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Iman Torabia | News | 13.05.2013

Sonderprüfung nach § 31 PSG

Der Antrag auf Sonderprüfung muss konkrete Behauptungen über Missstände enthalten. Es muss zudem glaubhaft gemacht werden, dass Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Stiftungserklärung vorgekommen sind.

Geschäftszahl

OGH 16.11.2012; 6 Ob209/12x

Norm

§ 31 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Der Antrag auf Sonderprüfung muss konkrete Behauptungen über Missstände enthalten. Es muss zudem glaubhaft gemacht werden, dass Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Stiftungserklärung vorgekommen sind.

OGH: Jedes Stiftungsorgan und jedes seiner Mitglieder kann zur Wahrung des Stiftungszwecks bei Gericht die Anordnung einer Sonderprüfung beantragen. Das Gericht hat die Sonderprüfung anzuordnen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Stiftungserklärung vorgekommen sind. (§ 31 PSG)

Eine entsprechende Befugnis für bestimmte Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Bestellung von Revisoren) sieht § 45 Abs 1 GmbHG vor und eine solche für die Aktionäre einer Aktiengesellschaft ist in § 130 Abs 2 AktG (idF BGBl I 2009/71; davor § 118 Abs 2 AktG) enthalten. Für die Anordnung der Sonderprüfung ist nach allen zitierten Gesetzesbestimmungen Anspruchsvoraussetzung die Glaubhaftmachung von Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Stiftungserklärung (bzw des Gesellschaftsvertrags bzw der Satzung). Was die Auslegung dieser Anspruchsvoraussetzungen angeht, kann daher auch zum Privatstiftungsrecht auf die einschlägige Rechtsprechung zum GmbH-Recht bzw zum Aktienrecht zurückgegriffen werden.

Gemäß § 14 Abs 1 PSG handelt es sich beim Stiftungsprüfer um ein Organ der Privatstiftung mit einem in den §§ 20 f PSG umschriebenen Aufgabenbereich. Aufgrund seiner Organstellung sind ihm weitergehende Befugnisse, insbesondere aber auch Pflichten, eingeräumt als einem Abschlussprüfer einer Kapitalgesellschaft. Dabei hat der Stiftungsprüfer insbesondere auch zu prüfen, ob die Stiftungserklärung hinsichtlich des Stiftungszwecks eingehalten worden ist, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss auch hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks in Einklang steht und ob der Lagebericht nicht hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks eine falsche Vorstellung von der Lage der Privatstiftung erweckt.

Zu beachten ist, dass Sonderprüfer nicht generell mit der Kontrolle der Geschäftsführung beauftragt werden dürfen. Vielmehr muss es sich um Vorgänge bestimmter Art handeln, daher müssen im Antrag konkrete Behauptungen über Missstände enthalten sein. Des Weiteren ist glaubhaft zu machen, dass Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Stiftungserklärung vorgekommen sind, wobei an diese Glaubhaftmachung kein zu strenger Maßstab angelegt werden darf. Der Zweck der gesetzlichen Bestimmungen soll nicht vereitelt werden.

Es besteht kein Grundsatz, wonach die Sonderprüfung sich auf die tatsächliche oder wirtschaftliche Nachprüfung der geprüften Geschäftsführungsvorgänge zu beschränken hätte und ihr deren rechtliche Beurteilung verwehrt bliebe. Auch wenn bei unternehmerischen Entscheidungen ein erheblicher Ermessensspielraum bestehen mag, ändert dies nichts daran, dass eine Nachprüfung, ob der bestehende Ermessensspielraum überschritten wurde, möglich ist.

Wie auch das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Bestellung von sachverständigen Revisoren nach § 45 GmbHG nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ist, gilt dies ebenfalls auch für die Voraussetzungen nach § 31 Abs 2 PSG.

Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob das erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist,. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit lediglich nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist.

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