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Andreas Kampitsch - Michael Petritz | News | 21.10.2019

Steuerreformgesetz 2020: Änderungen im Umgründungssteuerrecht

Die Gastautoren Mag. Andreas Kampitsch und MMag. Michael Petritz stellen die wesentlichen Änderungen – die teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechts und die Ausweitung des Anteilstausches in § 16 Abs 1a UmgrStG – dar.

Ein „Vermächtnis“ der Regierung Kurz I – der erste Teil der geplanten dreiteiligen Steuerreform der ÖVP-FPÖ-Koalition wurde am 10. Oktober 2019 als „Steuerreformgesetz 2020“nach Einbringung als Initiativantrag im Bundesrat beschlossen. Im Umgründungssteuergesetz ergeben sich kleinere Änderungen, die in Reaktion auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte erfolgten. Konkret wurde die teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechts (an der Gegenleistung) bei Einbringungen präzisiert und der steuerneutrale Anteilstausch ausgedehnt.

1 Teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechts

Einbringungen von österreichischen (Teil-)Betrieben und Mitunternehmeranteilen durch nicht in Österreich ansässige, natürliche Personen in Körperschaften führen grds dazu, dass Österreich das Besteuerungsrecht an dem Betrieb nicht verliert.

Handelt es sich bei der übernehmenden Körperschaft um eine in Österreich ansässige Körperschaft unterliegt der Betrieb im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich der Besteuerung. Gleichermaßen ist eine in Österreich nicht ansässige Körperschaft mit dem Betrieb in Österreich beschränkt steuerpflichtig.

Kein Besteuerungsrecht Österreichs besteht jedoch in aller Regel an den Anteilen des Einbringenden an der übernehmenden Körperschaft: Bei nicht in Österreich ansässigen Körperschaften besteht schon nach rein innerstaatlichem Recht kein Besteuerungsrecht Österreichs, bei in Österreich ansässigen Körperschaften wird ein solches Besteuerungsrecht regelmäßig durch eine Art 13 OECD-MA vergleichbare Regelung in dem konkret anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen.

Durch die Einbringung kommt es folglich zu einer gedanklichen „Halbierung“ des österreichischen Besteuerungsrechts an dem (Teil-)Betrieb bzw Mitunternehmeranteil (die Einkünfte unterliegen auf Ebene einer natürlichen Person einer Besteuerung mit bis zu 55 % Einkommensteuer, nach Einbringung auf Ebene der Körperschaft jedoch nur mehr der Körperschaftsteuer iHv 25 %). Diese „teilweise“ Einschränkung führte nach Ansicht der Finanzverwaltung schon nach den Regelungen des AbgÄG 2010 zu einer Besteuerung der stillen Reserven (mit dem Sondersteuersatz gem § 27a EStG).

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 18.10.2018, Ro 2016/15/0032, dieser Ansicht zum AbgÄG 2010 aus systematischen Gründen eine Absage erteilt. Da der Gesetzgeber zwar bereits mit AbgÄG 2015 vorgesehen hatte, dass bei einer „teilweisen Einschränkung“ des Besteuerungsrechts der Sondersteuersatz auf die stillen Reserven zur Anwendung kommt, jedoch nicht definierte, was eine solche teilweise Einschränkung darstellte, war in der Literatur umstritten, ob das Erkenntnis des VwGH auch auf die neue – mit AbgÄG 2015 geänderte Rechtslage – anzuwenden ist. Dieser Diskussion tritt der Gesetzgeber mit einer neuerlichen Änderung des § 16 UmgrStG entgegen. Nunmehr enthält § 16 Abs 2 Z 1 UmgrStG eine Legaldefinition der teilweisen Einschränkung des Besteuerungsrechts (und führt diese auch in § 16 Abs 1 UmgrStG als Tatbestand, der eine Ausnahme von der Buchwertfortführung bildet, an), um eine Besteuerung der stillen Reserven in den Gegenleistungsanteilen mit dem Sondersteuersatz sicherzustellen. Mangels Inkrafttretensvorschrift wird die Regelung mit dem auf die Veröffentlichung im BGBl folgenden Tag anwendbar, wenngleich es sich den Gesetzesmaterialien zufolge lediglich um eine „Klarstellung“ handelt (und folglich die Frage, inwieweit die Rechtsprechung des VwGH auch unter der Rechtslage nach dem AbgÄG 2015 anwendbar ist, offen gelassen wird).

