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Florian Linder - Lukas Schenk | News | 01.03.2013

Praxisfragen zur Teilbarkeit eines GmbH-Geschäftsanteils

Die Gastautoren Dr. Florian Linder und Dr. Lukas Schenk geben ua hilfreiche Tipps, wie bei einer beabsichtigten Teilung eines GmbH-Geschäftsanteils zu verfahren ist. Der Beitrag enthält zahlreiche Hinweise auf Judikatur und Literatur zum Thema.

Nach österreichischem GmbH-Recht ist die Teilung von Geschäftsanteilen nur bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Genehmigung zulässig. In der Praxis stellt sich die Frage, ob im Fall einer fehlenden Grundlage im Gesellschaftsvertrag die beabsichtigte Teilung dennoch durchführbar ist. Fraglich ist ferner, ob die Teilübertragung eines Geschäftsanteils im Nachhinein saniert werden kann, wenn der Gesellschaftsvertrag diesbezüglich keine Regelung enthält.

Gemäß § 79 Abs 1 Satz 1 GmbHG ist die Teilung eines Geschäftsanteils, außer im Fall der Vererbung, nur zulässig, wenn im Gesellschaftsvertrag die Abtretung von Teilen eines Geschäftsanteils gestattet ist. Bei der erforderlichen Ermächtigung zur Teilung im Gesellschaftsvertrag handelt es sich um einen echten (materiellen) Satzungsbestandteil (OGH 2 Ob 493/57, SZ 30/78). Oft enthalten Gesellschaftsverträge Bestimmungen, die wie folgt oder ähnlich lauten: „Die Geschäftsanteile sind übertragbar und teilbar.“ Damit wird eine Mobilisierung auch von Teilen eines Geschäftsanteils und eine Vergrößerung des Gesellschafterkreises auch ohne Kapitalerhöhung ermöglicht.

Fehlt eine § 79 Abs 1 Satz 1 GmbHG entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag, stellt sich die Frage, ob eine teilweise Übertragung dennoch durchführbar ist. Erkennen die Gesellschafter die Problemstellung, ist grundsätzlich daran zu denken, im Zuge der Teilabtretung eine entsprechende Satzungsänderung zu beschließen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Satzungsänderung erst mit der Eintragung im Firmenbuch wirksam wird (§ 49 Abs 2 GmbHG). Wird ein Teil des Geschäftsanteils vor diesem Zeitpunkt – zB unmittelbar nach der Generalversammlung – übertragen, so besteht für die Teilübertragung in diesem Zeitpunkt noch keine rechtswirksame gesellschaftsvertragliche Grundlage. Es muss daher die Eintragung der Satzungsänderung abgewartet werden. Ab diesem Zeitpunkt ist die Teilübertragung zulässig und wirksam.

Eine andere Möglichkeit könnte grundsätzlich darin bestehen, nicht eine formelle Satzungsänderung zu beschließen, sondern die Teilübertragung im Wege eines so genannten satzungsdurchbrechenden Gesellschafterbeschlusses zu genehmigen. Ein solcher liegt allgemein dann vor, wenn die Gesellschafter unter grundsätzlichem Festhalten am Satzungsinhalt einen Beschluss fassen, der materiell mit dem Gesellschaftsvertrag in Widerspruch steht. Im Einzelnen sind die Voraussetzungen für eine wirksame Satzungsdurchbrechung strittig (s nur Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 49 Rz 8; Rauter/Milchrahm in Straube, GmbHG § 49 Rz 64; Diregger in Doralt/Kalss/Nowotny, AktG § 195 Rz 17; Obradovic, GesRz 2012, 337; zur dt Lehre Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG10 § 53 Rz 46). Erkennen die Gesellschafter die Problemstellung aber ohnehin, liegt es viel näher, gleich eine entsprechende Satzungsänderung zu beschließen und durchzuführen.

