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Stefan Schermaier - Florian Schönberg | News | 21.03.2018

Spezialfragen zur vereinfachten GmbH-Gründung

Die Gastautoren Dr. Schermaier und Mag. Schönberg erläutern in diesem Beitrag, worauf in der Praxis z. B. beim Beitritt weiterer Gesellschafter oder der Änderung in der Geschäftsführung zu achten ist. Können dadurch unerwartete Folgekosten entstehen?

Im Newsletter vom November 2017 haben die Autoren erstmals einen kurzen Ausblick auf die ab 1.1.2018 in Kraft getretene vereinfachte GmbH-Gründung nach § 9a GmbHG gegeben. Wie bereits erörtert, findet die vereinfachte Gründung nur bei der so genannten „Einpersonen‑GmbH“ Anwendung, welche (i) durch Erklärung durch eine einzige Person errichtet werden und (ii) wenn diese Person auch einziger Geschäftsführer der Gesellschaft ist (im Folgenden kurz „EPG“). Der nunmehrige Beitrag soll auf Spezialfragen der vereinfachten GmbH-Gründung eingehen.

1. Gesetzliche Grundlagen

Gemäß § 9a Abs 1 GmbHG ist der Inhalt der Errichtungserklärung auf Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Höhe des Stammkapitals/Stammeinlage und die Bestellung des Geschäftsführers beschränkt. Fakultativ ist es möglich, zusätzlich auch Regelungen über den Ersatz der Gründungskosten bis zu einem Höchstbetrag von EUR 500,-, über die Gründungsprivilegierung, und über die Verteilung des Bilanzgewinns in die Errichtungserklärung aufzunehmen. Aufgrund dieses sehr eingeschränkten Inhalts sowie der Tatsache, dass der einzige Gesellschafter zwingend auch Geschäftsführer der Gesellschaft sein muss (§ 9a Abs 1 GmbHG), ist fraglich, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen nachträgliche Änderungen in der Gesellschafterstruktur sowie bei den Geschäftsführern möglich sind. Bereits in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird diesbezüglich festgehalten, dass spätere Änderungen (zB Hinzunahme weiterer Gesellschafter, Wechsel des Geschäftsführers) möglich sind, sofern sie entsprechend den allgemeinen formellen und materiellen Vorschriften erfolgen (vgl. ErläutRV 1457 d.B. XXV. GP, 16). Weitere gesetzliche Regelungen oder Erläuterungen, wie in derartigen Fällen konkret zu verfahren ist, gibt es jedoch nicht.

2. Änderungen bei den Gesellschaftern

Hinsichtlich der Änderungen bei den Gesellschaftern sind zwei Fälle zu unterscheiden: Einerseits (i) jener Fall, bei welchem ein weiterer Gesellschafter der Gesellschaft beitritt, und andererseits (ii) der Fall, dass es zu einem Gesellschafterwechsel kommt, sohin der Gründungsgesellschafter seinen Geschäftsanteil an der Gesellschaft an einen Dritten verkauft und überträgt.

Der Beitritt eines weiteren oder mehrerer weiterer Gesellschafter in die Gesellschaft kann entweder durch die Teilung und Abtretung des Geschäftsanteils des bisherigen Alleingesellschafters erfolgen oder im Rahmen einer effektiven Kapitalerhöhung durch Übernahme des aufgrund der Kapitalerhöhung neu entstandenen Geschäftsanteils durch einen oder mehrere Dritte.