2 Ausweitung Anteilstausch in § 16 Abs 1a UmgrStG

Einbringungen von Kapitalanteilen durch in Österreich ansässige Steuerpflichtige in ausländische Körperschaften führen grundsätzlich zu einer Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven. Sofern die übernehmende Körperschaft eine in der EU/dem EWR ansässige Körperschaft ist, kann die Steuer in Raten entrichtet werden, ansonsten wird die Steuer sofort festgesetzt (und fällig). Eine Ausnahme davon besteht nur für die Fälle des (durch die EU-FusionsRL vorgegebenen) „Anteilstausches“ iSd § 16 Abs 1a UmgrStG: Bei Einbringungen von Kapitalanteilen durch unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften in eine (in der Anlage zum UmgrStG genannte) Kapitalgesellschaft kommt es, wenn eine Gegenleistung gewährt wird, zu keiner Aufdeckung der stillen Reserven, sondern zur – steuerneutralen – Buchwertfortführung.

In Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH (22.03.2018, C-327/16, Marc Jacob und Marc Lassus bzw 19.07.2012, C- 48/11, A Oy) wird die Anwendbarkeit des Anteilstausches nunmehr ausgedehnt. Einerseits wird die Beschränkung auf unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften als Einbringende aufgegeben (nunmehr fallen auch Einbringungen von Kapitalanteilen gegen Gegenleistung etwa durch natürliche Personen in den Anwendungsbereich), andererseits sind auch die übernehmenden Körperschaften nicht mehr auf jene beschränkt, die in der Anlage zum UmgrStG genannt werden (sondern alle in der EU- bzw dem EWR-ansässige Körperschaften). Bei natürlichen Personen ist eine Nichtfestsetzung der Steuerschuld jedoch in der Steuererklärung zu beantragen. Zu einer Festsetzung der Steuerschuld (bzw zu einer Aufdeckung der stillen Reserven) kommt es erst dann, wenn die Gegenleistung veräußert wird:

Beispiel zu einem im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanteil (entnommen IA StRefG 2020, 984/A 26. GP Erläut 56)

Die natürliche Person A bringt ihre im Privatvermögen gehaltene 30 %-ige Beteiligung an der österreichischen B-GmbH (Anschaffungskosten 100; gemeiner Wert 500) zum 31.12.X1 in die deutsche D-AG ein. Als Gegenleistung erhält A eine Beteiligung in Höhe von 15 % an der D-AG. Gemäß § 17 Abs 1 iVm § 16 Abs 1 UmgrStG kommt es zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich, weil das Besteuerungsrecht am Anteil an der B-GmbH künftig Deutschland zusteht. Gemäß § 17 Abs 1a UmgrStG kann A in der Einkommensteuererklärung einen Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld in Höhe von 400 stellen. Die Gegenleistungsanteile hat A vorerst mit den Anschaffungskosten in Höhe von 100 anzusetzen.

Nach drei Jahren wird die Beteiligung an der B-GmbH durch die D-AG um 800 veräußert. Dieser Vorgang löst keine Festsetzung der Steuerschuld bei A aus. Wird jedoch nach einem weiteren Jahr die Beteiligung an der D-AG veräußert, führt dies zur Festsetzung der Steuerschuld in Höhe von 400. Das gilt auch, wenn die Beteiligung an der D-AG steuerneutral untergehen würde. Durch die rückwirkende Erhöhung der Anschaffungskosten gemäß § 20 Abs 2 Z 5 UmgrStG führt die Veräußerung bei A zusätzlich zu Einkünften gemäß § 27 Abs 3 EStG in Höhe von 300.

Autoren

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M., Steuerberater, lehrt und forscht am Institut für Finanzmanagement an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz, LL.M. ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.