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Dokument-ID: 934777

WEKA (api) | News | 19.07.2017

Rechtfertigt ein Aufteilungsanspruch nach §§ 81 EheG gegen den Stifter Akteneinsicht in den Firmenbuchakt der Stiftung?

Akteneinsicht ist mit der Zustimmung der betroffenen Parteien nur möglich, wenn kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit oder eines anderen überwiegt. In welchen Fällen ist eine Einsicht auch ohne Zustimmung möglich?

Geschäftszahl

OGH 29. März 2017, 6 Ob 243/16b

Norm

§ 22 AußStrG iVm § 219 ZPO

Leitsatz

Quintessenz:

Akteneinsicht ist mit der Zustimmung der betroffenen Parteien nur möglich, wenn kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit oder eines anderen überwiegt. Sollte keine Zustimmung vorliegen, ist eine Einsicht nur möglich, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird, das über rein wirtschaftliche Faktoren oder reines Informationsbedürfnis hinausgeht und außerdem stärker wiegt als das Interesse der Parteien auf Datenschutz.

OGH: In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall beantragt eine Frau Akteneinsicht in den Firmenbuchakt einer Privatstiftung, bei der ihr Exmann Stiftungsvorstand und Stifter ist, da sie befürchtet, dass er in der abgeänderten Stiftungsurkunde auf sein Änderungs- und/oder Widerrufsrecht verzichtet habe, um die Antragstellerin in dem Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG schlechter zu stellen.

Gem § 219 Abs 2 ZPO kann ein Dritter mit Zustimmung der beteiligten Parteien nur Einsicht nehmen, wenn kein überwiegendes berechtigtes Interesse eines anderen oder ein öffentliches Interesse dagegenspricht. Ohne Zustimmung besteht die Möglichkeit nur, wenn der Dritte ein rechtliches Interesse glaubhaft macht. Das Erstgericht bewilligte den Antrag, während das Rekursgericht das Akteneinsichtsbegehren abwies. Es führte aus, dass keine Zustimmung vorliege und somit ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werden müsste. Wenn dies gelingen würde, wäre es mit den Interessen der Verfahrensparteien abzuwägen, um zu schauen, welches Interesse überwiege. Dabei reicht ein allgemein öffentliches Interesse an Information oder das Informationsbedürfnis der Antragstellerin nicht aus. Das rechtliche Interesse muss erstens in der Rechtsordnung gegründet sein und zweitens von dieser gebilligt werden. Ein rein wirtschaftliches Interesse oder ein Interesse nach Information genügt nicht. Des Weiteren muss die daraus gewonnene Information bedeutend für die antragstellende Person sein und ihr privat- oder öffentlichrechtliche Vorteile einbringen, auch wenn nur es nur die Beweislage positiver gestaltet. Die von der Antragstellerin in casu vorgebrachten Befürchtungen, sie würde in einem Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff Vermögensabflüsse erwarten, sind demnach als rein wirtschaftliche Interessen anzusehen.

In seiner Entscheidung stellte sich der OGH auf die Seite des Rekursgerichts und führte aus, dass dieses die Rechtsprechung zutreffend dargestellt und angewendet hätte. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Entscheidungen 16 Ok 9/14f und 8 Ob 4/03a, in denen anders entscheiden worden ist, seien mit dem Fall nicht vergleichbar. Außerdem gäbe es keinen Vorteil für die Antragstellerin, wenn sie Einsicht in den Firmenbuchakt bekommen würde, da in diesem idR kein Hinweis auf das Stiftungsvermögen, abgesehen von dem Gründungsvermögen, enthalten sei. Das Gleiche sei für eine mögliche Errichtung einer Substiftung anzuführen, da keine Anmelde- oder Mitteilungspflicht bestünde. Wer letztendlich als Begünstigter agiere, sei auch aus einer möglichen Akteneinsicht nicht zu eruieren. Lediglich dann, wenn der Begünstigte in der Stiftungsurkunde genannt wird, sei er (ohnehin) auch in der Urkundensammlung einsehbar. Im Endeffekt konnte die Antragstellerin kein rechtliches Interesse an der Einsicht in den Firmenbuchakt glaubhaft machen, weswegen ihr Antrag abzuweisen war.

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