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Dokument-ID: 1048883

Eva-Maria Hintringer | News | 16.12.2019

Sind Verbindlichkeiten Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens einer Körperschaft?

Ziel des § 19 KStG 1988 ist es, den Liquidationsgewinn zu besteuern, dh die bis dahin unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen (stillen Reserven) zu besteuern, bevor das Steuersubjekt wegfällt.

Geschäftszahl

VwGH 04.10.2019, Ro 2017/13/0009

Norm

§ 19 KStG 1988

Leitsatz

Quintessenz:

Ziel des § 19 KStG 1988 ist es, den Liquidationsgewinn zu besteuern, dh die bis dahin unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen (stillen Reserven) zu besteuern, bevor das Steuersubjekt wegfällt. Beurteilungsmaßstab ist das Abwicklungs-Endvermögen, das auch negativ sein, dh aus Verbindlichkeiten bestehen kann. Dass diese Passiva keiner „Verteilung“ im engeren Sinn unterliegen, ändert angesichts des Gesetzeszwecks nichts an ihrer Qualifikation als Abwicklungs-Endvermögen.

OGH: Im Anlassfall wurde eine GmbH durch Konkurseröffnung aufgelöst. Die "Verteilung" des vorhandenen Vermögens erfolgte nicht durch Liquidatoren an die Gesellschafter, wie in § 91 Abs 3 GmbHG geregelt, sondern durch den Masseverwalter und das Gericht an die Gläubiger nach den Regeln des Insolvenzverfahrens. Das Abwicklungs-Anfangsvermögen bestand aus Verbindlichkeiten in Höhe von ca 2 Mio Euro.

Ob Verbindlichkeiten in das Abwicklungs-Endvermögen einer Körperschaft Eingang finden, ergibt sich aus § 19 Abs 4 KStG 1988, dem zufolge es sich beim Abwicklungs-Endvermögen um "das zur Verteilung kommende Vermögen" handelt. Bei der Auslegung dieser Formulierung ist auf den Zweck der Bestimmung Bedacht zu nehmen. Angeordnet wird auf Ebene der Körperschaft eine Schlussbesteuerung. Es ist eine finale Besteuerung der im Betriebsvermögen im Laufe des Bestandes der Körperschaft angesammelten stillen Reserven vorgesehen, wodurch es zu einer "Steuerentstrickung" kommt. Damit wird sichergestellt, dass die aufgrund der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen (stillen Reserven) bei der letzten sich bietenden Möglichkeit besteuert werden, bevor das Steuersubjekt endgültig wegfällt.

§ 19 KStG 1988 bezweckt keine darüber hinaus gehende Besteuerung einer bei der zu liquidierenden Gesellschaft nicht eingetretenen Vermögensmehrung. Im Regelfall einer Abwicklung (durch Liquidatoren) wird das "zur Verteilung kommende Vermögen" nur mehr aus dem Erlös der (unter Aufdeckung der stillen Reserven) versilberten Aktiven nach Abrechnung der Passiven bestehen. Soweit einzelne Aktiven in natura verteilt werden, sind sie mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Es kann aber auch eine Naturalteilung des Vermögens erfolgen. Im Zuge etwa einer Übernahme eines Teilbetriebes können dabei von einem Gesellschafter auch Verbindlichkeiten übernommen werden. Diese offenen Verbindlichkeiten sind dann als verteiltes Vermögen zu beurteilen.

Auch Schulden, die im Zuge einer Abwicklung durch Liquidatoren auf keinen Gesellschafter übergehen, gelten in Deutschland – bei im Wesentlichen gleicher Rechtslage – als Teil des Abwicklungs-Endvermögens. Es entspricht jedenfalls nicht dem Gesetzeszweck, den Ansatz der Schulden im Abwicklungs-Endvermögen in einem der Bewertung vorgelagerten Schritt von ihrer tatsächlichen "Verteilung" abhängig zu machen. Eine derartige Auslegung wird durch den Wortlaut der Bestimmung nur auf den ersten Blick nahegelegt. Gemeint war mit der gesetzlichen Formulierung stets das für eine Verteilung zur Verfügung stehende Vermögen, das auch negativ sein kann.