Wird die Problematik hingegen nicht berücksichtigt, stellt sich die Frage nach den Rechtsfolgen einer Teilübertragung ohne Grundlage im Gesellschaftsvertrag. Nach der Rechtsprechung und hL ist die Teilübertragung eines Geschäftsanteils ohne gesellschaftsvertragliche Grundlage unwirksam (OGH 1 Ob 530/76, SZ 49/23; OGH 2 Ob 493/57, SZ 30/78; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 3; Rauter in Straube, GmbHG § 79 Rz 16; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 639). Nach der Judikatur tritt auch keine schwebende Unwirksamkeit bis zu einer nachträglichen entsprechenden Satzungsänderung ein (OGH 2 Ob 493/57, SZ 30/78). Auch eine Umdeutung der ungültigen Teilübertragung in die Schaffung gemeinsamen Eigentums an dem Geschäftsanteil ist nicht möglich (OGH 2 Ob 493/57, SZ 30/78).

Es stellt sich die Frage, ob von diesem Grundsatz Ausnahmen bestehen und die Teilübertragung in bestimmten Fällen ausnahmsweise doch wirksam ist.

Die Rechtsprechung hat eine Ausnahme dann anerkannt, wenn sich sämtliche Gesellschafter an der Teilabtretung durch Teilabtretungserklärungen beteiligen (OGH 1 Ob 530/76, SZ 49/23; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 640; krit Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 3). In diesem Fall sind die Teilabtretungen selbst ohne gesellschaftsvertragliche Grundlage von vornherein wirksam. Die Reichweite der Ausnahme ist im Übrigen ungeklärt. Etwa ist unklar, ob sie auch dann gilt, wenn nur einzelne, aber nicht alle Gesellschafter Teilabtretungen vornehmen.

Fraglich ist, ob die mangelnde gesellschaftsvertragliche Grundlage durch einen einstimmigen zustimmenden Gesellschafterbeschluss ersetzt werden kann. Die Rechtsprechung und die hL lehnen dies – soweit ersichtlich – insbesondere im Hinblick auf die Formzwecke der §§ 4 Abs 3, 49 Abs 1 GmbHG ab (vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 39 Rz 3). Es könnte uE allerdings durchaus argumentiert werden, dass der Formzweck, Rechtssicherheit zu fördern und die Beteiligten auf die Bedeutung des Aktes aufmerksam zu machen (vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 4 Rz 22; OGH SZ 61/269), auch durch einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss erreicht wird. Jedenfalls der Schutz der Gesellschafter ist auf diese Weise sichergestellt. Auch die Rechtssicherheit und die Interessen des potenziellen Erwerbers sind so eher gewahrt, als wenn auch Jahre nach dem Übertragungsvorgang die Gesellschafterstellung infrage gestellt werden könnte.

Liegt keine der dargestellten Ausnahmen vor, stellt sich regelmäßig die Frage einer nachträglichen Sanierung. Nach der Rechtsprechung scheint eine nachträgliche Sanierung eher ausgeschlossen. In der Literatur wird demgegenüber die Möglichkeit einer Sanierung durch eine nachträgliche gesellschaftsvertragliche Genehmigung bejaht (Obradovic, GesRz 2012, 335). Es sprechen uE gute Gründe für eine Heilung durch eine nachträgliche, die Abtretung genehmigende Satzungsänderung. Es wäre eine unnötige und unwirtschaftliche Formalität, wenn nach Aufnahme einer gesellschaftsvertraglichen Erlaubnis das Abtretungsgeschäft neu vorgenommen werden müsste. Gelingt eine nachträgliche Satzungsänderung binnen angemessener Frist nicht, treten nach dieser Auffassung die Rechtsfolgen der nachträglichen Unmöglichkeit gemäß § 878 ABGB ein (Obradovic, GesRz 2012, 335; vgl Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 15 Rn 33).

Autoren

MMag. Dr. Florian Linder:

MMag. Dr. Florian Linder ist Rechtsanwalt bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er ist als Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig sowie ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Dr. Florian Linder war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmensrecht, Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht, allgemeines Zivil- und Vertragsrecht sowie Litigation.

Florian.linder@vbsn.at

Dr. Lukas Schenk:

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmenstransaktionen, Gesellschaftsrecht und Gesellschafterausschluss, Umstrukturierungen, Vergabe- sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at