© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at

Dokument-ID: 874986

Florian Linder - Lukas Schenk | News | 20.12.2016

Share-Deal bei einer Unternehmensgruppe – Achtung bei Eigenkapitalgarantie!

Die Gastautoren Dr. Florian Linder und Dr. Lukas Schenk erläutern in ihrem Beitrag, was bezüglich der Eigenkapitalgarantie beachtet werden sollte und erwähnen hierzu auch eine aktuelle OGH-Entscheidung.

Eine Eigenkapitalgarantie wird regelmäßig bei einem Unternehmenskauf (Share Deal) vereinbart und ist ein Sonderfall einer Bilanzgarantie. Die Bilanzgarantie bezieht sich regelmäßig auf den gesamten Jahres- oder Konzernabschluss (und nicht nur die Bilanz) und sichert in einer häufigen Ausgestaltung zu, dass dieser zu einem bestimmten Stichtag den gesetzlichen oder sonstigen Vorschriften für die Aufstellung entspricht und/oder vollständig und richtig ist. Je nach Ausgestaltung wird damit eine Gewährleistung für die objektive Richtigkeit dieses Jahresabschlusses übernommen, oder nur dafür gehaftet, dass der Jahresabschluss auf Basis des zum Aufstellungszeitpunkt mit der gebührenden Sorgfalt bestehenden Kenntnisstands ex ante unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bzw entsprechenden Standards aufgestellt wurde. Nachträglich hervorgekommene Umstände sind hingegen nicht zu berücksichtigen.

Aktuelle OGH-Entscheidung

Anders kann der Fall einer Eigenkapitalgarantie liegen, bei der zugesichert wird, dass das Eigenkapital zu einem bestimmten Stichtag dem im Jahresabschluss ausgewiesenen Betrag entspricht. Eine solche Eigenkapitalgarantie hatte der OGH in der Entscheidung des 22.09.2016, 3 Ob 76/16x zu beurteilen. Dabei ging es um den Kauf einer Unternehmensgruppe, wobei alle Anteile an der Muttergesellschaft, einer Holding GmbH („Holding“), veräußert wurden (siehe Schaubild). Dem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag von Jänner 2007 lag der geprüfte Jahresabschluss der „Betreiber GmbH & Co KG“ zum Stichtag 31.12.2006 zu Grunde, der als Basis für die Kaufpreisermittlung und die im Vertrag festgelegten Garantien diente. Im Anteilskauf- und Abtretungsvertrag wurde unter anderem eine Eigenkapitalgarantie der KG im Ausmaß von EUR 1.150.000,– vereinbart. Die Klägerin forderte den Differenzbetrag zwischen dem im Jahresabschluss 2006 ausgewiesenen negativen und dem im Vertrag garantierten Eigenkapital.

Im Frühjahr 2007 wurde der Geschäftsführer der Klägerin vom Abschlussprüfer informiert, dass eine Wiedereröffnung, Ergänzung und Neutestierung des Jahresabschlusses der KG zum 31. Dezember 2005notwendig wäre. Dies wurde auch umgesetzt. Aufgrund der Bilanzkontinuität führte die Änderung der Bilanz 2005 jedoch auch zu einer Bilanzberichtigung des Jahresabschlusses zum 31.12.2006. Diese Berichtigung im Jahresabschluss 2006 führte zu einer Ergebnisminderung von rund EUR 835.000,–. Strittig war nun, ob die korrigierte Bilanz 2006 für die Ermittlung des Eigenkapitals der KG im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses herangezogen werden durfte – schließlich hing damit auch die abgegebene Eigenkapitalgarantie des Beklagten und der von ihm zu zahlende Differenzbetrag zusammen.

Die Gerichte haben im Verfahren festgestellt:

  • Die Änderung der Bilanz im Jahresabschluss zum 31.12.2015 war berechtigt und erforderlich. Die darauf basierende Bilanzberichtigung im Jahresabschluss 2006 ist daher nach dem Grundsatz der Bilanzvorsicht und der Wertaufhellungstheorie gemäß § 201 Abs 2 Z 4 lit b UGB zu Recht erfolgt.
  • Da redliche Parteien von einem richtigen und korrekten Jahresabschluss zum Stichtag 31.12.2006 ausgehen hätten wollen, war für die Ermittlung des Eigenkapitals der korrigierte Jahresabschluss 2006 maßgeblich.

Bei Verträgen über einen Share-Deal kann es daher Bemessungsgrundlagen geben, deren Variablen sich nachträglich verändern und – zulässigerweise (!) – rückwirkend auf den Vertrag Einfluss nehmen können. Es liegt an einer vorausschauenden Vertragsgestaltung, für solche Fälle Vorsorge zu treffen.

Im weiteren Verfahren vor dem OGH war strittig, ob für die Ermittlung des Eigenkapitals der KG wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten innerhalb der verkauften Unternehmensgruppe zu berücksichtigen sind. Konkret hatte die Holding-GmbH (deren Anteile den Kaufgegenstand bildeten) bei Kaufvertragsabschluss eine Forderung von rund EUR 1.545.000,– gegenüber der KG, die im Jahresabschluss der KG zum 31. Dezember 2006 eigenkapitalmindernd verbucht war. Sollte diese Forderung jedoch im Sinne einer konsolidierten Betrachtung wertneutral betrachtet werden, wäre sie nicht eigenkapitalmindernd und die Haftung aus der Eigenkapitalgarantie wäre entsprechend geringer.

Die Vertragsparteien haben zum allgemeinen Umgang mit wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten und deren Berücksichtigung im Zusammenhang mit dem garantierten Eigenkapital im Vertrag nichts vereinbart. Auch eine Definition des Begriffs „Eigenkapital“ wurde im Vertrag nicht gesondert festgehalten.

Der OGHhielt dazu fest,dass die Eigenkapitalgarantie sich nach dem Vertragswortlaut auf das Eigenkapital der KG bezog. Dass sich mit dem Verkauf der Unternehmensgruppe, wirtschaftlich betrachtet, die wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten für den Käufer dieser Gruppe tatsächlich wertneutral darstellen, steht einer Eigenkapitalgarantie bezogen auf ein bestimmtes, einzelnes Gruppenmitglied nicht entgegen. Eine konsolidierte Gesamtbetrachtung des Eigenkapitals ist bei der abgegebenen Eigenkapitalgarantie daher nicht vorzunehmen.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass bei der Abgabe einer Eigenkapitalgarantie jedenfalls der Begriff des „Eigenkapitals“ ausdrücklich definiert werden sollte. Darüber hinaus sollte ausdrücklich geregelt werden, wie mit den wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern umgegangen werden soll.

Autoren

MMag. Dr. Florian Linder:

MMag. Dr. Florian Linder ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien und ist ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschafts- und Unternehmensrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Liegenschafts-, Miet- und Wohnrecht.

Florian.linder@vbsn.at

Dr. Lukas Schenk:

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Umstrukturierungen-Umgründungen, Gesellschaftsrecht einschließlich Gesellschafterkonflikt und Geschäftsführerberatung, Gewerberecht sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at

Link zur Kanzlei:

www.vbsn.at