Die Teilung eines Geschäftsanteils (ist ausgenommen im Erbfall) immer nur möglich, wenn im Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern die Abtretung von Teilen ihres Geschäftsanteils gestattet ist (§ 79 Abs 1 GmbHG). Wie bereits eingangs beschrieben, ist allerdings der Inhalt der Errichtungserklärung bei der Gründung nach § 9a GmbHG abschließend im Gesetz definiert und kann daher – aufgrund der gesetzlichen Regelungen – eine Regelung über die Teilbarkeit von Geschäftsanteilen an einer EPG nicht in die Errichtungserklärung aufgenommen werden. Folglich bedarf es daher vor Teilung und Abtretung eines Geschäftsanteils an einer EPG der Änderung der Errichtungserklärung. Für eben eine solche Änderung der Errichtungserklärung muss gemäß § 49 Abs 1 GmbHG ein notariell beurkundeter Gesellschafterbeschluss gefasst werden. Anzumerken ist, dass der Eintragung der Änderung der Errichtungserklärung in das Firmenbuch aufgrund von § 49 Abs 2 GmbHG konstitutive und ihr daher erst ab diesem Zeitpunkt rechtliche Wirkung zukommt. Darüber hinaus sind die weiteren für eine Änderung der Errichtungserklärung maßgeblichen Formerfordernisse gemäß § 50 GmbHG einzuhalten.

Beim Beitritt eines weiteren Gesellschafters im Rahmen der Beschlussfassung und Durchführung einer Kapitalerhöhung muss aufgrund der mit der Kapitalerhöhung einhergehenden Änderung des Stammkapitals ebenfalls die Errichtungserklärung geändert werden (siehe § 4 Abs 1 GmbHG). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass unabhängig davon § 9a Abs 2 GmbHG vorsieht, dass das Stammkapital bei der vereinfachten Gründung zwingend EUR 35.000,‑ oder bei Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung gemäß § 10b GmbHG EUR 10.000,‑ beträgt. Eine vereinfachte Gründung mit einem Stammkapital von über EUR 35.000,‑ wäre daher ebenfalls nicht möglich. Wie auch bei der Teilung und Abtretung eines Geschäftsanteils gelten die formalen Voraussetzungen des §§ 49 ff GmbHG bei der Änderung der Errichtungserklärung; insoweit ist jedenfalls ein notariell beurkundeter Gesellschafterbeschluss zu fassen.

Wird der gesamte Geschäftsanteil des Gründungsgesellschafters an einen Dritten übertragen, unterscheidet sich dieser Vorgang nicht von der Übertragung eines Geschäftsanteils bei einer GmbH, welche nicht mit dem vereinfachten Verfahren nach § 9a GmbHG gegründet wurde. Der Übertragungsvertrag bedarf gemäß § 76 Abs 2 GmbHG der Form eines Notariatsakts. Festgehalten wird, dass im Zuge des Gesellschafterwechsels zwingend eine Neubestellung des Geschäftsführers mittels Beschluss oder Änderung der Errichtungserklärung erfolgen muss. Diese Notwendigkeit resultiert aus dem Umstand, dass die Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag nur für die Dauer der Gesellschafterstellung eingeräumt werden kann und mit Ausscheiden aus der Gesellschaft als Gesellschafter somit auch die Bestellung als Geschäftsführer erlischt.

3. Änderungen bei der Geschäftsführung

In Zusammenhang mit der Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern ist fraglich, ob diese, wie bei Gesellschaften, welche nicht mit dem vereinfachten Verfahren nach § 9a GmbHG gegründet wurden, lediglich durch einfachen Beschluss der Gesellschafter erfolgen kann oder ergänzend die formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung erfüllt werden müssen, sohin insbesondere erhöhte Beschlussmehrheit und Beurkundung durch einen Notar. Als Vorfrage gilt es in diesem Zusammenhang zu klären, ob es sich bei der Geschäftsführerbestellung in der Errichtungserklärung beim vereinfachten Gründungsverfahren nach § 9a GmbHG um einen materiellen oder lediglich um einen formellen Bestandteil der Errichtungserklärung handelt.

