Dokument-ID: 758007

WEKA (mwo) | News | 18.05.2015

Stiftungsurkunde: Änderung eines Änderungsvorbehalts

Bei der Änderung eines in der Stiftungsurkunde enthaltenen Änderungsvorbehalts ist zwischen inhaltlichen Beschränkungen des Änderungsrechts und Beschränkungen der Ausübung des Änderungsrechts zu differenzieren.

Geschäftszahl

OGH 26.02.2015, 6 Ob 210/14x

Norm

§§ 3 Abs 2, 33 Abs 2 Satz 1 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Bei der Änderung eines in der Stiftungsurkunde enthaltenen Änderungsvorbehalts ist zwischen inhaltlichen Beschränkungen des Änderungsrechts und Beschränkungen der Ausübung des Änderungsrechts zu differenzieren. Zur letzteren Kategorie zählen Regelungen zur Frage, mit welchem (Präsens-)Quorum und mit welchen Mehrheitserfordernissen die Stifter zukünftig die Stiftungserklärung ändern können – diese sind unbedenklich und stellen eine zulässige Änderung eines Änderungsvorbehalts dar.

OGH: § 33 Abs 2 Satz 1 PSG regelt, dass die Stiftungserklärung nach dem Entstehen der Privatstiftung vom Stifter nur geändert werden kann, wenn er sich Änderungen vorbehalten hat.

In diesem Zusammenhang ist die – dispositive – Bestimmung des § 3 Abs 2 PSG zu beachten, wonach bei Vorhandensein mehrerer Stifter Stifterrechte nur unter Einhaltung des Einstimmigkeitsprinzips ausgeübt werden können.

Die Stiftungsurkunde kann einen umfassenden, nicht einschränkende Änderungsvorbehalt enthalten, demzufolge jede Änderung der Stiftungsurkunde zulässig ist; es kann jedoch auch eine inhaltliche oder zeitliche Beschränkung des Änderungsrechts in der Stiftungsurkunde vorgesehen sein.

In der Literatur wird die Frage, ob eine selbst auferlegte Aufhebung von inhaltlichen oder zeitlichen Beschränkungen des Änderungsrechts des Stifters zulässig ist, nicht einheitlich beantwortet:

Einige Autoren (zB Berger in Doralt/Notowny/Kalss, PSG § 33 Rz 24; Ch. Nowotny in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen 141 f; Hochedlinger/Hasch, Exekutionssichere Gestaltung von Exekutionserklärungen) erachten die Aufhebung der ursprünglichen Beschränkung als unzulässig, weil der Stifter ihrer Ansicht nach endgültig auf das Gestaltungsrecht verzichtet habe.

Folgt man Hochedlinger/Hasch, so ist zwar die Einschränkung eines Änderungsrechts in zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht zulässig, eine nachträgliche Ausweitung oder Aufhebung hingegen nicht.

Nach Arnold (Doralt/Nowotny/Kalss, PSG § 33 Rz 41)können inhaltliche Beschränkungen nachträglich nicht aufgehoben werden; zeitliche Beschränkungen innerhalb des festgelegten Zeitrahmens sind zulässig. Die Modalitäten der Ausübung des Änderungsrechts können bei unbeschränktem Änderungsvorbehalt auch nachträglich abgeändert werden.

Hochedlinger (Verzicht lediglich eines Mitstifters auf gemeinsam vorbehaltenes Änderungsrecht möglich? ecolex 2004, 863) unterscheidet zwischen inhaltlichen Beschränkungen des Änderungsrechts, die nachträglich nicht mehr aufgehoben werden können, und Beschränkungen der Ausübung des Änderungsrechts in Gestalt von zeitlichen oder organisatorischen Beschränkungen, welche unter der Beachtung der betreffenden Beschränkung möglich sind.

Ch. Nowotny (in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, aao) sieht in Anbetracht des PSG und des Wesens der Privatstiftung keinen Grund für die Einschränkung der Änderungsbefugnis. Ihm zufolge ist der Stifter dazu befugt, privatautonom der Stiftung seinen Willen vorzugeben, was auch die nachträgliche Änderung von Stifterrechten umfasst, sofern nicht Rechtspositionen Dritter betroffen seien.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von nachträglichen Änderungen von Änderungsvorbehalten in der Stiftungsurkunde schließt sich der OGH der in der Literatur vorgenommenen Differenzierung zwischen inhaltlichen Beschränkungen und Modalitäten der Ausübung des Änderungsrechts an.

Im vorliegenden Fall begehrte die Privatstiftung die Bewilligung der Änderung der Stiftungsurkunde, welche eine Änderung des bisherigen Änderungsvorbehalts im Sinne einer Reduktion der Anzahl der für die Änderung der Stiftungsurkunde erforderlichen Mitwirkenden enthält. Demnach steht zwei oder drei Nebenstiftern das Änderungsrecht zu, wobei jene nach der ursprünglichen Fassung der Stiftungsurkunde nur dieses Recht gehabt hätten, wenn vier Stifter noch am Leben wären und einstimmig entschieden worden wäre.

Der OGH qualifizierte den in Prüfung gezogenen Änderungsvorbehalt als eine Frage des (Präsens-)Quorums sowie der Mehrheitserfordernisse, was letztlich die Modalitäten der Ausübung des Änderungsrechts betrifft.

Somit ist die Änderung des ursprünglichen Änderungsvorbehalts in diesem Fall zulässig und in diesem Sinne hat das Erstgericht über die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde zu entscheiden.

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