Dokument-ID: 784251

WEKA (vpa) | News | 15.09.2015

Pflichtversicherung von Vorstandsmitgliedern nach dem AlVG

Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind nach dem AlVG arbeitslosenpflichtversichert, sofern sie als Dienstnehmer oder freie Dienstnehmer tätig werden und Dienstnehmern damit nach § 1 Abs 8 AlVG gleichgestellt sind.

Geschäftszahl

VwGH 23. März 2015, 2014/08/0062

Norm

§ 1 Abs 1 lit a AIVG

Leitsatz

Quintessenz:

Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind nach dem AlVG arbeitslosenpflichtversichert, sofern sie als Dienstnehmer oder freie Dienstnehmer tätig werden und Dienstnehmern damit nach § 1 Abs 8 AlVG gleichgestellt sind. Dem steht weder eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 6 ASVG entgegen, noch, dass das Vorstandsmitglied nur aufgrund seiner Lohnsteuerpflicht (§ 3 Abs 2 dritter Satz ASVG) als Dienstnehmer zu qualifiziere ist.

VwGH: Voraussetzung für die Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs 1 lit a AlVG ist, dass ein Dienstverhältnis iSd § 4 Abs 2 bzw Abs 4 ASVG besteht. Der Dienstnehmerbegriff des § 1 Abs 1 lit a AlVG entspricht weitgehend dem des § 4 Abs 2 ASVG. Die §§ 1 bis 3 AlVG verneinen die Dienstnehmereigenschaft für Dienstnehmer in leitender Funktion nicht. Dafür spricht auch, dass auch freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG (§ 1 Abs 8 AlVG) sowie selbstständig Erwerbstätige (§ 3 AlVG) unter die Pflichtversicherung fallen können. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Risiko (Arbeitslosigkeit) verwirklicht wird, ist nicht ausschlaggebend.

Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft können aufgrund eines Auftragsverhältnisses oder eines Dienstvertrages tätig werden. Dem stehen auch die §§ 70 ff AktG nicht entgegen, weil ein Dienstverhältnis eine allein schuldrechtliche Beziehung zwischen AG und Vorstand beschreibt, weswegen die Unabhängigkeit des Vorstandes gewahrt bleibt.

Dass der Spezialtatbestand des § 4 Abs 1 Z 6 ASVG anzuwenden ist, spricht nicht dagegen, Vorstandsmitglieder als Dienstnehmer nach § 4 Abs 2 ASVG und damit auch als Dienstnehmer nach § 1 Abs 1 lit a AlVG zu qualifizieren. Das Vorliegen der Dienstnehmereigenschaft kann nur im Wege einer Einzelfallprüfung ermittelt werden. Dem steht nicht entgegen, dass Vorstandsmitglieder üblicherweise keine Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG sind.

Wird ein Vorstandsmitglied aufgrund eines Anstellungsverhältnisses tätig, so liegt in der Regel ein freier Dienstvertrag vor.

Liegt die Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 6 ASVG vor, so folgt daraus also nicht, dass die Dienstnehmereigenschaft nach dem AlVG zu verneinen ist. Daher unterfällt ein Vorstandmitglied, das seine Tätigkeit im Rahmen eines freien Dienstvertrages ausübt, gem § 1 Abs 8 AlVG iVm § 4 Abs 4 ASVG der Arbeitslosenversicherungspflicht.

Aus § 4 Abs 1 Z 6 ASVG folgt ebenso wenig die Einschränkung, dass Personen, die nur wegen ihrer Lohnsteuerpflicht (§ 4 Abs 2 dritter Satz ASVG) als Dienstnehmer gelten, von der Gleichstellung von Dienstnehmern nach dem ASVG und Dienstnehmern nach § 1 Abs 1 lit a AlVG ausgenommen wären.

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