Nach herrschender Lehre handelt es sich bei der (einfachen) Bestellung eines Geschäftsführers in der Errichtungserklärung lediglich um die Verlautbarung eines Beschlusses der Gesellschafter und sohin um einen formellen Satzungsbestandteil. Demgemäß kann ein Geschäftsführer mittels einfacher Beschlussfassung der Gesellschafter abberufen werden, ohne die zusätzlichen formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung einzuhalten. Wird dem Gesellschafter jedoch ein Sonderrecht auf Geschäftsführung in der Errichtungserklärung eingeräumt (und darauf im Gesellschaftsvertrag auch ausdrücklich hingewiesen) handelt es sich nach herrschender Lehre um einen materiellen Satzungsbestandteil; diesfalls ist eine Abberufung nur nach den strengeren Regeln einer Satzungsänderung erlaubt.

Wenngleich in Zusammenhang mit der Bestellung des Geschäftsführers im Verfahren nach § 9a GmbHG nicht von einem Sonderrecht gesprochen wird, könnte man dennoch aufgrund der zwingend in der Errichtungserklärung vorzunehmenden Bestellung des Geschäftsführers im vereinfachten Gründungsverfahren annehmen, dass es sich um einen materiellen Satzungsbestandteil handelt. Dafür spricht jedenfalls, dass es sich bei sämtlichen anderen zwingenden Bestandteilen einer Errichtungserklärung im Sinne des § 4 Abs 1 GmbHG – zumindest bei der erstmaligen Eintragung ins Firmenbuch – ebenfalls um materielle Bestandteile der Errichtungserklärung handelt. Darüber hinaus spricht § 9a GmbHG ausdrücklich davon, dass eine vereinfachte Gründung nur dann zulässig ist, „wenn es sich um eine Gesellschaft gemäß § 3 Abs 2 handelt, deren einziger Gesellschafter eine natürliche Person und zugleich einziger Geschäftsführer ist“. Es ist daher davon auszugehen, dass zumindest bis zur Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch von einem materiellen Satzungsbestandteil auszugehen ist.

Geht man davon aus, dass zumindest bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Firmenbuch bei der Bestellung des Geschäftsführers ein materieller Satzungsbestandteil vorliegt, ist fraglich, ob danach die Bestellung des Geschäftsführers nicht als formeller Satzungsbestandteil gewertet werden kann. Dafür würde jedenfalls auch der in Zusammenhang mit § 9 Abs 1 GmbHG in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage verankerten Hinwies sprechen, wonach spätere Änderungen (zB Hinzunahme weiterer Gesellschafter, Wechsel des Geschäftsführers) natürlich möglich seien, sofern sie entsprechend den allgemeinen formellen und materiellen Vorschriften erfolgen würden.

Unabhängig davon scheint es in der Praxis mangels Rechtsprechung, gegenwärtig sinnvoll, die Abberufung nur nach den strengeren Regeln einer Satzungsänderung vorzunehmen. Dies insbesondere, um die Unwirksamkeit einer Abberufung eines Geschäftsführers und der damit einhergehenden negativen Folgen zu vermeiden.

4. Fazit

Wenngleich die vereinfachte Gründung nach § 9a GmbHG im Anfangsstadium möglicherweise günstiger ist, als eine Gründung unter Beiziehung eines Notars und Rechtsanwalts, können die Folgekosten, insbesondere beim Beitritt weiterer Gesellschafter sowie Änderung in der Geschäftsführung erhöhte Kosten nach sich ziehen, weil in vielen Fällen die für eine Satzungsänderung vorgesehenen formellen Voraussetzungen, insbesondere die notarielle Beurkundung, eingehalten werden müssen. Es ist somit fraglich, ob – abgesehen vom Beratungsdefizit, dass in der Regel mit einer vereinfachten Gründung einhergeht – nicht auch wesentlich höhere Folgekosten entstehen, sofern zu einem späteren Zeitpunkt Änderungen bei den Gesellschaftern und in der Geschäftsführung durchgeführt werden sollen.

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Florian Schönberg Rechtsanwalt bei Tonninger | Schermaier & Partner Rechtsanwälte (http://www.ts.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vertragsrecht.

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