Dokument-ID: 270654

Lukas Schenk - Florian Linder | News | 14.06.2010

Schenk / Linder: Der Gesellschafterzuschuss als Sanierungsinstrument

Die Autoren widmen sich den Praxisfragen bezüglich der Ausgestaltung eines Zuschusses durch die Gesellschafter, wenn sich eine GmbH in der Krise befindet.

Gerät eine GmbH in die Krise, ist oft die Aufnahme von Eigenkapital erwünscht, zumal der Zugang zu Fremdkapital heute schwieriger ist. Statt eine formelle Kapitalerhöhung durchzuführen, ist in der Praxis die Leistung eines Zuschusses durch die Gesellschafter eine beliebte Variante. Der folgende Beitrag widmet sich Praxisfragen der Ausgestaltung eines solchen Zuschusses.

Bei der freiwilligen Leistung eines Gesellschafterzuschusses (d. h. ohne gesellschaftsrechtliche Verpflichtung) stellt sich zunächst die Frage der schuldrechtlichen Einordnung. Es ist davon auszugehen, dass der Gesellschafterzuschuss keine unentgeltliche Schenkung ist, die bis zur tatsächlichen Leistung notariatsaktpflichtig wäre (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I Rz 1/392). Der Rechtsgrund für die Leistung des Zuschusses wurzelt vielmehr – wenn auch mittelbar – im Gesellschaftsverhältnis, sodass von einem Vertrag causa societatis auszugehen ist, der grundsätzlich formfrei geschlossen werden kann (Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 4/349 Fn 716).

In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zeichnet sich der Gesellschafterzuschuss durch seine vergleichsweise einfache Handhabung aus. Es ist – anders als etwa bei einer Nachschusspflicht – keine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag erforderlich. Auch das formelle Verfahren einer Kapitalerhöhung muss nicht eingehalten werden.

Der Gesellschafterzuschuss muss nicht zwingend vom Gesellschafter sondern kann auch von Dritten (z. B. der Großmutter) kommen – eine aus gesellschaftsteuerlichen Überlegungen attraktive Variante.

Ein Gesellschafterzuschuss kann jederzeit freiwillig geleistet werden. Oft soll aber eine Verpflichtung zur Leistung von Gesellschafterzuschüssen in der Zukunft oder unter bestimmten Bedingungen vereinbart werden. Hier empfiehlt sich aus Beweisgründen eine schriftliche Vereinbarung über die Leistung des Gesellschafterzuschusses zu treffen. In diesem Zusammenhang ist zu überlegen, wer Partei der Vereinbarung sein soll.

Denkbar wäre zunächst, dass der Gesellschafterzuschuss ausschließlich zwischen den Gesellschaftern vereinbart wird. In der Praxis – beispielsweise bei Beteiligungsverträgen – wird auch oft die Gesellschaft selbst Partei der Zuschussvereinbarung. In diesem Fall muss – abhängig von der Formulierung – von einem klagbaren Anspruch der Gesellschaft auf Bezahlung des Zuschusses ausgegangen werden.

Fraglich ist, ob ein klagbarer Anspruch der Gesellschaft auch dann besteht, wenn diese nicht Vertragspartei ist.

Eine solche Vereinbarung nur zwischen den Gesellschaftern könnte uE als Vertrag zugunsten Dritter im Sinn von § 881 ABGB qualifiziert werden. Je nachdem, ob ein echter oder unechter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, hat die Gesellschaft unmittelbar einen klagbaren Anspruch gegen den Gesellschafter oder nicht.*

In der Praxis wird dieser Frage oft erhebliche Bedeutung insbesondere bei gerichtlicher Geltendmachung des Anspruchs zukommen. Ist die Gesellschaft anspruchslegitimiert, wird das Prozess- und Kostenrisiko von der Gesellschaft und nicht von den Gesellschaftern getragen. Der Geschäftsführer befindet sich allerdings in einem gewissen Spannungsverhältnis, wenn er in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Mehrheitsgesellschafter steht und gegen diesen vorgehen soll. Andererseits fällt die Durchsetzung von Ansprüchen in seine Verantwortung und die Unterlassung kann eine Haftung begründen.

Auch in der Insolvenz der Gesellschaft kann eine Zuschussvereinbarung für die Gesellschafter zum Problem werden. Hier wird der Masseverwalter versuchen, solche Ansprüche gegen die Gesellschafter durchzusetzen. Aus Sicht der Gesellschafter empfiehlt es sich daher, die Leistung des Zuschusses davon abhängig zu machen, dass die Gesellschaft nicht insolvent ist. In diesem Zusammenhang ist auf die neue Insolvenzordnung hinzuweisen, die mit 1.7.2010 in Kraft tritt. Gemäß § 25b Abs 2 Insolvenzordnung (IO) ist die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder der Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unzulässig. Nicht geklärt ist, ob darunter auch mit der Insolvenzeröffnung auflösend bedingte Vereinbarungen fallen werden.

Ist der Gesellschafterzuschuss einmal geleistet, stellt sich die Frage der späteren Rückzahlung. Eine Rückzahlung ist nur im Weg der Auflösung der Kapitalrücklage als Bilanzgewinn möglich. Wird die Rücklage hingegen gegen Verlust aufgelöst, ist – mangels Gewinns – keine Ausschüttung an die Gesellschafter möglich.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass mangels anderer Vereinbarung die Ausschüttung im Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen erfolgt (§ 82 Absatz 2 GmbHG). Die „Rückzahlung“ erfolgt also grundsätzlich nicht nur an den Gesellschafter, der den Gesellschafterzuschuss geleistet hat, sondern an alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer eingezahlten Stammeinlagen. Dies könnte dadurch vermieden werden, dass eine alineare Gewinnausschüttung oder ein Gewinn-Vorab (bzw. ein Liquidations-Vorab) zugunsten des Gesellschafters vereinbart wird, der den Gesellschafterzuschuss geleistet hat.

Autoren:

Dr. Lukas Schenk:

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwal-tungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüs-sel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmenstransaktionen, Gesellschaftsrecht und Gesellschafterausschluss, Umstrukturierungen, Vergabe- sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at

MMag. Dr. Florian Linder:

MMag. Dr. Florian Linder ist Rechtsanwaltsanwärter bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er ist als Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig sowie ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarkt-recht. Dr. Florian Linder war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmensrecht, Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht, allgemeines Zivil- und Vertragsrecht sowie Litigation.

Florian.linder@vbsn.at

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*Aufgrund der Zweifelsregeln in § 881 Abs 2 ABGB liegt immer dann ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter vor, wenn die Leistung hauptsächlich dem Dritten zum Vorteil gereichen soll. Dies wird bei der Leistung von Zuschüssen regelmäßig der Fall sein.

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