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Dokument-ID: 809087

WEKA (vpa) | News | 19.01.2016

Sind kriminelle Machenschaften vom Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Bestätigungsvermerk und Schaden erfasst?

Kriminelle Machenschaften des Vorstandes sind vom Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Bestätigungsvermerk und eingetretenem Schaden erfasst.

Geschäftszahl

OGH 29. September 2015, 8 Ob 93/14f

Norm 

§ 274 UGB

Leitsatz

Quintessenz:

Da die Einschränkung eines Bestätigungsvermerkes durch den Abschlussprüfer mittelbar zum Zusammenbruch krimineller Systeme führen kann und ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk infolge mangelhafter Prüfung das potentielle Anlegerrisiko erhöht, sind kriminelle Machenschaften des Vorstandes vom Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Bestätigungsvermerk und eingetretenem Schaden erfasst.

OGH: Der positive Bestätigungsvermerk nach § 274 UGB bestätigt die Zuverlässigkeit der geprüften Daten und gibt dem anlageinteressierten Adressatenkreis damit zu verstehen, dass Buchführung und Jahresabschluss der geprüften Gesellschaft gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vorgenommen und die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung berücksichtigt wurden.

Zwar dient die Abschlussprüfung damit nicht der Aufdeckung krimineller Machenschaften und der Abschlussprüfer muss solchen ohne konkreten Anfangsverdacht auch nicht nachspüren.

Allerdings führt eine mangelhafte Abschlussprüfung dazu, dass Fehler und Unregelmäßigkeiten im Rechnungswesen und Schwächen in der Unternehmensstruktur – also Umstände, die finanzielle Malversationen erst ermöglichen bzw erleichtern – nicht aufgedeckt werden.

Führt die Mangelhaftigkeit der Abschlussprüfung dazu, dass objektiv unrichtige Unternehmensinformationen vom Abschlussprüfer mit Bestätigungsvermerk versehenen werden, so erhöht sich damit das potentielle Risiko für Anleger auch in Bezug auf unentdeckte kriminelle Machenschaften, weil der Jahresabschluss ein nur verzerrtes Bild von der Lage der Gesellschaft vermittelt und auch negative wirtschaftliche Entwicklungen nicht rechtzeitig erkannt werden können.

Zwar muss eine mängelfreie Prüfung nicht unmittelbar zur Aufdeckung von Manipulationen durch den Vorstand führen, jedoch kann sie einen mittelbaren Beitrag dazu leisten, weil die Versagung des Bestätigungsvermerkes einen früheren Zusammenbruch des kriminellen Systems herbeiführen und damit die Schädigung späterer Anleger verhindern könnte. Dagegen vermittelt ein positiver Bestätigungsvermerk ohne Einschränkungen den Anlegern die vermeintliche Gefahrlosigkeit ihrer Investition, weil sie ihr Vertrauen in von Fachleuten geprüfte und bestätigte Daten setzen durften. Daher sind auch in Folge von Prüfungsmängeln unentdeckte kriminelle Machenschaften von Vorständen einer Gesellschaft vom Rechtswidrigkeitszusammenhang erfasst, weil eine mangelhafte Prüfung das Risiko für kriminelle Malversationen erhöht.

Es führt aber nicht jeder Fehler zu einer Haftung des Prüfers für Drittschäden, sondern nur jene, die schon ex ante beurteilt zur Erhöhung des verwirklichten Anlegerrisikos geeignet waren.

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