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Dokument-ID: 755249

WEKA (mwo) | News | 20.04.2015

Rechtliches Interesse eines Begünstigten an der Feststellung der Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde

Einem laut Stiftungsurkunde aktuell Begünstigten kommt ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde (hier: wegen Geschäftsunfähigkeit des Verfassers) zu.

Geschäftszahl

OGH 19. November 2014, 3 Ob 120/14i

Norm

§ 228 ZPO; § 865 ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Einem laut Stiftungsurkunde aktuell Begünstigten kommt ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde (hier: wegen Geschäftsunfähigkeit des Verfassers) zu.

OGH: Bisher hat der OGH zur Frage des rechtlichen Interesses eines bereits eingesetzten Begünstigten an der Feststellung der Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde, die weitere Begünstigte beruft, noch nicht Stellung genommen.

Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger als Begünstigter der beklagten Privatstiftung die Feststellung, dass eine vom Zweitstifter errichtete Stiftungszusatzurkunde aus dem Jahr 2009 unwirksam sei und begründet dies mit der Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungszusatzurkunde. In eventu wird die Feststellung begehrt, dass die in der Stiftungszusatzurkunde enthaltene Regelung über die monatliche Zahlung eines Betrages an die Nebenintervenientin unwirksam sei.

Der OGH hält fest, dass das Hauptfeststellungsbegehren sowie das Eventualfeststellungsbegehren, das Rechtsverhältnis der beklagten Privatstiftung zu den Nebenintervenienten, die in der Stiftungszusatzurkunde zu weiteren Begünstigten berufen sind, also zwischen der Beklagten und den Dritten betrifft, weshalb für eine Feststellungsklage ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO erforderlich ist, was auch nachzuweisen ist.

Im Hauptfeststellungsbegehren sieht der OGH nicht wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, sondern vielmehr die Klärung der Frage, ob die Stiftungszusatzurkunde wegen Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters als Verfasser gemäß § 865 ABGB absolut nichtig ist oder nicht. Da die Stiftungsurkunde als Teil der Stiftungserklärung die Rechtsgrundlage der beklagten Privatstiftung darstellt und der Kläger aktuell als Begünstigter eingesetzt ist, wird auch sein Rechtsbereich durch das festzustellende Rechtsverhältnis berührt.

Mit dem Hintergrund, dass einzelnen Personen durch die Prüfung eines unabhängigen Gerichts Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen sollen, um allgemeine Kontrolldefiziten bei Privatstiftungen auszugleichen, stellt das Hauptfeststellungsbegehren ein taugliches Mittel zur Klärung der Rechtsgrundlagen der Privatstiftung dar und ist das iSd § 228 ZPO geforderte Feststellungsinteresse zu bejahen.

Zudem stellt der OGH fest, dass auch die weiteren Voraussetzungen für eine Feststellungsklage erfüllt sind:

Eine Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils und somit die Beseitigung der Unsicherheit über das Rechtsverhältnis ist garantiert, auch wenn die Nebenintervenienten ohne Streitverkündung auf Seiten der Beklagten den Prozess beigetreten sind.

Des Weiteren steht dem Kläger kein einfacherer Weg zur Erreichung desselben Ziels (die Klärung der Rechtsgrundlagen der Privatstiftung) zur Verfügung; insbesondere enthält das PSG keine Vorschrift darüber, wie eine Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde geltend zu machen wäre. Ein Antrag des Klägers auf Abberufung der Stiftungsvorstände wegen Untätigkeit trotz Vorliegens von Beweismitteln bezüglich die Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters würde ebenso wenig zur Klärung beitragen wie etwa eine Anregung zur amtswegigen Löschung der Eintragung der Stiftungszusatzurkunde im Firmenbuch.

Außerdem auch keine Leistungsklage des Klägers auf ungeschmälerte Gewährung von Zuwendungen in Betracht, weil es schon an einem dementsprechenden Vorbringen der Parteien mangelt.

Im Ergebnis ist dem Kläger als aktuell Begünstigten ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde zuzubilligen.

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