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WEKA (api) | News | 17.12.2018

Rekurslegitimation eines Stifters bei der Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde

Bei der Frage, ob einem Stifter im Eintragungsverfahren eine Rekurslegitimation zukommt, ist auf den Einzelfall abzustellen. Besteht die Möglichkeit, dass er die Eintragung im Zivilprozess überprüfen lassen kann, ist diese zu verneinen.

Geschäftszahl

OGH 31. August 2018, 6 Ob 137/18t

Norm

Art 6 EMRK

Leitsatz

Quintessenz:

Bei der Frage, ob einem Stifter im Eintragungsverfahren eine Rekurslegitimation zukommt, ist auf den Einzelfall abzustellen. Besteht die Möglichkeit, dass er die Eintragung im Zivilprozess überprüfen lassen kann, ist diese zu verneinen. Ist dies jedoch nicht möglich, weil die Vorinstanzen schon inhaltlich endgültig entschieden haben oder aufgrund einer möglichen Geschäftsunfähigkeit des Stifters, ist ihm eine Rekurslegitimation zuzubilligen, um den Anforderungen des Art 6 EMRK gerecht zu werden.

OGH: Im Anlassfall begehrten die Vorstandsmitglieder einer Privatstiftung die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde, die von der Hauptstifterin verfügt wurde. Gegen diese Änderung gab es einige kritische Stimmen, sowohl von den NebenstifterInnen, als auch von der Privatstiftung an sich. Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab, da es der Meinung war, dass die gewünschte Änderung nicht zulässig war. Das Rekursgericht überprüfte die inhaltlichen Umstände gar nicht, da es die Meinung vertrat, dass einer Stifterin im Eintragungsverfahren keine Anmelde- und Rekurslegitimation zukomme.

Dabei berief es sich auf eine bestehende Entscheidung des OGH. In 6 Ob 98/14a wurde die Rechtsmittellegitimation von Erbinnen des Stifters verneint. Dabei wurde jedoch keine inhaltliche Bewertung vorgenommen, vielmehr wurde interpretiert, dass kein Antrag des Stiftungsvorstands vorlag. Somit hätten die Erbinnen die Möglichkeit gehabt, die Wirksamkeit der Änderung der Stiftungserklärung im Streitverfahren klären zu lassen. Wäre dabei herausgekommen, dass der Stifter sehr wohl geschäftsfähig war, hätte der Vorstand die Änderung anmelden müssen. In dieser Entscheidung wurde ebenso geklärt, dass der Vorstand auch dann eine Anmeldepflicht hat, wenn er Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit des Stifters hegt. Die Prüfung dieser obliege dann dem Firmenbuchgericht.

Bei den ebenso in Erwägung gezogenen Entscheidungen 6 Ob 194/10p und 6 Ob 62/12d ging es um eine potenzielle Geschäftsunfähigkeit des Stifters, wobei in diesen Fällen eine Legitimität bejaht wurde. Aufgrund des besonderen Schutzes gegenüber Geschäftsunfähigen nach § 21 ABGB sollte der Einwand der Unwirksamkeit einer Änderung, wenn diese nicht dem wahren Willen des Stifters entspreche, bereits im Firmenbuchverfahren erhoben werden können. Damit wäre der geschäftsunfähige Stifter nicht auf das Führen eines streitigen Zivilprozesses angewiesen.

In casu hatte das Erstgericht die Zulässigkeit der vorgenommenen Änderungen inhaltlich schon endgültig geprüft. Dadurch wurde es dem Stifter unmöglich gemacht, die Frage in einem folgenden Zivilprozess erneut zu klären. Da das Änderungsrecht eines Stifters ein civil right darstellt, muss es ihm möglich gemacht werden, die Zulässigkeit der vorgenommenen Änderung im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens überprüfen zu lassen. Aufgrund dieses Umstandes und der darüber hinaus bestehenden eingeschränkten Möglichkeiten des Stifters wegen der Eigentümerlosigkeit einer Privatstiftung muss diesem eine Rekurslegitimation zugebilligt werden.