festgehalten, dass die verbindliche Vorgabe der planmäßigen Abgabe von Aktien einer Arbeitgebergesellschaft an die Begünstigten einer Mitarbeiterbeteiligungsstiftung keinen beherrschenden Einfluss auf die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung iSd UGB auslöst.

Inkrafttreten

Die Errichtung von Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen nach den neuen gesetzlichen Regelungen des MitarbeiterBetStG 2017 soll ab 1.1.2018 möglich sein. Somit kommen die neuen Regelungen erstmals bei der Steuerveranlagung für das Jahr 2018 zur Anwendung.

Ob die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung den intendierten Zweck erfüllt oder nicht, und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Stärkung der Bindung der Mitarbeiter an ihre Arbeitgeber gegeben sind, sowie ob die steuerlichen Zuckerln ausreichen, dieses Instrumentarium auch Arbeitgebern vermehrt schmackhaft zu machen, wird die Zukunft zeigen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür scheinen jedoch tauglich zu sein.

Autor

Mag. Georg Streit ist seit 2000 Rechtsanwalt und seit 2001 Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Immaterialgüterrecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Rundfunkrecht und Vergaberecht. Weiters ist er Lektor an den Universitäten Wien und Salzburg, Vortragender bei Seminaren und Lehrgängen.

Für WEKA ist er Herausgeber des Newsletters für Gesellschaftsrecht Online sowie für das Werk „Personengesellschaften in Fallbeispielen“.

www.h-i-p.at